Freitag, 8. Mai 2009

Stresstest: Intellektuelle Sandkastenspiele

Die Ergebnisse des Stresstests der US-Regierung liegen nun vor. 10 von 19 grössten US-Banken brauchen insgesamt rund 75 Mrd. $ frisches Kapital. Citigroup und Bank of America haben wie erwartet besonders schlecht abgeschnitten. Goldman Sachs, JP Morgan, American Express sind laut US-Finanzministerium ausreichend kapitalisiert. Die Banken haben nun Zeit, bis zum 9. November das benötigte Kapital zu beschaffen. Sie müssen jedoch bis zum 8. Juni einen entsprechenden Plan beim US-Finanzminister vorlegen. Was nun?

Die Ergebnisse des Stresstests bedeuten nicht, wie Nouriel Roubini in The Wall Street Journal bemerkt, das Ende der Finanzmarktkrise. Die ganze Welt hat doch gewusst, dass die Mehrzahl der Banken technisch insolvent ist und deswegen Kapital benötigt. Die Behörden verfügen nicht über angemessene Mittel, die Bücher der Banken rigoros zu überprüfen, hält Paul Krugman fest. Das heute von den Prüfern präsentierte „White Paper“, indem die Methodik der Behörden für die Modalitäten des Stresstests zusammengefasst ist, gibt keinen Aufschluss. Das einzig Positive an den Ergebnissen des Belastungstests ist jedoch die Unterscheidung zwischen „guten“ und „schlechten“ Banken.

Die Umwandlung der Vorzugsaktien in Stammaktien ist ferner eine Augenwischerei, da sich am Wert der toxic assets nichts ändert. Das ist also keine Mathematik, sondern Alchemie. Denn es geht nicht um ein Problem der Unterbewertung (Aktivseite der Bilanz), sondern um ein Problem der Unterkapitalisierung (Passivseite der Bilanz).

Die Banken können sich jetzt frisches Kapital entweder durch eine EK-Erhöhung, die Ausgabe von Anleihen oder den Verkauf von Geschäftsteilen oder Beteiligungen besorgen. Sollte aber der Staat den Banken finanziell weiter unter die Arme greifen, dann müsste das auf alle Fälle mit Auflagen geschehen. Denn es leuchtet schlicht nicht ein, warum eine beinahe insolvente Bank weiterhin Dividenden ausschüttelt und ihre Manager, die den ganzen Schlammassel ausgelöst haben, mit dem Geld der Steuerzahler fürstlich entlohnt. Die Banken sind nicht in der Lage, ihre Kreditvergabepolitik in naher Zukunft zu reaktivieren. Kann sich aber die Wirtschaft mit gebeutelten Banken erholen? Der Staat versucht jetzt, die Lücke mit Hilfe von Fannie Mae und Freddie Mac zu schliessen, was Krugman eine Strategie des sich Durchwurstelns nennt. Sollten sich die depressiven Tendenzen verschärfen, würde das für die Wirtschaft eine anhaltende Ära mit hoher Arbeitslosigkeit und einem schwachen Wachstum bedeuten, so wie es Japan erfahren hat, kommentiert Krugman heute in The New York Times. Die Veröffentlichung der Ergebnisse des Stresstests hat also weder eine Überraschung noch eine besondere Klarheit hervorgebracht. Geht der Geithner-Plan auf, würden die Banken zu den Gewinnern zählen. Wenn nicht, müssten die Steuerzahler tiefer in die Tasche greifen.

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