Mittwoch, 31. März 2010

Negative Swap Spreads im Lichte von Nachfrage und Angebot

Während die Debatte über die Ursache und die Folgen der negativen Swap Spreads angeregt weiter geht, ist auch der 7 Jahre Swap Spread gestern (FT Alphaville) negativ geworden. Negative Spreads liegen dann vor, wenn die Swap Sätze niedriger sind als die Renditen der US-Staatsanleihen. Die Swap Spreads sind i.d.R. höher, weil sie sich aus variablen Zinssätzen (Zahlungen) ableiten lassen, die auf "Credit Risk" (Ausfallrisiko) beruhen. Während die Swap Märkte nun den Eindruck hinterlassen, als ob die US-Treasuries nicht mehr die wahren risikofreien Refinanzierungskosten widerspiegeln, darf hier festgehalten werden, dass das alles mit der Nachfrage-Angebot-Situation zu tun hat. Die negativen Swap Spreads rühren nicht aus Sorgen über eine bevorstehende Gefahr der Zahlungsunfähigkeit der USA her. Extrem enge Spreads und negative Swap Spreads bieten für alle, die mit Spread-Produkten handeln, wundervolle Konditionen, wie ein Analyst der Deutsche Bank kürzlich beschrieb. Die gegenwärtige euphorische Stimmung an den Aktienmärkten ist daher vor diesem Hintergrund zu betrachten.


7Y Swap Spread, Graph: Courtesy of Jim Caron, Igor Cashyn, Morgan Stanley

Hier ist eine anschauliche Abbildung von Morgan Stanley Analysten über die Komponente von Swap Spreads:


Swap Spreads Komponente, Graph: Courtesy of Jim Caron, Laurence Mutkin, Morgan Stanley

Swap Spreads = Swap Sätze – Rendite US-Treauries

In den USA betragen die Swap Spreads derzeit (per 30. März 2010):
10 Jahre: -4,53 bp
30 Jahre: -23,47 bp

Länder Swap Spreads

Deutschland: 14 bp (der einzige positive Wert!)
Österreich: -17 bp
Belgien: -23 bp
Frankreich: -13 bp
Griechenland: -279 bp
Irland: -117 bp
Italien: -59 bp
Niederlande: -4 bp
Portugal: -95 bp
Spanien: -49 bp

Türkei: Aktuelle BIP-Daten

Die türkische Wirtschaft ist im IV. Quartal 2009 um 6,0% gewachsen. Im Gesamtjahr 2009 ist aber das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 4,7% geschrumpft. Das ist damit die erste Kontraktion der türkischen Wirtschaftsleistung seit 2001. 2008 war die Wirtschaft um 0,7% gewachsen. Das Pro-Kopf-Einkommen beträgt 2009 13'269 TRY und 8'590 US-Dollar.


Türkei BIP-Zahlen, Graph: Turkish Treasury

Das BIP ist von Oktober bis Dezember 2009 zu laufenden Preisen um 8% auf 251'821 Mio. TRY geklettert. In konstanten Preisen ist das BIP im IV. Quartal 2009 um 6,0% auf 25'699 Mio. TRY geschrumpft.

$/TRY: 1,5229
€/TRY: 2,0552
CHF/TRY: 1,4387.

Trimmed Mean PCE Inflation: Disinflation setzt sich fort

Mark Thoma (Economist’s View) liefert eine aktuelle Abbildung des Inflationsverlaufs für den getrimmten Mittelwert (gemessen von Dallas Fed) in den USA. Die Daten zeigen, dass die Inflation weiterhin deutlich abwärts gerichtet ist. „Es gibt kein Ende der Debatte darüber, ob wir angesichts der monatlichen Bewegungen des Preisindex besorgt sein sollten oder nicht“, schreibt The Economist. Abgesehen davon zeigen aber viele der von der Politik beachteten Preisindikatoren ein klares Muster an, wohin die jüngste Inflation sich bewegt, bemerkt die britische Zeitschrift: „Stil Disinflating“.


Der getrimmte Mittelwert, Graph: Courtesy of (Mark Thoma )

Beim getrimmten Mittelwert werden jeden Monat je 15% (wie die Schweizerische Nationalbank) oder je 16% (wie die Fed Cleveland) der Güterpreise mit den höchsten und den tiefsten Jahresänderungsraten aus dem Inflationsindex ausgeschlossen, um die Grundteuerung zu berechnen.

Die Bilanzsumme der Fed hat sich im Sog der Finanzkrise verdoppelt. Die Geldbasis (Bargeld + Reserven der Geschäftsbanken) ist angestiegen. Aber der Anstieg der Notenbankgeldmenge ist nicht inflationär, wie das Beispiel Japan 1998 belegt, weil die Wirtschaft sich in einer Liquiditätsfalle befindet. Die "monetäre Expansion" löst keine Inflation aus, weil die Fed, wie Paul Krugman hervorhebt, als Vermittlerin („intermediary of last resort“) wirkt. Die Notenbank nimmt die Einlagen der Banken und recyclet sie in den Privatsektor.

Weitere Einträge zum Thema Trimmed Mean Inflation in diesem Blog:

Hier (Schweiz, SNB), hier und hier (Kerninflation Konzept).

S&P/Case-Shiller Hauspreisindex im Januar: Minus 0,7%

Die gestern Nachmittag vorgelegten Daten von Standard & Poor’s Case/Shiller Index zeigen, dass die Hauspreise in den USA im Januar leicht unter dem Vorjahresniveau lagen. Der Index für die 20 grössten Städte in den USA nahm um 0,7% gegenüber dem Vorjahresmonat ab. Marktbeobachter hatten mit einem Preisrückgang um 0,4% gerechnet.


S&P/Case-Shiller Home Price Index, Graph: Standard & Poor’s

Die annualisierten Daten von „10-City“ (0,0%) und „20-City Composite“ (minus 0,7%) Indizes lagen seit Januar 2007 noch nie so nahe bei einem positiven Wert wie zuvor. Der Bericht ist gemischt. Während bei Daten Jahr-über-Jahr (y-o-y) Verbesserungen für alle 20 grössten Städte zu beobachten sind, scheint der Rebound der Hauspreise vom vergangenen Herbst zu schwinden.

Dienstag, 30. März 2010

Griechenland’s neue Euro-Anleihe

Beflügelt von der Zusage der EU-Partner in der vergangenen Woche auf Unterstützung hat Griechenland gestern eine neue Euro-Anleihe im Wert von 5 Mrd. Euro begeben. Die Rendite der 7-jährigen Anleihe, die sich aus dem Aufschlag von 310 Basispunkten über dem Midswap-Satz ergibt, ist mit rund 6% sehr hoch. Der Renditabstand zu Bundesanleihen beträgt 325 Basispunkte, 61 Basispunkte zu Spaniens Staatsanleihen und 114 Basispunkte zu Portugals Staatsanleihen. Im Lichte der Emission ist bemerkenswert, dass rund 75% der ausstehenden griechischen Staatsanleihen in den Büchern von ausländischen Investoren liegen. Die Ankündigung der EZB am vergangenen Freitag, hellenische Anleihen auch noch im nächsten Jahr als Kollateral (Sicherheit für Zentralbankgeld*) zu akzeptieren, hat zwar für Erleichterung unter den inländischen Investoren (v.a. Banken) gesorgt. Aber dennoch bleibt die Abhängigkeit von ausländischen Investoren erdrückend.

Die Extra-Rendite, die Investoren über Bundesanleihen fordern, um 10 jährige Staatsanleihen Griechenlands zu halten, beträgt derzeit 335 Basispunkte. Zu Jahresbegin betrug der Spread 239 Basispunkte. Im Januar 2010 kletterte die Extra-Rendite bis auf 396 Basispunkte hoch. Der Durchschnittswert in den vergangenen 10 Jahren beläuft sich auf 60 Basispunkte.

Für die 10-jährige Euro-Anleihe, die am 4. März begeben wurde, hatte Athen Gebote von 15 Mrd. Euro bekommen. Das bedeutet jetzt ein Rückgang um 10 Mrd. Euro gegenüber der Emission von gestern. Entscheidend ist daher, wie sich das neue Papier sich in den nächsten Tagen entwickeln wird. Griechenland ist also noch nicht aus dem Schneider. Für Anleger am Anleihemarkt für griechische Staatspapiere ist daher Vorsicht geboten.

* Die EZB hat im Sog der Finanzkrise ihre Anforderungen für Repo-Geschäfte gelockert. Die Zentralbank akzeptiert nun an Sicherheiten „BBB-„-Rating (Vor der Krise: „A-„). Griechenland’s Rating nach S&P: „BBB+“, nach Moody’s: „A2“, nach Fitch: „BBB+“.

Kanarienvogel im Kohlebergwerk – Warnzeichen für Bonds?

