Mittwoch, 30. Juni 2010

EZB-Refinanzierungsgeschäft: Viel Lärm um nichts?

Am 1. Juli wird der erste 12-Monatstender der EZB fällig. Das heisst, dass die Banken am Donnerstag 442 Mrd. Euro, die sie vor einem Jahr bei der EZB zu einem Zinssatz von 1,0% gegen Sicherheiten geliehen haben, zurückzahlen werden. Müssen Verwerfungen am Geldmarkt befürchtet werden? Nicht unbedingt. Die EZB bietet schliesslich am selben Tag ein 3-monatiges und ein 6-tägiges Refinanzierungsgeschäft an, um die Banken weiter mit Geld zu versorgen. Jeweils zum Zinssatz von 1,0%. Die EZB hat bereits heute Banken in der Euro-Zone 131,93 Mrd. Euro zu einem festen Zinssatz von 1,0% für drei Monate zugeteilt. Die Abwicklung wird morgen stattfinden. Die 171 Banken, die am heutigen Tender teilgenommen haben, haben weniger abgerufen als erwartet. Das geringere Volumen deutet nach Analysteneinschätzungen auf einen geringen Liquiditätsbedarf hin. Von der viel beschworenen Nervosität ist also keine Spur zu sehen.


Libor Euro 3 Monate, Graph: Bloomberg.com

Geldmarkt: Jahrestender vor Fälligkeit

Dennoch leihen sich die Banken gegenseitig weniger Kredite als zuvor. Stattdessen legen sie ihre überschüssigen Mittel bei der EZB an, und zwar zu einem Zinssatz von 0,25%. Die Einlagen bei der EZB kletterten auf 305 Mrd. Euro. Im Vergleich: Vor der Krise belief sich die Summe auf weniger als 10 Mrd. Euro.

Wie viel von den fälligen 442 Mrd. Euro (1 Year LTRO roll off) werden aber von den Banken bei der EZB morgen neu wiederaufgenommen? Vor allem warum? Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Banken das extra günstige Geld vor 12 Monaten vorwiegend zum Zocken ( Carry Trades) in Anspruch genommen haben. Es ging also nicht in erster Linie darum, Liquiditätsbedarf zu decken. Mit dem extra günstig aufgenommenen Geld haben die Banken insbesondere Staatsanleihen an der Peripherie der Euro-Zone gekauft. Warum? Weil diese Bonds höhere Spreads aufweisen. Bei einem Risikoaufschlag von 200 Basispunkten ist es für die Banken möglich, ohne Weiteres rund 9,0% Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital (bei 1:1 FK) zu holen. Da die Schuldenkrise an der EU-Peripherie indes zu eskalieren droht, ist anzunehmen, dass die Banken ihre Risikobereitschaft „etwas“ zurückfahren und daher weniger Kredite bei der EZB abrufen werden. Zumal die Banken nach wie vor über einen unbegrenzten Zugang zum 6-tägigen Tender bei der EZB verfügen, was ihnen ermöglicht, das Geschäft am Ende der Laufzeit in die wöchentliche MRO (Main Refinancing Operation) zu erneuern (zu verlängern).

Was ist aber die Folgerung für die Liquidität der Banken? Die Banken sind nach wie vor auf die Finanzierung der EZB angewiesen, bemerken Laurence Mutkin und Elaine Lin von Morgan Stanley. Das ist aber nichts Neues. Dass der Umfang der Finanzierung aber geringer geworden zu sein scheint als vor einem Jahr, ist zwar moderat ermutigend, aber nicht gut genug, „grünes Licht“ für europäische Banken zu geben, argumentieren die Analysten. Das Augenmerk dürfte sich von jetzt an nach EONIA und EONIA-Euribor Spreads richten, welche unter Druck geraten dürften.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

>Von der viel beschworenen Nervosität ist also keine Spur zu sehen.

Heute haben 78 Banken nochmals ca 111 Mrd aufgenommen. Macht zusammen über 240 Mrd.
Normalisierung sieht anders aus.

MfG