Donnerstag, 10. Juni 2010

Schweizer Franken: Ein sicherer Hafen

Seitdem der Euro am Dienstag gegen den Schweizer Franken mit 1,3773 ein Allzeittief erreicht hat, ist die SNB wieder in aller Munde. Die grosse Frage, die Analysten stellen, ist, wie lange die SNB mit Interventionen am Devisenmarkt noch durchhalten kann und mit welchen Folgen? Da die SNB über keinen Zinsspielraum mehr verfügt, will sie einer übermässigen Aufwertung des Franken entschieden entgegenwirken. Ein Analyst will herausgerechnet haben, dass die SNB in den vergangenen vier Monaten jeden Tag (8 Stunden Trading Day) für insgesamt 3,5 Mio. Franken Fremdwährungen am Devisenmarkt gekauft hat, wie FT Alphaville berichtet.


Schweiz: Bankbilanzen: Kredite, Graph: SNB, Statistisches Monatsheft Mai 2010

Das Blog-Team von Financial Times zitiert ein Dutzend Analysten, die sich mit den SNB-Interventionen auseinandersetzen. Während der eine glaubt, dass die SNB einige Mühe haben wird, die Operationen zu sterilisieren, was impliziere, dass der Schweizer Nationalbank die Kontrolle über die inländische Geldmenge zu entgehen drohe, macht sich der andere lustig darüber, dass die SNB seiner Vermutung nach im Mai einen neuen Weltrekord mit „FX Intervention“ gebrochen habe.

Was ist aber von diesen Einschätzungen zu halten? Die SNB will angesichts der Erhaltung der Preisstabilität nicht zulassen, dass über Entwicklungen, die die Schuldenkrise auslöst, die Deflationsrisiken für die Schweiz gross werden, wie SNB-Präsident Philipp Hildebrand zuletzt im Mai in einem Referat hervorgehoben hat.

Wie kann eine übermässige Aufwertung des Frankens zu deflationären Tendenzen führen?

Eine Aufwertung des Schweizer Frankens macht (1) die Einfuhren billiger. Das kann (2) dazu führen, dass die Konsumenten und Unternehmen beginnen, einen anhaltenden Rückgang der Preise zu erwarten. Das wiederum birgt (3) vielfältige Gefahren für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung: (a) Es wird vermehrt Geld gehortet, (b) die Konsumausgaben werden reduziert, weil man auf noch tiefere Preise in Zukunft hofft, (c) die Investitionstätigkeit wird zurückgestellt, weil Realzinsen steigen, (d) die Ausfuhren werden zurückgehen, weil der höhere Frankenkurs Schweizer Waren im Ausland verteuert. Tiefere Konsumausgaben und Investitionen werden schliesslich zu einer Abnahme des BIP führen, was die Arbeitslosigkeit erhöhen würde.


Schweiz: Geldmengen M1, M2 und M3, Graph: SNB, Statistisches Monatsheft Mai 2010

Wie wirkt sich die Schuldenkrise in der Euro-Zone auf die Schweiz und die Geldpolitik der SNB aus?

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die fiskalpolitischen Sparmassnahmen in Europa und das rigorose Sparpaket Deutschlands mit sozialen Einschnitten dämpfend auf Investitionen und den Konsum auswirken werden. Die Schuldenkrise und die Fiscal Austerity werden also die Wachstumsaussichten im Euroland für längere Zeit belasten. Da die Schweiz mit der EU eng verflochten ist, bedeutet dies auch für die Schweiz negative Folgen. Insbesondere die Nachfrage nach Schweizer Exporten wird belastet. Kein Wunder, dass das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) am Dienstag ihre Prognose für das kommende Jahr nach unten revidiert hat. Die Experten des Bundes erwarten nun ein Wirtschaftswachstum von 1,6% statt 2,0%. Grund seien die verhaltenen Konjunkturaussichten im Euroraum. Da die Schuldenkrise den Euro destabilisiert, gerät der Franken immer stärker unter Aufwertungsdruck. Zu erwähnen ist dabei die Funktion des Schweizer Frankens als „sicheren Hafen“ in stürmischen Zeiten. Eine Aufwertung des Frankens muss nicht per se problematisch sein. „Sofern sich der Wechselkurs in der Nähe seines Glechgewichtswertes befindet, der von fundamentalen Faktoren wie z.B. Produktivitäts- und Inflationsunterschiede bestimmt wird, ist ein Aufwertungstrend nicht problematisch“, wie Hildebrand Ende Mai erklärt hat. Volkswirtschaftliche Kosten steigen aber, wenn die Wechselkurse überschiessen. Das ist zumeist dann der Fall, wenn Spekulationsblasen und/oder Vertrauenskrise entstehen.

Stanley Fischer, Präsident der Bank of Israel (BoI) sagte vergangene Woche, dass die Zentralbank einer kleinen und offenen Volkswirtschaft gegenüber Wechselkursbewegungen nicht gleichgültig sein kann. Es sei möglich, dass die BoI weiterhin ausländische Währungen „nahezu unbegrenzt“ aufkauft, obwohl es Kosten und Nutzen zu berücksichtigen gilt. „Wertet sich die Währung auf, kann die Zentralbank die Güter liefern, die der Markt will: Das ist die inländische Währung und die Zentralbank kann dies unbegrenzt tun“, erklärte Fischer. Deswegen hat auch die SNB hat keine andere Wahl, am Devisenmarkt weiter zu intervenieren. Übrigens ist der von der SNB berechnete Trimmed Mean (Kerninflation) ist seit dem Ende III. Quartals 2008 rückgängig. Es ist in diesem Kontext nicht richtig, pauschal zu behaupten, dass die Interventionen der SNB bisher nichts gebracht haben, wie viele Analysten in diesen Tagen bemerken.

PS: Die Währungsresreven der Schweiz sind gemäss dem Statistischen Monatsheft der SNB (Mai 2010) von 190'112 Mio. Franken Ende März auf 217'758 Mio. Franken Ende April gestiegen. Ende Dezember 2009 betrugen die Währungsreserven 163'641 Mio. Franken. Die Devisenanlagen sind von 94'680 Mio. Franken vom Ende Dezember 2009 auf 153'583 Mio. Franken Ende April 2010 geklettert.

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