Gillian Tett betrachtet die jüngste Inversion der 10 Jahre Swap Spreads als Vorbote für etwas Wichtiges, wie sie heute in ihrer Kolumne in FT schreibt: Nämlich Sorgen über das Länderrisiko der USA. Allerdings gebe es eine andere, weniger gute Erklärung dafür, was los sei: „Wir sehen ein „Kanarienvogel im Kohlebergwerk“, bemerkt die angesehene Journalistin mit Anlehnung an Alan Greenspan. Der ehem. Fed-Chef sieht die negativen Swap Spreads als Warnzeichen für US-Anleihemarkt: „Panik und Schwierigkeiten für Anleger“, so Greenspan. Manche Marktbeobachter erwarten ferner einen fallenden US-Dollar Wechselkurs, wie Bloomberg berichtet, in gleicher Weise, wie das Pfund sich abwertete, nachdem die 10 Jahre Swap Spreads in Grossbritannien unter die Renditen von Staatsanleihen gefallen waren.


10Y Swap Spreads, Graph: Bloomberg.com

Meine Einschätzung: Die alternative Geldpolitik ("mengenmässige Lockerung") funktioniert. Die jüngsten Entwicklungen am Anleihemarkt deuten (ganz im Gegenteil) auf eine Erholung der Wirtschaft hin.

Montag, 29. März 2010

Schuldensättigung

Die Debatte über steigende Staatsverschuldung geht weiter. Das beherrschende Thema ist das Ausmass der Haushaltsdefizite. Die Ökonomie-Lehrbücher sagen darüber nichts aus, was „hohe“ Verschuldung bedeutet. Wie hoch ist „hoch“? Es steht aber fest, dass die Ausgaben gesenkt werden, sobald die Weltwirtschaft wieder wächst. „Schuldenssättigung“ ist in diesem Zusammenhang ein interessantes Stichwort, auf das heute auch faz.net aufgreift. Die Phasendiagramme zeigen, dass die Grenzproduktivität der Staatsschulden sinkt. FT Alphaville lieferte am vergangenen Freitag die folgende Abbildung via Blog Nathan’s Economic Edge. Sinkt die Grenzproduktivität unter die Null-Linie, bedeutet das, dass der Anstieg der Verschuldung das nominelle Wirtschaftswachstum nicht mehr fördert. Paul Kedrosky erklärt aber, dass die aktuellen Daten im historischen Kontext mit dem BIP-Wachstum interpretiert werden sollten. Das Wirtschaftswachstum im Vorfeld der Finanzkrise war nämlich beispiellos.


Abnehmende Grenzproduktivität der Staatsschulden, Graph: Nathan’s Economic Edge (hat tip FT Alphaville)

Kedrosky vertritt die Ansicht, dass „wir mit einem deutlich rückläufigen marginalen Beitrag zum BIP rechnen sollten, wobei kein Geheimnis oder Phasenübergang erforderlich ist“. Tatsächlich war es so, dass das BIP-Verschuldungs-Verhältnis in Rezessionen vor 1970 auch gegen Null und darunter gesunken ist. Genau wie heute, erinnert Kedrosky. Das bedeutet nicht, dass die Verschuldung ok ist, aber es bedeutet auch nicht, dass sie nach De-Leveraging (Schuldenabbau) und Zeit nicht wieder zum BIP-Wachstum beitragen kann, hält Kedrosky fest.


Grenzproduktivität der Staatsschulden, Graph: Paul Kedrosky

In dieser Tabelle hat Kedrosky die Daten aus der Fed St. Louis zusammengetragen, welche die Beziehung auf vierteljährlicher Basis im Jahresvergleich zwischen den Verbraucher-Schulden und dem BIP-Anstieg über die vergangenen Jahrzehnten zeigen. Im Wesentlichen zeigt sich, dass 1 $ neuer Schulden der Verbraucher zwischen 1960 und 1998 einen Beitrag zum BIP-Wachstum zwischen 1,25$ und 3,00$ geleistet hat. Nach 1998 wird das Verhältnis zermatscht. 1$ Schulden trägt 0,75$ zum BIP-Wachstum bei, bis die Kernschmelze am Finanzmarkt 2008/09 die Richtung nach Süden drehte.

Fazit: Bei allem Respekt vor all den Beiträgen zum Thema „Staatsverschuldung“ darf man nicht vergessen, dass es ein Fehler ist, nur auf eine Seite der Bilanz zu schauen. Man muss auch die Vermögenswerte berücksichtigen. Der Haushaltsprognose der Obama-Administration zufolge dürfte die Staatsverschuldung 2020 rund 70% des BIP und das Haushaltsdefizit rund 4% des BIP betragen. Man braucht doch kein Haushaltsdefizit von Null, erklärt Paul Krugman, um in Sachen Schuldenstand vorwärts zu kommen. Ein Haushaltsdefizit von 2 bis 3% des BIP würde für eine stetig rückläufige Staatsquote (debt-GDP-ratio) sorgen, so Krugman. Wenn man also an die Prognosen der US-Regierung glaubt, benötigt man weitere 1 bis 2% des BIP an Einnahmen oder Kostensenkung. "Oder wir könnten die Steuern so viel erhöhen, dass wir immer noch die niedrigsten Steuern in den entwickelten Nationen weltweit haben“, argumentiert Krugman. Der einzige Grund, an der eigenen Fähigkeit zu zweifeln, die Dinge von heute an im nächsten Jahrzehnt unter Kontrolle zu bringen, ist die Politik, hebt Krugman hervor. „Wenn aber vernünftige Republikaner sich von Tea-Party-Gängern einschüchtern lassen, dann wären wir blockiert und hätten eine Fiskalkrise“, so Krugman anmahnend.

Gregory Mankiw plädiert für Demut vor Finanzbranche

Greg Mankiw befasst sich in einem merkwürdigen Essay („Trying to Tame the Unknowable“) in New York Times mit der Frage, was getan werden kann, um zu verhindern, dass eine solche Finanzkrise wieder passiert. Er argumentiert, dass „wir nichts tun können“. Wenn die jüngsten Ereignisse Ökonomen und Politiker etwas gelehrt haben, dann sei es die Notwendigkeit für Bescheidenheit (Demut). Mankiw, der von 2003 bis 2005 den ehem. Präsidenten George W. Bush in Sachen Wirtschaft beraten hat, hält fest: (1) Wir können die Wirtschaft nicht sehr gut prognostizieren und (2) Wir können Finanzinstitute nicht sehr gut regulieren. Dennoch ist Mankiw, Wirtschaftsprofessor an der Harvard Universität, der Meinung, dass „wir bestimmt auf eine bessere Finanzregulierung abzielen sollten“. Aber wie? Durch „mehr Transparenz, mehr zielgenauere Risikoeinschätzung und höhere Kapitalanforderungen“, so Mankiw. Zudem erklärt er, dass Derivate sich nicht regulieren lassen und auch das Instrument „Living Wills“ (d.h. die Festlegung von Insolvenzszenarien, meine Erläuterung) nichts taugt. Als einziges nützliches Instrument sieht Mankiw „contingent debt“, d.h. contingent capital.

Mankiw hat im Grunde genommen nichts dagegen, dass weiter dereguliert, entstaatlicht und gezockt wird. Auch Alan Greenspan, der von Mankiw hier zitiert wird, folgt genau den Maximen dieser Denkschule. Als Anhänger der Schumpeter’s Theorie der „schöpferischen Zerstörung“ hat der ehem. Fed-Chef nichts gegen die Entstehung eines Schatten-Bankensystems unternommen. Ahnungslose Bürger wurden mit Lockvogelzinsen hemmungslos in den Subprime-Markt verführt. Das alte, vernichtete Kapital wird halt durch das neue Kapital ersetzt. Nach dem Motto: Es gibt Zyklen von „Boom and Bust“. Ob dabei eine Wertschöpfung stattfindet, scheint nicht so wichtig zu sein.

Als Hauptursache der Finanzkrise sieht Mankiw Fannie Mae und Freddie Mac. Den Staat als einen zuverlässigen „watchdog“ zu betrachten, hält Mankiw für einen tragischen Fehler. Sein Fazit: „Wir sollten für künftige Finanzkrisen planen, die zu einem unbekannten Zeitpunkt, aus unerfindlichen Gründen auftreten“. Mankiw fügt hinzu: „Und wir sollten uns mit besseren Werkzeugen aufrüsten, um dann aufzuräumen“. Heisst das, dass erst nach dem Platzen einer Spekulationsblase eingegriffen werden sollte? Kein Wunder, dass Barry Ritholtz Mankiws Abhandlung als „intellektuelles Detritus“ (geistiger Bohrschlamm) bezeichnet.

Sonntag, 28. März 2010

Israelische Zentralbank erhöht Leitzins auf 1,50 Prozent

Die Bank of Israel (BoI) hat heute nachmittag ihren Leitzins um 0,25% auf 1,50% erhöht. Damit sind die Zinsen in Israel seit August 2009 zum vierten Mal angehoben worden. Der Zinsentscheid ist laut BoI ein Teil des schrittweise erfolgenden Normalisierungsprozesses zu verstehen, um die Inflation wieder in den Zielbereich zu bringen und dort zu halten, damit die wirtschaftliche Aktivität weiter gestützt werde. Der Verlauf des Zinssatzes werde in Übereinstimmung mit dem Inflationsumfeld, dem Grad der Festigkeit des Wirtschaftswachstums sowohl in Israel als auch weltweit und dem Satz, um den die Zinsen in den Industrieländern erhöht werden, und im Lichte der Entwicklungen des Wechselkurses von Schekel bestimmt, so die BoI.


