Freitag, 31. Dezember 2010

Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe und Beschäftigungswachstum

Die Anzahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe ist in den USA in der vergangenen Woche um 34'000 auf 388'000 zurückgegangen, wie das  US-Arbeitsministerium in Washington mitgeteilt hat. Es ist eine gute Nachricht, dass die Zahl unterhalb der wichtigen Schwelle von 400'000 Arbeitsplätzen, welche die Schaffung von Jobs und den Verlust von Jobs voneinander unterscheidet, gefallen ist. Die Erstanträge spüren die Beschäftigung ausserhalb der Landwirtschaft nach und geben einen guten Messwert über die Konditionen am Arbeitsmarkt wider. Zudem sind diese Daten wöchentlich verfügbar, während die Arbeitslosigkeitsdaten auf monatlicher Basis erhoben werden. Dennoch ist Vorsicht geboten, weil das Verfahren der Saisonbereinigung vor dem Beginn der Feiertage irreführend sein kann. Die gute Nachricht ist m.a.W. mit Unsicherheiten behaftet. Die folgende Abbildung zeigt den Zusammenhang zwischen den Anträgen und der Beschäftigung auf:

Erstanträge versus Beschäftigungswachstum, Graph: Prof. Mark Thoma

Donnerstag, 30. Dezember 2010

Euro-Skeptiker

Mit der gegenwärtigen Euro-Krise rückt das alte Thema „Euro-Skepsis“ wieder in den Blickpunkt der öffentlichen Diskussion. Das Augenmerk richtet sich in den USA u.a. nach der Frage, warum viele US-Ökonomen (einschliesslich Paul Krugman) damals Zweifel am Euro-Projekt gehabt haben. Landon Thomas befasst sich in einem Essay („Europe’s Economic Pail Awakens Old Arguments“) mit der einen Art von Rechtfertigung der Euroskeptiker. In einem bereits vor einem Jahr veröffentlichten Artikel („It Can’t Happen, It’s a Bad Idea, It Won’t Last“) hatten Jonung und Drea sich über die „albernen“ US-Ökonomen, die dem Euro-Projekt mistrauisch gegenüberstanden, mokiert. Hinter dieser Zweifel standen Paul Krugman und Barry Eichengreen, die den Euro in Bezug auf die Theorie des „optimalen Währungsraums“ (optimum currency area) betrachtet hatten.

Dodd-Frank Act: Fahrplan

Der Dodd-Frank Act ist das neue amerikanische Gesetz für die Regulierung der Finanzmärkte. Hauptziele sind (1) Wall Street-Reform und (2) Verbraucherschutz. Die Federal Reserve Bank of St. Louis hat gestern einen informativen und umfassenden Fahrplan für die Verfolgung des Regelsetzungsprozesses von Anfang bis zum Ende veröffentlicht. Wer sich mit dem Verlauf von mehr als 200 Vorschlägen und Regeln, die von verschiedenden Bundesstellen im Rahmen der Umsetzung der Dodd-Frank Wall Street-Reform und des Verbraucherschutz-Gesetzes von 2010 im Einzelnen befassen will, kann darauf (Dodd-Frank Act Regulatory Reform Rules) zurückgreifen.

Warum der Staat jetzt mehr ausgeben soll

Die Ursprünge einer industriellen Depression liegen im Finanzsektor, was von Ökonomen aus dem 19. Jahrhundert wie John Stuart Mill oder Walter Bagehot angemessen erfasst worden ist. Weil nur der Staat die in einer Depression in unzureichender Menge vorhandenen hochwertigen Finanzwerte schaffen kann, ist es Aufgabe der Regierung, das zu tun. Das ist der erste Grundsatz makroökonomischer Politik, bemerkt Brad DeLong in einem lesenswerten Essay(„A Time to Spend“) in Project Syndicate. „Die Regierung muss dafür sorgen, dass das Geldangebot dem Niveau der Nachfrage nach Geld bei Vollbeschäftigung entspricht und dass das Angebot an sicheren Anlageinstrumenten, in denen die Anleger ihr Vermögen parken können, ebenfalls der Nachfrage entspricht“, erklärt der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor. Wie gut haben die Regierungen weltweit in den letzten drei Jahren diese Aufgabe erfüllt?

