Donnerstag, 20. Mai 2010

Mengenmässige Lockerung und Sterilisierung

Die Ankündigung der EZB, am offenen Markt Anleihen zu kaufen (SMP= Securities Market Programme), um die negativen Auswirkungen der schweren Schuldenkrise in der EU abzufedern, rief Inflationsfalken in Europa unmittelbar auf den Plan. Eine Vielzahl von Mainstream-Ökonomen und konservative Kreise malen nun wieder den Teufel an die Wand: Anleihekäufe gefährden die Preisstabilität, heisst es. Die Rede ist vom Dauerthema Inflation. Obwohl die Inflationserwartungen sich zurückbilden und die Renditen der Staatsanleihen in der Euro-Zone wieder fallen, wird Angst vor einer Überhitzung der Inflation wegen der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik (Quantitative Easing = QE) verbreitet. Dabei lohnt sich ein Blick auf die USA, die mit ihrer QE-Politik in den vergangenen zwei Jahren erfolgreich gefahren sind. Die US-Wirtschaft befindet sich dank der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik erneut auf dem Weg aus der tiefen Rezession heraus. Die US-Notenbank (Fed) hat im September 2008 mengemässige Lockerung (QE= quantitative easing) eingeführt, indem sie eine Reihe von Liquiditätsprogrammen vorgelegt hat, wie z.B. Term Auction Facility ( TAF) und Devisen-Swap-Linien mit ausländischen Zentralbanken.



Fed’s Liquiditätserleichterungen, Graph: David Greenlaw, Morgan Stanley

Bis zu diesem Zeitpunkt hat die Fed der Auswirkungen der neuen Stützungsfazilitäten durch Treasuries-Liquidation sterilisiert. Die TAF z.B. war Ende 2007 eingeführt und kletterte bis Mai 2008 auf 150 Mrd. $. Während desselben Zeitintervalls hat die Fed mehr als 200 Mrd. $ aus ihren Beständen an US-Treasuries liquidiert, um TAF und andere Krediterleichterungsprogramme zu sterilisieren. Das Volumen der Bankreserven blieb während dieser Zeitperiode im Wesentlichen unverändert. Aber die Beimischung der Fed-Bilanz hat sich verlagert. Als die Finanzmärkte im September 2008 vor der Kernschmelze standen, gab die Fed den Versuch mit der Sterilisierung auf. Die Überschussreserven der Banken sind folglich durch die Decke geschossen: Von 1-1,5 Mrd. $ auf 270 Mrd. $. Ende 2008 erreichten die Überschussreserven einen Rekordwert von 800 Mrd. $. Die Geldbasis hat sich verdoppelt. Anfang 2009 hat die Fed dann begonnen, hohe Mengen an MBS und Agenturen-Schuldverschreibungen zu kaufen. David Greenlaw, Morgan Stanley verweist darauf, dass der Grossteil der QE bereits mehrere Monate davor stattgefunden hat, bevor die Fed mit dem Aufkauf von Anleihen am Markt begonnen hat. Es sei daher nicht ganz korrekt, die Anleihe-Käufe der Fed als QE zu quantifizieren. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Fed ihre alternative Geldpolitik als „ credit easing“ bezeichnet. Das scheint gerechtfertigt, da die Fed kein explizites (oder implizites) Ziel für Bankreserven oder die Geldbasis (monetäre Basis) verfolgt (hat). Ihr Ziel war, die Liquidität an den Märkten aufrechtzuerhalten, wie beispielsweise an Interbank Funding Market, Commercial Paper Market usw. Zugleich hat die Fed versucht, die Hypothekenzinsen künstlich auf ein niedrigeres Niveau zu drücken, um die Verbraucher zu schützen, was ihr gelungen ist.

Mainstream-Ökonomen und Wall Street Lobbyisten haben mit dem Argument „Inflation“ die QE-Politik der Fed von Anfang an abgelehnt. Sie sind inzwischen eines Besseren belehrt worden. Die Geldbasis hat sich zwar verdoppelt, aber die „narrow money“, d.h. die M1 (die eng gefasst Geldmenge) ist nur moderat gestiegen, weil der Geldmultiplikator zum Erliegen gekommen ist.


Fed’s Geldangebot, Graph: David Greenlaw, Morgan Stanley

Die Fed hat also auch die Sterilisierung mit Erfolg durchgeführt, wie die erste Abbildung deutlich aufzeigt. Die Sterilisierung geschieht entweder durch Liquidation eines anderen Vermögenswertes oder durch Zugabe einer gleichen Menge von Verbindlichkeiten. Ist der Kauf eines Vermögenswertes sterilisiert, dann gibt es keine QE mehr, weil die Auswirkungen auf die Bilanz neutralisiert sind. Die EZB braucht sich also keine Sorgen zu machen. Sie kann sich an der Fed ein Beispiel nehmen.

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