Bank of Israel, Interest Rate, Graph: Bloomberg.com

Die aktuelle Zinserhöhung ist vor dem Hintergrund des Wirtschaftswachstums, das sich festigt und der Inflationserwartungen, die nahe obere Grenze des Inflationsziels stehen und des Antiegs der Preise von Vermögenswerten erzielt worden, so die israelische Notenbank. Die Geldpolitik bleibe aber dennoch expansiv. Was die Inflationsprognosen betrifft, teilt die BoI mit, dass die durchschnittlichen Erwartungen sich (a) laut Prognosen von Analysten (forecasters) in den nächsten 12 Monaten auf 2,6% belaufen. Die 12 Monate Inflationserwartungen, die (b) aus dem Kapitalmarkt abgeleitet werden, deuten andererseits darauf hin, dass die Inflation sich an die obere Grenze des Zielbereichs nähere.

Die meisten Indikatoren, einschliesslich der vorläufigen Ergebnisse der Bank of Israel zeigen an, dass die Konjunktur sich im ersten Quartal 2010 weiter ausbauen dürfte. Es gebe jedoch immer noch Unsicherheiten, was die Stärke des Wirtschaftswachstum betreffe, so die Notenbanker heute Nachmittag in ihrer Mitteilung.

Die israelische Wirtschaft ist im IV. Quartal annualisiert um 4,9% gewachsen. Der Rendite-Spread zwischen den israelischen Staatsanleihen und den inflationsgeschützten Anleihen hat sich in diesem Monat auf 30 Basispunkte ausgeweitet. Der israelische Benchmark Aktien-Index TA-25 hat 2009 um 75% zugelegt.

Negative Swap Spreads: Inverse Swap-Zinsstruktur

Die Swap-Zinsstrukturkurve ist derzeit invers. Invers bedeutet, dass die (Futures)-Kurse mit der Laufzeit fallen. Am 23. März sind die 10 Jahre Swap Spreads in den USA erstmals unter Null gefallen. Das heisst, dass sie negativ geworden sind. Aktueller Stand: Minus 7,50 Basispunkte. Die 30 Jahre Swap Spreads verharren schon längst negativ. Aktueller Stand: Minus 25,72 Basispunkte. Die Spreads in diesem Segment sind erstmals im Oktober 2008 unter die Null-Grenze gerutscht. Wie ist jetzt die Siuation zu deuten, dass die 10 Jahre und 30 Jahre Swap Spreads negativ sind? Was kann der Grund sein? (a) Hat es mit Kreditrisiko zu tun? Das heisst, dass das Risiko steigt, dass aufgrund eines Zahlungsausfalls der Gegenpartei in einer Finanztransaktion ein Verlust entsteht. Konkret: Muss man also eine unmittelbar drohende Zahlungsunfähigkeit der USA (angesichts der steigenden Staatsverschuldung) befürchten? Sind m.a.W. die Bond Vigilantes wieder am Werk? Oder (b) Hat es mit Nachfrage zu tun?


10 Jahre Swap Spread, Graph: Bloomberg.com

Meine Einschätzung: Das Ganze hat mit derivate-getriebenen Hedging-Nachfrage zu tun. Die negativen Swap Spreads stellen m.a.W. keine Vorbote für eine massive Versorgung der Anleihemärkte mit US-Staatsanleihen durch das amerikanische Schatzamt dar. Weil alle heute für Hedging-Zwecke variable Zinsen zahlen und fixe Zinsen beziehen wollen. D.h. feste Zinsen werden gegen variable getauscht („swap“), weil dieses Geschäft günstig ist, solange Zinsen nicht steigen. Zugegeben ist es eine bizarre Situation. Die Swap-Sätze liegen gewöhnlich höher als die Treasury-Renditen, weil die variablen Zinszahlungen auf Erwartungen für Libor basieren. Der Libor-Satz gilt bekanntlich als Mass von Wahrnehmung der Investoren für Kreditrisiken. A propos Kreditrisiko: Es zählt zu den Determinanten von Swap Spreads. Wenn von Kreditrisiko die Rede ist, kommt man am Thema „Credit Default Swaps“ (CDS) nicht vorbei. Mit diesen Instrumenten kann man sich im Kreditmarkt gegen einen Zahlungsausfall versichern. Der Käufer eines CDS zahlt i.d.R. eine vierteljährliche Prämie an den Verkäufer, der den Käufer im Falle eines Zahlungsausfall kompensieren muss. Nach aktuellen Angaben von DTCC sind z.Z. 415 CDS-Kontrakte auf US-Staatspapiere ausstehend, im Wert von insgesamt 2,25 Mrd. $. Wenn man bedenkt, dass das Publikum derzeit US-Staatsanleihen im Wert von 8'150 Mrd. $ hält, ist das CDS-Volumen auf US-Treasuries sehr gering. Im Vergleich: Der Wert der CDS, die Investoren gekauft haben, auf Staatsanleihen Italiens belaufen sich auf 25 Mrd. $. Auf Staatsanleihen Spaniens auf 15,6 Mrd. $. Der amerikanische Staat steht zudem seit dem Ausbruch der Krise hinter den Papieren von Fannie Mae und Freddie Mac im Wert von rund 5'000 Mrd. $. Die CDS werden heute v.a. in Erwartung gekauft, sie zu einem höheren Preis weiterzuverkaufen, wie Daniel Gross in einem lesenswerten Artikel in Slate beschreibt. Mit CDS fährt also niemand „buy-and-hold“-Strategie. Das Eingehen von Wetten mit CDS kostet nicht viel. Es winken zudem viel höhere Renditen (Einsatz-Verdopplung ist möglich) als auf dem Anleihemarkt. Investoren können CDS-Verträge abschliessen, selbst wenn sie die abzusichernden Anleihen gar nicht besitzen. Und sie bekommen praktisch unbegrenzte Möglichkeiten, Fremdkapital einzusetzen. Denn falls die Gegenpartei die Anleihen nicht liefern kann, werden Wertdifferenzen durch Bargeld ausgeglichen. Gross verweist darauf, dass die Investoren, welche Finanzinstrumente von AIG gekauft haben, ausbezahlt worden sind, aber nur, weil die US-Regierung das Unternehmen gerettet hat („bailout“). Wer würde aber das US-Schatzamt und die US-Notenbank retten? Oder anders gefragt: Wer würde die CDS bedienen, also für die Versicherung aufkommen, falls die USA zahlungsunfähig wären? Per Definition ist es nicht möglich, schreibt Gross weiter, dass ein CDS-Käufer im Fall des Zahlungsausfalls eines TBTF-Unternehmens kompensiert würde. Fazit: Mit CDS wird heute auf dem vorwiegend unregulierten Kreditmarkt v.a. waghalsig gezockt. Die Entwicklung in diesem Markt sollte daher im Lichte dieser Erfahrung und Erkenntnis interpretiert werden.


30 Jahre Swap Spread, Graph: Bloomberg.com

Im Übrigen fielen auch in Japan während des De-Leveraging-Prozesses (Balance Sheet Recession) Anfang 2001 die Swap Spreads mit der Laufzeit von 2, 5 und 10 Jahren unter die Null-Linie. In dem unten abgebildeten Diagramm (hat tip Tracy Alloway FT Alphaville) sieht man den interessanten Verlauf der Swap Spreads.


Swap Spreads Japan, Graph: Courtesy of Takayasu Ito


Libor USD 3 Monat, Graph: Bloomberg.com

Determinanten von Swap Spreads

(1) Default Risiko:
Rendite-Spread zwischen 10 Jahre Unternehmensanleihen und 10 Jahre UST
(2) Liquiditätsprämie:
Das ist der Betrag, um den die Forward Rates über den erwarteten zukünftigen Spot Rates liegen. Messbar im Form von TED-Spread (3 Monats Libor – 3 Monat UST).
(3) Neigung der Renditekurve:
Gemeint ist die Zinsstrukturkurve, d.h. die Beziehung zwischen Zinssätzen und ihren Laufzeiten: Rendite-Differenz zwischen 2 Jahre UST und 10 Jahre UST.

Samstag, 27. März 2010

Bond Vigilantes? Von wegen Rückkehr!

„Die Bond Vigilantes lassen endlich ihre Muskeln spielen“, steht in einem Beitrag in FT zu lesen. Eine lange Periode der Stabilität für den Markt für US-Staatspapiere zeige nun Anzeichen von Rissen. Der Appetit der Anleger für neue US-Staatsanleihen sei vergangen, heisst es weiter. Grund: Die Rendite der Benchmark Anleihen (10Y UST) ist diese Woche auf den höchsten Stand seit Juni 2009 geklettert. Der Begriff „Bond Vigilantes“ war in den 1980er Jahren geprägt durch die Tatsache, dass die Renditen der US-Staatspapiere in die Höhe schossen, weil Anleihenhändler die Zentralbanken zwangen, Massnahmen zu treffen, um den Anstieg der Inflation einzudämmen. Diesmal sind Anleger wegen Haushaltsdefizite besorgt, schreiben die Autoren. Anleger fordern angeblich höhere Realzinsen aufgrund von Bedenken über das zunehmende Angebot an US-Treasuries. Brad DeLong liefert die folgende anschauliche Abbildung. Das sollen Bond Vigilantes sein, die jetzt zurückkommen? Das ist absurd, wie das Diagramm (unten) deutlich vor Augen führt.