Mittwoch, 29. Dezember 2010

Rohstoffmärkte im Lichte von Angebot und Nachfrage

Der Goldpreis ist am Mittwoch auf einen neuen Rekordwert geklettert. Mit 1'409 $ näherte sich das Edelmetall seinem letzten Höchststand von 1'430,95$ vom 7. Dezember an. Die Nachfrage nach Rostoffen scheint bei einer anziehenden Weltkonjunktur wieder zuzunehmen. Die Frage nach Rohstoffpreisen bleibt eine merkwürdige Angelegenheit, schreibt Paul Krugman in seinem Blog. Die Leserschaft ist verunsichert, was jetzt los ist. Ist es „money printing“ oder Gier, was die Preise derzeit antreibt? Warum muss es aber immer einer dieser beiden Gründe sein? Warum nicht Angebot und Nachfrage? Was wir sehen, ist ein Anstieg des relativen Preises für Rohstoffe im Vergleich zu anderen Gütern und Dienstleistungen. Das ist, was normalerweise passiert, wenn eine zyklische Erholung der Wirtschaft stattfindet, erklärt Krugman. Es gibt also keinen ersichtlichen Grund, warum das Ganze als ein Anzeichen einer ominösen Inflation angesehen werden soll. Was ist aber mit Spekulation? Aufmerksame Leser werden sich erinnern, dass Krugman in den Jahren 2000-2001 argumentiert hatte, dass Manipulation für die Strom-Krise in Kalifornien verantwortlich war, nicht ein Mangel daran, was später durch die Veröffentlichung der Informationen unter den Händlern belegt worden ist.

US-Kongress und Krankenversicherung

Nächste Woche startet der neue Kongress und damit die Tee-Party Konservativen. Was ist ihre Strategie? Was werden sie demonstrieren? „Sie werden über die Staatsausgaben unendlich meckern. Aber ich weiss nicht, ob sie versuchen werden, mit einer bestimmten Gesetzesvorlage ihre eigene Basis zu mobilisieren und zu beleben“, schreibt Robert Reich in einem lesenswerten Essay in seinem Blog. Das grosse Geld betrifft soziale Sicherheit, Medicare und Verteidigung, welche auch zu beliebt sind. Und ihre Unterstützung für eine dauerhafte Verlängerung der Bush-Steuersenkungen macht jedes Argument zur Bändigung des Defizits zum Gespött, bemerkt der ehem. Arbeitsminister der Clinton-Regierung. Sie werden sich nicht darauf konzentrieren, die Staatsverschuldung zu deckeln. Ihre Oppositione gegen den Anstieg der Verschuldung der öffentlichen Hand bleibt eine eintägige Geschichte. Die meisten Amerikaner sind am Thema nicht besonders interessiert. Und sie wissen nicht, was es bedeutet und sie fühlen sich davon auch nicht besonders betroffen“, argumentiert der an der University of California lehrende Wirtschaftsprofessor.

Dienstag, 28. Dezember 2010

Rohstoffpreise und Inflation

Paul Krugman verweist in seinem Blog noch einmal mit Nachdruck darauf, dass die Rohstoffpreise gewöhnlich stark schwanken, und diese Schwankungsanfälligkeit i.d.R. weder grosse Inflation noch grosse Deflation ankündigt. Krugman liefert die folgende anschauliche Abbildung:


Rohstoffpreise und Inflation, Graph: Prof. Paul Krugman

Korruption in der amerikanischen Politik

„Das Ausmass der politischen Korruption in den USA ist atemberaubend. Es geht jetzt nur noch um Mittel für die Durchführung der Wahlkämpfe, die unglaublich teuer geworden sind“, schreibt Jeffrey Sachs in einem lesenswerten Essay („America’s Political Class Struggle“) in Project Syndicate. Die Kongresswahlen kosteten ca. 4,5 Mrd. $, wobei die Mehrzahl der Spenden von Grossunternehmen und reichen Spendern kommt, so der an der Columbia University lehrende Wirtschaftsprofessor. Diese mächtigen Kräfte, von denen viele unter US-Gesetz anonym operieren, arbeiten unermüdlich, um diejenigen an der Spitze der Einkommenspyramide zu verteidigen, erklärt Sachs.

