Freitag, 27. Juni 2008

Eisenerz vs. Erdöl: Wo ist die Spekulation?

Alle reden vom unaufhaltsamen Preisanstieg des Erdöls. Gleichzeitig findet aber auch eine Preisexplosion für Eisenerz statt. Der Preis für Erz ist heute dreimal so teuer wie 2003. Ohne Erz gäbe es keinen Stahl, bemerkte neulich Financial Times Deutschland. Auf der Angebotsseite: die grossen Bergbaukonzerne. Auf der Nachfrageseite: die grossen Stahlunternehmen. Der exobitante Preisanstieg für Eisenerz ist aber nicht allein auf die zunehmende Nachfrage zurückzuführen. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Preismacht der Erzförderer, die ihre Marktstellung in den vergangenen Jahren durch Fusionen hemmungslos ausgebaut haben. Fast 40% der weltweiten Eisenerz-Förderung liegt in der Hand der Australier. Rio Tinto und BHP Billiton, die beiden global dominierenden Bergbaukonzerne haben diese Woche bei ihren Hauptabnehmern in China und Japan eine Preissteigerung um rund 100% durchgesetzt. Das ist eine sagenhafte Entwicklung. Davon betroffen sind v.a Stahlverarbeiter, Autobauer und Baubranche. Die Stahlpreise sind in Europa inzwischen im Vergleich zum Vorjahr um 40% gestiegen.

Nun ist es bekannt, dass der Preis für Eisenerz nicht an der Börse gehandelt wird. Der Preis kommt in einem direkten Handel zwischen den Produzenten und Verbrauchern zustande. Das heisst, es ist kaum möglich, auf den Eisenerz-Preis zu spekulieren. Will man jetzt die Preisentwicklung des Eisenerz für das Erdöl in Parallele setzen, stellt man fest, dass es keine Spekulation sein muss, sondern die steigende Nachfrage, die für den anhaltenden Preisanstieg für Rohstoffen verantwortlich ist. Nachdem der Erdölpreis heute mit 141,30 Dollar je Barrel ein neues Rekordhoch erklommen hat, scheiden sich immer mehr Geister an der Frage, ob die Spekulation für den starken Preisanstieg für Öl verantwortlich ist. Der spekulative Kauf von Futurekontrakten hat eigentlich keinen Einfluss auf das Ölangebot für die Konsumenten. Die Spekulation mit Futurepositionen kann jedoch indirekt für steigende Preise sorgen, indem sie Produzenten veranlasst, Öl physisch zu horten. Dafür gibt es aber derzeit kein Anzeichen. Diese These wird v.a. von Paul Krugman, dem viel beachteten Kolumnisten von New York Times vertreten. Dass aber auch die Preise von nicht börsenkotierten Rohstoffe wie z.B. Eisenerz seit geraumer Zeit kräftig zulegen, kann nur mit der massiv steigenden Nachfrage aus den sog. Schwellenländern wie China und Indien erklärt werden. Bleibt die Debatte auf den Aspekt der Spekulation fokussiert, bietet sich kein Anreiz zum Energiesparen. Das ist die Kehrseite der Medaille.


Die weltweit grössten Erzlieferanten:
Rio Tinto (australisch), BHP Billiton (britisch-australisch) und Vale (brasilianisch).
Diese Konzerne kontrollieren 70% des weltweiten Erzhandels und sind daher in der Lage, die Preise zu diktieren.

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