10Y UST Rendite, rote Linie: "Bond Vigilantes", grüne Linie: heute, Graph: Courtesy of Prof. Brad DeLong

Auch Paul Krugman kann den Behauptungen über die „Rückkehr von Bond Vigilantes“ nicht folgen. Den Anstieg der Renditen als Zeichen des bevorstehenden Bankrotts der USA zu sehen, ist einfach nicht angemessen. Krugman verweist auf einen vergleichbaren Vorgang im Jahre 2003. Die Wirtschaft war im Wachsen, aber ohne für genügend Arbeitsplätze zu schaffen. Damals wurde der Anstieg der Renditen als Zeichen des zunehmenden Optimismus hinsichtlich der Wirtschaft gedeutet.


USA: Reale Zinssätze, Graph: Fed St. Louis, Monetary Trends

FDIC schliesst vier weitere Banken – Gesamtzahl steigt auf 41

Die FDIC hat am Freitag laut Washington Post 4 weitere Banken in Georgia (2x), Florida und Arizona geschlossen. Damit ist die Anzahl der Banken, die im Jahre 2010 pleitegingen, auf 41 gestiegen. Die Banken verfügen laut Reuters insgesamt über ein Anlagevermögen von 1'239,7 Mio. $.

Bankpleiten:
2010: 41
2009: 140
2008: 25
2007: 3

Die FDIC schätzt die Kosten der diese Woche geschlossenen Banken für die Behörden auf rund 320,3 Mio. $. In Georgia waren vergangene Woche 3 Banken geschlossen. Die Anzahl der gescheiterten Banken belief sich dort im Jahr 2009 auf insgesamt 25. So hoch wie in keinem anderen Bundesstaat.

Die Banken haben ihre Kreditvergabe-Standards so stark verschärft, dass das US-Kreditgeschäft im vergangenen Jahr den steilsten Rückgang seit dem Zweiten Weltkrieg verbucht hat: Volumen 587,3 Mrd. $ (-7,5%), wie die FDIC berichtet.

Freitag, 26. März 2010

US-Staatsanleihen: Rendite-Anstieg „Kanarienvogel im Bergwerk“?

Alan Greenspan hat heute in einem Interview von Bloomberg TV den Renditeanstieg der US-Staatsanleihen als „Kanarienvogel im Bergwerk“ interpretiert. Der ehem. Präsident der US-Notenbank rechnet m.a.W. mit weiter steigenden Zinsen. Höhere Renditen signalisieren die Sorgen der Investoren über den grossen Überhang der Staatsverschuldung, die „wir nie zuvor gesehen haben“, so Greenspan, der die Fed von 1987 bis 2006 führte. Er sei sehr besorgt über die fiskalische Situation. Ein Anstieg der langfristigen Zinsen werde laut Greenspan die Erholung am Immobilienmarkt erschweren und zugleich auch auf Investitionen lasten. Der ehem. Fed-Chef vergisst aber, dass die Staatsverschuldung in den USA am Ende des Zweiten Weltkriegs viel höher lag. Zudem gelingt der Fed heute dank der „mengenmässigen Lockerung“ ( quantitative easing) die Kosten der Staatsausgaben durch die öffentliche Kreditaufnahme zu senken. Das scheint heute weniger über die Erwartungen der künftigen Zinsen am kurzen Ende, als viel mehr über die Laufzeitprämie (term premium) zu geschehen, wie in einem aktuellen Research-Papier der Fed New York beschrieben wird.


Kauftempo der Fed durch verschiedene Asset-Klassen, Graph: Fed New York Staff Reports, Joseph Gagnon, March 2010

Es wird drin dokumentiert, wie die Fed die Zinsen am langen Ende über 50 bis 60 Basispunkte gesenkt hat, indem sie 1’700 Mrd. $ an langfristigen Staatsanleihen aufkaufte. Hier ist der Link zum Report („Large-Scale Asset Purchases by the Federal Reserve. Did They Work“). Die Fed wird den geldpolitischen Kurs in zwei Jahren umkehren müssen. Das ist aber besser als ein Jahrzehnt lang hohe Arbeitslosigkeit und Deflation zu haben.

Hat tip Mark Thoma („Monetary Policy Can Do More“).

Banking à la Kanada: Ist es die richtige Antwort auf die Krise?

Nach der Verabschiedung der Gesundheitsreform Präsident Obamas beginnt im US-Senat nun eine seriöse Debatte über die Finanzreform. Was dabei auffällt, ist das Hauptargument der Befürworter von „New Banking-Status quo“: „Kanada hat nur 5 Grossbanken und keine Krise“. Simon Johnson und Peter Boone befassen sich in einem lesenswerten Essay („Canadian Banking is Not the Answer“) in The New York Times mit dem Banking System Kanadas. “Der Vorschlag, in den USA ein Banking System nach kanadischer Art zu schaffen, ist ein blanker Unsinn“, schreiben die beiden Ökonomen. Warum? Vier von Kanadas Grossbanken haben 2008 Gewinn verbucht. Alle fünf Grossbanken waren zudem im Jahre 2009 profitabel. Und keine Bank hat kanadische Steuerzahler um Bailout gebeten. Selbst während der Grossen Depression kam es in Kanada zu keinem Zusammenbruch von Banken. In den vergangenen Jahren gab es lediglich zwei Bankausfälle im ganzen Land. Ist das Ergebnis nicht auf die Struktur der Branche und die strenge Regulierung zurückzuführen? Zudem existieren in Kanada „intelligent“ klingende Anforderungen: Nimmt man beispielsweise Kredit auf ein Haus auf, im Betrag von 80% über dem Wert des Hauses, dann muss man eine Hypotheken- Versicherung abschliessen. Ausserdem ist für Banken ein „Tier 1 Capital“ ( Kernkapital Rate) von 7% erforderlich.

Trotz strengerer Regulierung und Eingrenzung des Verschuldungsgrads auf dem Papier waren kanadische Banken höher verschuldet als gutgeführte amerikanische Geschäftbanken, behaupten Johnson (der ehem. Chefökonom des IWF) und Boone (London School of Economics). Hier sind die Zahlen, die sie liefern:

Verschuldungsgrad (leverage):
JP Morgan Chase: 13x (per Ende 2008)
Wells Fargo: 11x
Kanada’s 5 Grosse Banken: 19x
Royal Bank of Canada: 23x
Tier 1 Capital:
JP Morgan Chase: 10,9% (per Ende 2008)
Royal Bank of Canada: 9%

JP Morgan Chase und andere amerikanische Banken haben mehr “Tangible Common Equity” gehabt als kanadische Banken, halten die Autoren fest. Wenn aber kanadische Banken höher verschuldet und weniger kapitalisiert waren, was war der Grund, der ihr Vermögen sicherer machte? Die Antwort: Staatsgarantie, erklären Johnson und Boone.

Heute sind mehr als die Hälfte der kanadischen Hypotheken tatsächlich durch den Staat garantiert. Die Banken zahlen einen niedrigen Preis, um Hypotheken zu versichern. Praktisch alle Hypotheken, bei denen das Verhältnis des Darlehens zum Hauswert grösser als 80% ist, direkt oder indirekt von der kanadischen „Mortgage and Housing Corporation“ garantiert, erklären Johnson und Boone. Die USA haben natürlich Fannie Mae und Freddie Mac. Aber die Kreditvergabestandards wurden aufgelockert und die Agenturen konnten der Versuchung nicht widerstehen, riskantere Vermögenswerte als Hypotheken in ihre Bücher zu nehmen. „Mal sehen, wie lange Kanada dieser Versuchung widerstehen wird“, bemerken Johnson und Boone. Eine andere Stärke des kanadischen Systems ist die Kameradschaft unter den Regulierungsbehörden, der Bank of Canada und den einzelnen Banken, heben die beiden Ökonomen hervor. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im Februar 2009 äusserte sich der Hauptgeschäftsführer der Toronto Dominion Bank (vielliecht nicht explizit) aber etwas unverschämt so, dass die Steuerzahler sich nicht darum kümmern müssen, wie dumm oder schlau die Banker des Landes sind. Die kanadische Regierung sei da, um sicherzustellen, dass die Gläubiger nie einen Cent verlieren werden. „Wir müssen die Banken in den USA in noch weniger Bankgiganten zusammenführen und dafür sorgen, dass Fannie Mae und Freddie Mac einige der riskantesten Teile der Bank-Portfolios gewährleisten", so Johnson und Boone. Die Grossbanken und ihre Lobbyisten mögen die Idee des Bankensystems à la Kanada. Hoffentlich gewinnt aber dieses Elixier nicht die Oberhand. Was amerikanische Bürger brauchen, sind kleinere Banken mit viel mehr Kapital und der Fähigkeit, zu scheitern, wenn sie dumm handeln, empfehlen Johnson und Boone.