Montag, 27. Dezember 2010

Israelische Zentralbank belässt Leitzins unverändert auf 2%

Die Bank of Israel (BoI) hat  heute ihren Leitzins bei 2,00% unverändert belassen. Der Zinsentscheid steht laut BoI mit dem schrittweise erfolgenden Prozess der Rückkehr der Zinsen auf ein normales Niveau im Einklang, um die Inflation im Zielbereich fest zu positionieren, und damit zur Erholung der wirtschaftlichen Aktivität weiter beizutragen, bei gleichzeitiger Unterstützung der Stabilität des Finanzsystems. Der Anstieg des Zinssatzes ist nicht vorgegeben, sondern wird in Übereinstimmung mit dem Inflationsumfeld, dem Wirtschaftswachstum sowohl in Israel als auch weltweit, der Geldpolitik der führenden Zentralbanken und der Entwicklung des Wechselkurses von Schekel bestimmt, so die israelischen Währungshüter in der heute veröffentlichten Pressemitteilung. Die Geldpolitik bleibt demnach weiterhin expansiv.


Israel, Central Bank Rate, Graph: Bloomberg.com

Gehen Rohstoffe zu Ende?

Der Ölpreis ist auf 90 $ je Barrel geklettert. Die Preise von Kupfer und Baumwolle sind auf Rekordhöhen (30-Jahres-Hoch) gestiegen. Weizen- und Mais-Preise legen weiter kräftig zu. Die Rohstoffpreise sind in den vergangenen sechs Monaten um ein Viertel gestiegen. Wie hat der Anstieg zu bedeuten? Laufen die Spekulanten Amok? Oder handelt es sich dabei um das Ergebnis übermässiger Geldschöpfung und damit einen Vorboten gloppierender Inflation gleich um die Ecke? Nein und nein, bemerkt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne in NYT. Was die Rohstoffmärkte uns sagen, ist, dass wir in einer endlichen Welt leben. Das rasante Wachstum der Schwellenländer setzt begrenzte Vorräte an Rohstoffen unter Druck und treibt damit die Preise hoch. Und Amerika ist zum grössten Teil nur ein Zuschauer in dieser Geschichte, beschreibt Krugman. Das bedeutet nicht unbedingt, dass die Spekulation keine Rolle spielt. Aber die Tatsache ist, dass die Erholung der Weltwirtschaft auch eine Erholung der Rohstoffpreise mitgebracht hat, was eindeutig auf darauf hinweist, dass die jüngsten Kursschwankungen v.a. fundamentale Faktoren widerspiegeln, legt der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor dar.

Erdöl Preis, Graph: money.cnn.com

QEII und Renditekurve

Die Anleihemärkte deuten auf eine Verbesserung der Wirtschaft hin. Die Zinsstrukturkurve hat sich inzwischen aufwärts verschoben. Der steilere Verlauf signalisiert laut James Hamilton eine nicht mehr so düstere Situation wie vor kurzer Zeit. Auf der anderen Seite bleibt das allgemeine Zinsniveau ein wenig unter dem Wert vor einem Jahr. Was im Grunde passiert ist, ist eine Umkehrung der viel pessimistischen Stimmung, die sich in den ersten acht Monaten des Jahres 2010 entwickelt hatte, beschreibt Hamilton. Ein Grossteil der Abflachung und die Senkung der Zinsstrukturkurve in den ersten acht Monaten waren auf den Rückgang der Inflationserwartungen zurückzuführen. Auch diese tauchen wieder auf, wie die Entwicklung des Spreads zwischen der Rendite der nominalen Anleihen und der Rendite der inflationsgeschützten Anleihen (TIPS) zeigt: Die Realrendite ist zurückgefallen.


