Montag, 2. Juni 2008

Wechselbad der Gefühle: Stagflation vs. Depression

Der TED-Spread, der als Indikator für das Risikomass am Interbankenmarkt gilt, liegt zur Zeit nach wie vor über dem langfristigen Durchschnitt. Das heisst, dass die Rückkehr zur Normalität am Geldmarkt noch auf sich warten lässt. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der Stimmungswechsel. Bis vor drei Monaten wurde die epische Kreditmarktkrise noch in aller Intensität mit der Depression der 1930er Jahre verglichen. Nun weisen Marktanalysten auf die Parallelen in den 1970er Jahren hin. Es braue sich erneut eine fatale Konstellation wie damals während des Ölpreisschocks zusammen: nachlassendes Wirtschaftswachstum, steigende Inflationszahlen. Kurzum: Stagflation.

Damals war die Inflation in den USA und in Deutschland zweistellig gewachsen. Das Europäische Statistikamt meldete vergangene Woche eine Inflationsrate von 3,6% im Jahresvergleich. Paul Krugman, der Star-Ökonom an der Princeton University, gibt in seiner Kolumne in The New York Times Entwarnung. Es gebe heute keine Anzeichen für eine „Lohn-Preis-Spirale“. Verbraucher seien zwar wegen der hohen Preise besorgt, aber heute seien weit und breit keine Arbeitnehmer in Sicht, die dafür höhere Löhne fordern. Falsche Schlüsse würden die Inflationssituation eher verschlimmern. Da es keine Lohn-Preis-Spirale gibt, gibt es auch keinen Grund für höhere Zinsen, argumentiert Krugman. Steigende Zinsen würden den konjunkturellen Abschwung verschärfen. Allerdings hat Krugman nichts dagegen, wenn der Leitzins als Zeichen einer „extra Sicherung“ gegen die Inflation „ein wenig“ erhöht werden würde. Die angemessene Einschätzung der Lage am Markt ist insofern wichtig, als Anleger ihr Portfolio dementsprechend umschichten müssten. In naher Zukunft dürfte sich die Spreu vom Weizen trennen. Investoren sind also derzeit gut beraten, sich von riskanten Anlagen fernzuhalten.



TED-Spread: Differenz zwischen dem 3-Monats-Libor und der Rendite der 3-Monats-US-Schatzwechsel.

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