Fed Bilanz-Summe

Fed-Chef Ben Bernanke hat gestern vor dem Ausschuss für Finanzdienstleistungen des Repräsentantenhauses wiederholt, die kurzfristigen Zinsen für „einen längeren Zeitraum“ nahe Null zu halten, da die Arbeitslosigkeit hoch bleibe und die Inflation voraussichtlich niedrig verlaufe. Die Anhörung vor dem Ausschuss über die Exit-Strategie der Fed war ursprünglich für den 10. Februar geplant. Sie wurde aber wegen des heftigen Schneesturms abgesagt. „Ich erwarte im Moment nicht, dass die Fed einen Teil ihrer Wertpapierbestände in naher Zukunft verkaufen wird. Zumindest nicht bis die geldpolitische Straffung beginnt und die Wirtschaft sich eindeutig nachhaltig erholt“, so Bernanke. Die Bilanzsumme der Fed ist im Sog der Krise auf 2'300 Mrd. $ angewachsen. Das ist 2,5-mal grösser als vor dem Beginn der Finanzkrise. Die US-Notenbank hat inzwischen eine Menge US-Treasuries, Hypothekenanleihen, und Papiere von Fannie Mae und Freddie Mac aufgekauft, um die Zinsen am langen Ende zu drücken. Zudem hat die Fed spezielle Notkreditfazilitäten geschaffen.


US-Notenbank Bilanzsumme, Graph: Courtesy of Manoj Pradhan, Morgan Stanley

Bernanke war in seinen Äusserungen vorsichtig. Er nannte keinen Zeitrahmen für den Ausstieg aus der extra-expansiven Geldpolitik. „Wir würden gern wieder zum „All Treasury Portfolio“ zurückkommen, innerhalb einer angemessenen Zeit“, sagte Fed-Chef.

Donnerstag, 25. März 2010

James Galbraith über Alan Greenspan’s Müll

James Galbraith analysiert in einem lesenswerten Beitrag („Oh Please“) in Huffington Post den Bericht („ The Crisis“), den Alan Greenspan am vergangenen Freitag veröffentlicht hat, um sich gegen Kritik in Schutz zu nehmen. Prof. Galbraith schreibt, dass der ehem. Fed-Präsident das Wort „Verantwortung“ kein einziges Mal benutzt. Das Wort „Schuld“ kommt drin auch nicht vor. Das Wort „Fehler“ tritt einmal auf, aber mit Bezug auf Finanzunternehmen. Das Wort „Fehlschlag“ erscheint 14-mal. Keines von ihnen ist aber selbstbezogen, betont Galbraith. „Zu erwarten, dass die Pharase „mea culpa“ vorkommt, wäre natürlich zu viel verlangt“, erklärt Galbraith. „Ich stimme aber dem Fed-Chef in zwei Punkten zu“, schreibt Galbraith weiter: (1) Seine Verteidigung der Fed gegen den Vorwurf der Verletzung der Taylor-Regel. Eines der Dinge, die noch unerträglicher als Greenspan’s Abhandlung sei die Formel von Taylor, so Galbraith. Greenspan widerlege die Vorstellung, dass niedrige Zinsen per se die Krise verursacht haben. (2) Das „Ersparnisschwemme“-Argument. Das Hauptproblem ist, wie Greenspan argumentiert, dass es wirklich keine Beweise für eine globale Ersparnisschwemme gibt. Die restlichen nennenswerten Teile des Papiers sind im wesentlichen eine Meditation über zwei Themen.

Die erste besteht aus Erinnerungen, was man feststellen kann, dass Chairman Greenspan die Krise wirklich vorausgesehen habe. Er zitiere sich selbst im stillen Heiligtum des FOMC im Jahr 2002. Hat er das alles aber der Öffentlichkeit mitgeteilt? Hat er vor den Gefahren von Option ARMS mit Lockvogel-Zinsen gewarnt? Im Gegenteil: Er habe deren Benutzung gefördert. Das zweite Thema ist, dass nichts hätte getan werden können. Das Ganze begann mit dem Fall der Sowjet Union. Es war global. Es war ein Jahrhundertshochwasser. Selbst wenn sie versucht hätten, hätten sie mehr Schaden eingerichtet als Nutzen gestiftet, fasst Galbraith Greenspans Erläuterungen zusammen. „Es tut mir leid aber, das ist mit einem Wort: Müll“, hält Galbraith fest. Die am meisten schreiende Unterlassung in diesem Papier sei, dass das Wort „Betrug“ kein einziges Mal vorkommt. Aber die Welt weiss, dass der Zusammenbruch des Finanzsystems in seinem Kern der grösste Finanzbetrug aller Zeiten war“, schlussfolgert Galbraith.

Swap Spreads: Sind Zweifel an Amerikas Bonität berechtigt?

Der 10 Jahres Swap Spread ist zum ersten Mal negativ (aktuell minus 8,27 Basispunkte) geworden. Die Kursspanne bringt die Differenz zwischen der Rendite der 10 jährigen US-Staatsanleihen und dem US-Dollar Swapsatz zum Ausdruck. Die negative Handelsspanne lässt Zweifel an der Bonität der USA aufkommen. Das ist jedenfalls der Eindruck, den die Marktteilnehmer in ihren ersten Kommentaren hinterlassen haben. Es darf jedoch in diesem Zusammenhang daran erinnert werden, dass der 30 Jahres Swap Spread (aktuell minus 26,48 Basispunkte) seit dem Ausbruch der Finanzkrise negativ verläuft. Erstmals ist der Risikoaufschlag für Swap Spread mit einer Laufzeit von 30 Jahren im Oktober 2008 in die Minus-Zone gerutscht. Das ist auf technische Faktoren zurückzuführen. Es hat mit Hedging-Nachfrage zu tun. Insbesondere geht es um Optionshändler, die wegen ihrer hohen Exposures im Segment von US-Staatspapieren mit der Laufzeit von 10 bis 30 Jahren die Nachfrage massiv ankurbeln. Was treibt aber im allgemeinen die Swap Spreads an? Jim Caron, Morgan Stanley Analyst verweist auf folgende drei Faktoren:


10 Jahre Swap Spread, Graph: Courtesy of Jim Caron, Morgan Stanley

(1) Der Spread zwischen Libor und Repo Rates,
(2) Die Neigung der Renditekurve,
(3) Das US-Haushaltsdefizit und das Angebot an US-Staatspapieren.

Ad 1) Der Libor-Satz sollte höher als die Renditen der US-Treasuries liegen. Grund: repospezifisches Premium zwischen US-Staatspapieren und dem Libor. Ad 2) Wird die Renditekurve steiler, haben Händler mehr Anlass, ihre langfristigen Verbindlichkeiten (höhere Sätze) in kurzfristige Verbindlichkeiten (niedrige Sätze) zu tauschen („swap“). PS: Der Mechanismus für synthetische variabel verzinslichen Anleihen (Synthetic Floating-Rate Debt) ist sehr einfach handhabbar. Ad 3) Gemeint ist das relative Volumen an US-Staatsanleihen-Angebot. Caron zeigt auf, dass die Swap Spreads, wenn die Wirtschaft schrumpft und das Haushalt ein Defizit aufweist, enger werden. Wie geht es nun weiter? Der Swap Markt spielte in den 1990er Jahren eine wichtige Rolle als Hedging Vehikel. Seither dient er als Spekulationsmedium. Die Swap Spreads werden in den vergangenen 10 Jahren durch die Hedging-Nachfrage bzw. –Aktivitäten im Hinblick auf die Zinssensivität im Immobilienmarkt (Stichwort: Convexity Hedging sowie Negative Convexity ) gewirbelt.
An der heutigen Entwicklung („abnehmende Besonderheit des Repo-Premiums, festere Repo-Libor Spreads, steilere Renditekurve und ein monströses Angebot an Staatsanleihen“) erkennt Caron ein Anzeichen für steigende Renditen.


10 Jahres Swap Spread, Graph: Bloomberg

Fazit: Was sagen negative Swap Spreads aus? Bonitätsschwund für die USA (credit risk) oder derivatenangetriebene Hedging-Nachfrage? Die Weltwirtschaft befindet sich (laut Paul Krugman zu 70%) in einer Liquiditätsfalle. Die Wirtschaft funktioniert derzeit nicht nach Lehrbuch. Der Nachfrageschock sitzt noch tief. Die USA sehen heute nicht wesentlich anders als Japan, sagen wir, vor 10 Jahren aus. Hohes Budgetdefizit, steigende Staatsverschuldung, Produktionslücke, ausgeweitete monetäre Basis usw. Und Japan ( Balance Sheet Recession) steckt immer noch in Deflation und die Renditen sind seither kaum angestiegen. Der japanische BIP-Deflator ist sogar seit 2000 um 9% gesunken. Die Durchführung einer unkonventionellen Geldpolitik in einer depressiven Wirtschaft ist nicht einfach. Dem US-Schatzamt ist es jedoch bisher dank der mengenmässigen Lockerung („quantitative easing“) gelungen, die Kosten, die bei der Finanzierung der Staatsausgaben entstehen, zu senken.


30 Jahres Swap Spreads, Graph: Bloomberg

Heute wollen alle für Hedgingzwecke Zinsen variabel zahlen und fest erhalten, weil am kurzen Ende der Zinskurve die Renditen mickrig sind und am langen Ende etwas mehr zu holen ist. Der CDS-Markt sagt daher nicht viel über die Kreditwürdigkeit der USA aus. Die negativen Swap Spreads sind technischer Natur, eine Folge von massiven Hedging-Nachfrage am Zinsswap-Markt, die auf exotisch strukturierte Derivate zurückzuführen sind. Nebenbei bemerkt: Die CDS auf US-Staatsanleihen sind in Euro denominiert. Sollten Zweifel an Amerikas Bonität zunehmen, müsste auch der US-Dollar an Wert verlieren. Heute passiert aber genau das Gegenteil. Der Euro wertet sich gegenüber dem US-Dollar ab.



PS: Hier ist eine anschauliche Abbildung in FT Alphaville (via Tracy Alloway), die den Verlauf von Swap Spreads in Japan zeigt.

SNB: Lösungsansätze für die Entschärfung der TBTF-Problematik

Thomas Jordan, Vizepräsident des Direktoriums Schweizerische Nationalbank hat sich gestern Abend in einem informativen Referat in Bern mit dem Thema „Bankenregulierung“ befasst. Jordan hat erläutert, warum Banken reguliert werden und welche Schwachstellen der bestehenden Bankenregulierung prioritär behoben werden müssen. Der Leitfaden seiner Rede lautete: „Laissez-faire im Bankensektor ist keine gangbare Alternative“ und eine „Marktwirtschaft kann nur dann effizient funktionieren, wenn Unternehmen bei gravierenden Fehlentscheiden in Konkurs gehen und durch den Markt liquidiert werden können. Dies gilt auch und insbesondere für Banken“. Durch die Regulierung der Banken soll erreicht werden, dass Banken bei ihrer Risikowahl keine externe Kosten (für die Gemeinschaft) verursachen, so Jordan.

(1) Einlagen der Banken werden bis zu einer bestimmten Obergrenze durch eine Einlagenversicherung abgesichert. Ziel: Bank-Runs zu vermeiden,
(2) Banken wird vorgeschrieben, genügend liquide Mittel zu halten. Ziel: plötzliche Abflüsse von Geldern zu überleben,
(3) Die Widerstandsfähigkeit der Banken wird durch Eigenmittelvorschrifren erhöht. Ziel: Verluste aufzufangen und sich vor Insolvenzen zu schützen.

Fazit: Das Hauptwerkzeug der Regulierung ist EK-Vorschriften.

Zu den Schwachstellen der bestehenden Bankenregulierung zählt Jordan (a) die unzureichenden Ausstattung der Banken mit EK und liquiden Mitteln, und (b) die Vernachlässigung der Berücksichtigung von Systemrisiken (und damit verbunden die TBTF-Problematik).

Die Vorschriften zur Stärkung der Eigenmittel sollen dafür sorgen, dass (i) die Grossbanken ihr risikogewichtetes EK im Vergleich z.Z. vor der Krise verdoppeln müssen. Es wird eine Verschuldungsobergrenze eingeführt (d.h. Leverage Ratio) und (ii) Banken in wirtschaftlich guten Zeiten verstärkt Eigenmittel aufbauen sollen, um in Krisenzeiten Verluste auffangen zu können. Ziel: Eigenmittel sollen ihre Pufferfunktion erfüllen können und dazu beitragen, dass negative Schocks nicht weiter verstärkt werden.

Was ist schief gegangen? „Viele Banken haben exzessive Risiken eingegangen, deren Folgen sie nicht selbst tragen konnten“, erklärt Jordan. Die bestehende Regulierung hat Banken nicht davon abhalten können, diese Risiken einzugehen. Daraus folgt, dass die Banken in Zukunft selbst die Folgen der von ihnen eingegangenen Risiken tragen müssen.

Jordan verweist auf G7 Kommunique, die am 10. Oktober 2008 veröffentlicht wurde. Es hiess dort: „We agree to take decisive action and use all avaiable tools to support systemically important financial institutions and prevent their failure“. Das bedeutet m.a.W. eine faktische Staatsgarantie, die Grosse Banken im Glauben lässt, dass sie bei Problemen Staatshilfen bekommen. Grosse Banken scheinen also nach wie vor über grosse Anreize zu verfügen, weiterhin exzessive Risiken einzugehen.

Es ist daher zu begrüssen, dass Jordan es als „unser Ziel“ betrachtet, sicherzustellen, dass kein Institut so systemrelevant ist, dass sich Staaten gezwungen sehen, es im Falle eines drohenden Untergangs zu retten.

Thomas Jordan sieht drei mögliche Lösungsansätze für die Entschärfung der TBTF-Problematik. (1) Bei der Grösse ansetzen. Je grösser die Bank, desto mehr EK-Anforderungen, (2) Zerschlagung von Grossen, damit wichtige Teile der Bank im Krisenfall weitergeführt werden können, ohne dass die ganze Bank durch den Staat unterstützt werden muss, und (3) geordnete Liquidation. Notwendig sind aber klar vordefinierte und international koordinierte Liquidationsverfahren.

Was wird besser? Die Regulierung von Banken muss grundsätzlich erneuert werden. „Wir dürfen uns vom Widerstand der Banken nicht aufhalten lassen“, so Jordan.

Fazit: Finanzoligarchie beeinflusst die politischen Entscheidungen massiv und animiert die Öffentlichkeit zur Resignation. Die Existenz der Demokratie wird untergraben. Die Es ist Zeit, sich vom Gedanken „TBTF“ zu verabschieden. Es gibt keine systemrelevante Banken. Es gibt Banken, die systemgefährdend sind.

Mittwoch, 24. März 2010

10 Jahre Swap-Spread fällt erstmals unter Null

Die Swap-Zinsstruktur weist im Sog der Finanzkrise eine fallende Form auf. Das heisst, dass sie invers ist. Vor allem liegt der 30-jährige US-$ Swapsatz bereits seit mehreren Monaten niedriger als die Rendite der 30-jährigen US-Treasuries. Diese Situation ist seltsam, aber es kommt vor: Insbesondere in Krisenzeiten. Der 30 Jahre Swap-Spread wurde erstmals im Oktober 2008 negativ. Gestern ist aber auch der 10 Jahre Swap-Spread ins Negative gerutscht, wie FT Alphaville berichtet. Das ist ein Novum. Wie ist es aber möglich, dass die Swap-Sätze, die sich auf die Renditen von US-Treauries beziehen, niedriger liegen als die Referenz-Zinsen? Verantwortlich dafür sind technische Faktoren.


Angaben: Morgan Stanley, US Liquid Rates Tracker



Die variablen Zahlungen in einem Swap-Geschäft basieren auf Zinsen (z.B. US-Treasurys als Referenz), die ein Kreditrisiko enthalten. Die derzeitige Konstellation sagt aber nichts über die Bonität der Anleihen aus. Schliesslich haben US-Staatspapiere mit „AAA“ (trotz der zunehmenden Staatsverschuldung) immer noch das weltweit beste Rating.

Das Ganze hat mit der Hedging-Nachfrage zu tun. Options-Händler, die Optionen mit diskontinuierlichen Auszahlungen (wie z.B. Cash-or-Nothing Options) strukturiert haben, haben hohe Exposures im Segment von 10- und 30-jährigen Anleihen. Sie streben feste Zahlungen v.a. im 30-jährigen Bereich von Swaps an. Ihre Nachfrage treibt die Spreads der entsprechenden Swaps nach unten.

Eine interessante Erläuterung liefert dazu auch das Blog self-evident.

Exkurs:
Der Swap-Spread gibt die Differenz zwischen der Rendite der US-Staatsanleihen und dem Swap-Satz wider.

Swap-Sätze dienen als Benchmarks für Investoren für viele Arten von Kreditkosten, einschliesslich Hypotheken, Mortgage Backed Securities, Wertschriften, die mit Autodarlehen besichert sind. Bei Swap-Geschäften geht es um Vereinbarungen über den zukünftigen Austausch von Cash Flow gemäss einer festgelegten Formel.

Hyperinflation: Steckt der Teufel im Detail?

Die Inflationsdebatte in den USA kocht weiter. „Süsswasser“-Ökonomen versus „Salzwasser“-Ökonomen. Wie kann man aber mitten im Nachfrageschock vor Inflation warnen, zumal die Weltwirtschaft sich in einer Liquiditätsfalle befindet? Mike Kinsley ist dennoch entsetzt über die drohende Inflationsgefahr für die Zukunft. „Hyperinflation ist, wenn die Inflation sich selbst nährt und ausser Kontrolle gerät“, schreibt er in einem Artikel in The Atlantic. „Man kann mit 2 oder 3% eine stabile Inflation haben. Aber man kann keine stabile Inflation über 10% haben“, argumentiert Kinsley. „Wenn jeder von 10% Inflation ausgeht, dann schieben alle Kräfte, die 10% produzieren, die Inflation auf 20% hoch. Und dann auf 40%. Dann schleppen die Leute das Geld in Schubkarren, wie die Bilder von Weimar Deutschland zeigen“, erklärt er weiter. Paul Krugman ist damit nicht einverstanden. Er wendet ein, dass es zumindest nach Lehrbuch-Ökonomie eine wirkliche Unterscheidung zwischen der Art von Inflation, die 1970er Jahren vorherrschte und der (Simbabwe-) Art Hyperinflation aus dem Jahr 1923 gibt. Krugman beschreibt, was Hyperinflation von Stagflation unterscheidet.


Produktionslücke, Graph: Fed St. Louis

Hyperinflation sei eigentlich ein recht gut verstandenes Phänomen und ihre Ursachen seien unter Ökonomen nicht besonders umstritten. Im Grunde genommen hat sie mit Einnahmen zu tun, argumentiert Krugman. „Wenn die Regierung weder Steuern eintreiben noch Geld leihen kann, um ihre Ausgaben zu tätigen, wirft sie manchmal die Druckmaschine an und versucht auf diese Weise, grosse Mengen aus Seignorage (Geldschöpfung) einzunehmen. Das führt zu Inflation, welche die Menschen veranlasst, Bargeldbestände zu reduzieren. Das heisst, dass die Druckmaschine schneller laufen müsste, um denselben Betrag an Ressourcen zu kaufen. Und so weiter“. „Die Art von Inflation, die wir in den 1970er Jahren in der berühmten Ära der Stagflation (hohe Inflation + hohe Arbeitslosigkeit) erlebt haben, war ganz anders“, erklärt Krugman. Das Defizit sei nicht das Problem gewesen. Das Defizit war in den inflationären 1970er Jahren viel kleiner als in den disinflationären 1980er Jahren, hält Krugman fest.

Stattdessen hatte man mit einer Kombination von extrem expansiver Geldpolitik zu tun, die von einer unrealistischen Vorstellung ausging, wie niedrig die Arbeitslosenquote gedrückt werden könnte, ohne dass sich die Inflation beschleunigt (NAIRU: non-accelerating inflation rate of unemployment, d.h. Arbeitslosigkeit, bei der sich die Inflation nicht beschleunigt: emphasis mine). Dazu kam noch der Ölschock, der die Inflation höher trieb, wegen der „cost of living“-Klauseln in den Verträgen, betont Krugman. Es gab nie die Gefahr einer Hyperinflation, ist Krugman überzeugt. „Die einzige Frage war, ob und wann wir bereit waren, den hohen Preis für die Arbeitslosigkeit zu zahlen, um Inflation nach unten zu drücken“, erläutert Krugman. Kinsey scheint die Logik das NAIRU-Argument (inflationsstabile Arbeitslosenquote) : emphasis mine ) zu verwechseln, schreibt Krugman weiter. Es besagt, dass die Inflationserwartungen sich in die Preisfestsetzung einbauen, sodass man eine sich beschleunigende Inflation braucht, um die Arbeitslosigkeit unter NAIRU zu halten. Ryan Avent, der in den
vergangenen Wochen
Krugman wegen dessen Kritik an China’s Wechselkurspolitik scharf die Leviten gelesen hatte, unterstützt den Standpunkt von Kinsley und behauptet, dass die Hyperinflation kein ökonomisches, sondern ein politisches Phänomen sei.


Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes, Graph: Fed St. Louis

Wenn man ausufernde Inflation befürchtet, soll man laut Brad DeLong folgendermassen vorgehen: short: 20 jährige US-Staatsanleihen (4,43%), long: 20 jährige TIPS (inflationsgeschützte US-Staatsanleihen) (2,11%). Jedes Jahr, wenn die Inflation über 2,32% liegt, würde Kinsley Geld verdienen, bemerkt DeLong. Das ist sicherlich ein interessanter Hinweis. Denn, wenn die Marktteilnehmer davon ausgehen, dass der Staat seine Schulden weginflationieren will, dann würden sie vom Staat mehr Zinsen fordern. Der Zinssatz würde also im Zusammenhang mit den Inflationserwartungen zulegen. Die Zinsen verharren aber nach wie vor auf niedrigen Niveaus. Bei der Auktion 2-jähriger Noten im Volumen von 44 Mrd. $ war die Nachfrage gestern etwas geringer als erwartet. Aber es gelingt dem US-Schatzamt, sich immer noch günstig Kapital zu beschaffen. Heute findet ausserdem die Versteigerung von 5 jährigen Notes im Volumen von 42 Mrd. US-Dollar statt. Auf diese Weise schafft das Finanzministerium dank der mengenmässigen Lockerung („quantitative easing“), die Kosten der Staatsausgaben zu senken.

Dienstag, 23. März 2010

IWF-Hilfe: Warum Rettung durch den Fonds keine Schande ist

Noch vor drei Jahren hiess es, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) ausgedient habe und daher geschlossen werden sollte. Seitdem hat der IWF in Ungarn, Lettland, Island, der Ukraine und in anderen von Krisen heimgesuchten Ländern interveniert, erinnert Barry Eichengreen in seiner Kolumne („Who Should Lead the IWF?“) in Project Syndicate. Ein Teil der Erklärung für die höhere Wertschätzung, die der IWF neuerdings geniesst, ist auf die kürzlich dargelegte geistige Flexibilität des Institutes zurückzuführen, erklärt Prof. Eichengreen. Der IWF hat (1) seinen Widerstand gegen Kapitalverkehrskontrollen aufgegeben, und (2) angeregt, dass die Zentralbanken über ein höheres Inflationsziel nachdenken sollten, um im Fall von deflationären Schocks geldpolitisch über mehr Spielraum zu verfügen. Deswegen hat sich der IWF einem scharfen Vorwurf der deutschen Bundesbank ausgesetzt, aber das ist ein Zeichen dafür, dass der IWF es richtig macht, argumentiert Wirtschaftsprofessor an der University of California, Berkeley. Der IWF hat zudem (3) einen flexiblen Rahmenkredit (Flexible Credit Line) zur Verfügung gestellt, für alle Länder, die von der Finanzkrise ohne eigenes Verschulden erfasst worden sind.

Vor rund zwei Wochen hatte auch Dani Rodrik in seiner Kolumne („The End of an Era in Finance“) in Project Syndicate die programmatische Mitteilung des IWF in bezug auf Kapitalverkehrskontrollen als „revolutionär“ bezeichnet und hoch gelobt, dass der Fonds nun „den gesunden Menschenverstand wiederentdeckt“ habe. Der von Dominique Strauss-Kahn, dem geschäftführenden Direktor des IWF angetriebene Sinneswandel hat sicherlich inzwischen die Glaubwürdigkeit des Fonds gesteigert. "Engstirnigkeit und mangelnde Rechenschaftspflicht" waren die Probleme des IWF in der Vergangenheit, hält Eichengreen fest.

Der IWF hat im November 2008 Island einen Kredit in Höhe von 2,1 Mrd. Dollar gewährt, um das Vertrauen in die Wirtschaft wiederherzustellen. Das war der erste derartige Beistandkredit für einen westeuropäischen Staat seit 1976, als damals Grossbritannien vom Washingtoner Institut unterstützt wurde. Wenn die EU über keinen Notfallplan verfügt und die Kanzlerin Merkel keine EU-Hilfe an Athen zukommen lassen will, warum soll Griechenland 2010 keine Hilfe beim IWF beantragen?

Euro-Zone: Circulus Vitiosus?

Die Bundeskanzlerin Angela Merkel spielt zur Zeit mit Athen Katz und Maus. Das ist unangemessen. „Trichet schützt Griechen vor Merkel“ ist in diesem Zusammenhang die Überschrift eines Berichts von Financial Times Deutschland zu Euro-Krise. Der Titel ist so eindeutig, dass es eigentlich keines weiteren Kommentars bedarf. Die Kanzlerin strebt nämlich eine Vertragsveränderung an, um in Zukunft „Schuldensünder“ aus der Euro-Zone ausschliessen zu können. Die Finanzkrise hat aufgezeigt, dass die Euro-Zone kein optimales Währungsgebiet ist. Es fehlen Instrumente zur Bewältigung von sog. „asymmetrischen Schocks“, wie Prof. Robert Skidelsky in seiner Kolumne in Project Syndicate hervorhebt. Warum soll aber Griechenland dafür die Zeche zahlen, nur weil Überschussländer weder Geld ausgeben noch Kredit verleihen wollen?

Hier ist der Link zum Bericht von FTD.

SNB will keine übermässige Aufwertung des Frankens zulassen

Philipp Hildebrand, Präsident des Direktoriums Schweizerische Nationalbank ( SNB) hat heute morgen in einem Referat an der Uni St. Gallen unterstrichen, dass die Preisstabilität in der kurzen Frist nicht gefährdet ist. Die Inflationsprognose zeige aber auch an, dass die aktuelle expansive Geldpolitik nicht über den gesamten Prognosehorizont weitergeführt werden kann, ohne die mittel- und langfristige Preisstabilität zu gefährden. Die Inflationsprognose bleibt jedoch mit grossen Unsicherheiten behaftet. „Im Falle von erneuten externen Schocks können für die Schweiz Deflationsgefahren nicht ganz ausgeschlossen werden“, betonte Hildebrand. Ein solcher Schock wäre beispielsweise eine übermässige Aufwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro. „Die SNB wird nicht zulassen, dass über eine solche Aufwertung sich in der Schweiz ein Deflationsrisiko materialisiert. Deshalb werden wird einer übermässigen Aufwertung des Frankens entschieden entgegenwirken“, erklärte Hildebrand.


Wechselkursindizes (handelsgewichtet), Graph: SNB

Das geldpolitische Konzept der SNB besteht laut Hildebrand aus zwei Elementen: (1) die Preisstabilität in der mittleren und längeren Frist zu gewährleisten, (2) der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen. Die SNB habe zudem weitere Aufgaben: (a) die Liquiditätsversorgung sicherzustellen und (b) zur Stabilität des Finanzsystems beizutragen. Hildebrand ist angesichts der immensen Kosten materieller sowie immaterieller Art entschlossen, das Finanzsystem auf eine robuste Basis zu stellen.

Montag, 22. März 2010

Schweizer Franken zum Euro so stark wie zuletzt 1999

Der Euro setzt die Talfahrt zum Schweizer Franken fort. Heute ist die Gemeinschaftswährung auf das niedrigste Niveau seit ihrer Einführung im Jahre 1999 gegenüber dem Schweizer Franken gefallen. Der Franken wurde heute Nachmittag mit 1,4309 gegen den Euro gehandelt. Der bisherige Rekordwert lag bei 1,4315 Euro zuletzt im Oktober 2008. Die Frage, die sich Händler nun stellen, ist, ob die SNB im Markt kursstützend intervenieren wird. Denn der handelsgewichtete Aussenwert des Schweizer Frankens ist seit Ende Dezember weiter gestiegen. Da die Zinsen in der Schweiz bei nahe Null liegen, verfügt die SNB über keinen Zinsspielraum, einer übermässigen Aufwertung des Franken entschieden entgegenzuwirken. Eine weitere Aufwertung des Frankens würde zu einer unerwünschten Straffung der monetären Bedingungen führen.


Euro Schweizer Franken Wechselkurs, Graph: swissquote.ch

Bemerkenswert ist jedoch, dass die Devisenmärkte, wie die SNB heute in ihrem Quartalsbericht betont, „im Zeichen einer Höherbewertung des US-Dollars“ stehen. Der Greenback hat sich seit Mitte Dezember 2009 bis Mitte März 2010 gegenüber dem Euro um 8,0% aufgewertet. Auch der Schweizer Franken verlor in derselben Zeitperiode gegen den US-Dollar an Wert: 4,7%. Gegenüber dem Euro legte aber Franken seit Mitte Dezember 2009 bis Mitte März um 3,3% an Wert zu. Der Anstieg des Schweizer Frankens gegen den Euro entspricht fast dem Durchschnittswert von 3,2% für das Gesamtjahr 2009. Längerfristig betrachtet bewegt sich der reale effektive Wechselkurs seit Mitte der 1990er Jahre um einen stabilen Durchschnittswert, hält die SNB fest. Bedeutet das, dass die SNB noch eine Weile warten dürfte, bevor sie dazu übergeht, im Markt zu Lasten von Franken zu intervenieren? Das scheint derzeit in der Tat der Fall zu sein. Aber wer weiss.

Bernanke erklärt, wie die Fed TBTF-Problem bekämpfen will

"Wie die Krise gezeigt hat, ist eine der grössten Bedrohungen für die Vielfalt und Leistungsfähigkeit unseres Finanzsystems das verderbliche Problem der Finanzinstitute, die als „too big to fail“ (TBTF) verurteilt sind", erklärte Ben Bernanke in einer Rede am Wochenende in Orlando (Florida). Der Fed-Präsident zählt TBTF zu den wichtigsten und heimtückischen Hindernissen für den Wettbewerb im Bereich „Finanzdienstleistungen“. Kurz gesagt, „um ein wettbewerbsfähiges, vitales und innovatives Finanzsystem zu haben, in dem Marktdisziplin Effizienz und Risikokontrolle fördert, müssen wir das TBTF-Problem ein für alle Mal lösen“, so Bernanke. Wie kann das geschehen? Bernanke legt drei Ansatzpunkte vor. Einige Vorschläge seien bisher unterbreitet worden, um die Grösse und die Tätigkeit von Finanzinstituten zu begrenzen. Einige dieser Ideen seien es Wert, sorgfältig geprüft zu werden. Sicherlich sollten die Aufsichtsbehörden die Befugnis erhalten, die Beteiligung von Finanzunternehmen an unangemessenen riskanten Aktivitäten zu begrenzen, argumentiert Bernanke. „Aber selbst wenn diese Vorschläge umgesetzt werden, braucht unsere technologisch anspruchsvolle und globalisierte Wirtschaft noch grosse, komplexe und international tätige Finanzunternehmen, um den Bedürfnisse von multinationalen Unternehmen gerecht zu werden, und um den internationalen Austausch von Waren und Kapital zu erleichtern, sowie die Vorteile von „economics of scale“ (Grössenvorteile) in Anspruch zu nehmen“, ist Bernanke überzeugt.

Das ist jedoch eine fatale Annahme, wie Simon Johnson in The Baseline Scenario zu Recht kritisiert. Die Wirtschaft ist heute keineswegs auf Grossbanken angewiesen. Siehe auch hier.

Um das TBTF-Problem anzugehen, bevorzugt die Fed ein dreiteiliges Konzept: (1) Weiterentwicklung und Umsetzung von strengeren Regeln und Aufsicht, um die Risiken, die von grossen und komplexen Finanzunternehmen eingegangen werden, zu reduzieren. Die Fed plädiert m.a.W. für höhere Eigenkapitalanforderungen und Liquiditätsvorschriften, um das Risikomanagement von Finanzunternehmen zu verbessern. (2) Die zweite Komponente des Fed-Konzepts zielt darauf ab, die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystem zu erhöhen, um auf diese Weise den möglichen Schaden aus einem systemischen Ereignis („systemic event“) wie dem Ausfall eines grossen Unternehmens zu reduzieren. Als Beispiel erwähnt der Fed-Präsident die Einrichtung einer zentralen Clearing-Stelle für die Abwicklung von Credit Default Swaps (CDS) und anderen Derivaten wie beispielsweise Repos. (3) Weil staatliche Aufsicht allein nie ausreichen wird, so Bernanke, um alle Risiken zu antizipieren, sei „ein wachsendes Marktdisziplin“ ein wesentliches Stück jeder Strategie zur Bekämpfung der TBTF-Problematik. Es bedürfe daher eines neuen rechtlichen Rahmens. „Wir brauchen eine Alternative zur Auflösung von gescheiterten Unternehmen, die weder insolvent sind noch Bailout bekommen“. Also eine Auflösungsbehörde („resolution authority“).

Fazit: Strengere Regulierung: gut und schön, aber was, wenn wieder ein Präsident an die Macht kommt wie Reagan oder Bush, der Banken erneut gewähren lässt? Die Grossbanken halten heute nach wie vor daran fest, implizit eine wirksame Erpressung in Richtung Fed und Politik auszuüben: "Rette uns grosszügig, sonst geht die Weltwirtschaft unter". Simon Johnson verweist darauf, dass Paul Volcker all diese Probleme erkenne. Ben Bernanke habe noch die Gelegenheit, sich hinter die Volcker-Regel zu stellen. Aber worauf wartet der Fed-Chef noch?

Schweiz: Notenbankgeldmenge und Geldmultiplikator

Die Notenbankgeldmenge, die zwischen September 2008 und April 2009 massiv zugenommen hatte, ist seither wieder zurückgegangen, wie die SNB heute im Quartalsbericht I, 2010 mitteilt. Grund: Geringere Nachfrage der Banken nach Liquidität. Deshalb hat die SNB die Giroguthaben, welche die Banken bei ihr halten, reduziert, d.h. Liquidität abgeschöpft. Vor der Finanzkrise war das Verhältnis der Notenbankgeldmenge zu den Geldaggregaten sehr stabil, wie die SNB betont. Da die Banken seit dem Ausbruch der Finanzkrise aus Vorsichtsgründen mehr Liquidität halten und gegenseitig kaum Kredite gewähren, hat sich der Geldmultiplikator mehr als halbiert. Der Geldmultiplikator zeigt, in welchem Ausmass die Banken „über Kreditgewährung Geld im Publikum entstehen lassen“. In den vergangenen drei Monaten ist der Multiplikator allerdings wieder etwas angestiegen. Von seinem Normalwert ist er jedoch weit entfernt.


Geldmultiplikator M3, Graph: SNB, Quartalsbericht I, 2010

Muss man sich wegen des Anstiegs des Multiplikators in Richtung Normalwert Sorgen machen? Nein. Die Entwicklung ist geldpolitisch unbedenklich, weil der Anstieg (1) auf den Rückgang der Notenbankgeldmenge und (2) eine vermehrte Geldschöpfung der Banken zurückzuführen ist.

Fazit: Die Deflationsrisiken haben in der Schweiz etwas abgenommen. Kurz- bis mittelfristig ist kein Preisdruck zu erwarten.


Monetäre Aggregate, Graph: SNB, Quartalsbericht I, 2010