Renditekurve, Graph: Prof. James Hamilton, in Econbrowser

Sonntag, 26. Dezember 2010

WikiLeaks und lästige Wahrheiten über die Finanz-Industrie

Verbrechen? Nein! Die Enthüllungsplattform WikiLeaks ist nicht verurteilt worden. Das amerikanische Justizministerium hat nicht einmal Anklage wegen Offenlegung vertraulicher Informationen des State Departements erhoben. Dennoch versucht die Finanz-Industrie, WikiLeaks (eine non-profit Media Organisation) schliessen zu lassen. Visa, MasterCard und PayPal kündigten in den vergangenen Wochen an, dass sie keine Zahlungsgeschäfte, die für WikiLeaks bestimmt sind, abwickeln werden. Anfang dieses Monats hat die Bank of America beschlossen, sich einer Gruppe anzuschliessen, die behauptet, dass „WikiLeaks wahrscheinlich Dinge tue, die nicht im Einklang mit unseren internen Richtlinien für die Verarbeitung von Zahlungen stehen“, wie New York Times berichtet. Die Fed (als Bankenaufsicht) erlaubt es. Ebenso wie andere Unternehmen können die Banken sich aussuchen, mit wem sie Geschäfte machen wollen. Die Verweigerung, ein Konto für eine unerwünschte Person zu öffnen, wird mit dem Argument „Risikomanagement“ begründet. Der Staat selbst verlangt von Banken, ein Auge für zwielichtige Unternehmen offen zu halten, die in z.B. Drogenhandel und Geldwäscherei verwickelt sind.

Stimulierung ohne mehr Schulden: Balanced Budget-Theorem

Das Steuerpaket in Höhe von 858 Mrd. $, welches im vergangenen Monat geschnürt wurde, liefert einige Stimulanz für unsere kränkelnde Wirtschaft, bemerkt Robert Shiller in einem lesenswerten Essay („Stimulus, Without More Debt“) in NYT am Sonntag. Mit der Arbeitslosenquote um 9,8% ist sicherlich noch mehr Stimulierung notwendig, obwohl deficit spendig keine tragfähige Option darstellt. Stattdessen werden wir wahrscheinlich einen grossen Streit über steigende Staatsverschuldung und Druck auf Stornierung der Stimulanz erleben, argumentiert der an der Yale University lehrende Wirtschaftsprofessor. In diesem Zusammenhang gibt es einige gute Nachrichten: Wir brauchen uns nicht mehr zu verschulden, um die Wirtschaft anzukurbeln: Ein Konzept bekannt als das „balanced-budget mulitiplier theorem“ besagt, dass das Volkseinkommen im Einklang mit dem Anstieg der Staatsausgaben für Waren und Dienstleistungen steigt, Dollar um Dollar, wenn der Anstieg der Ausgaben der öffentlichen Hand mit einer Steuererhöhung abgestimmt wird.

Konservative Weltsicht und Gefängnisinsassen

Mike Konczal befasst sich in einem lesenswerten Eintrag in seinem Blog mit der Broken-Windows-Theorie und zeigt in diesem Zusammenhang auf, dass es eine ganz starke Korrelation zwischen konservativer Wirtschaftspolitik und grossen Gefängsnisinsassen gibt. „Es gibt eine gewaltige Explosion in der Rate der Gefängnisinsassen in den USA seit 1970“, bemerkt Konczal. Im Grossen und Ganzen hebt er folgende vier Aspekte hervor: (1) Empirische Studien stellen fest, dass Bundesstaaten mit einem republikanischen Gouverneur und mit einem republikanischem Gesetzgeber (Legislative) einen stärkeren Anstieg inhaftierten Bevölkerung zeigen, und die Wirkung wird seit den 1990er Jahren stärker. (2) Die Kriminalität ist nicht unendlich. Das heisst, dass die Verbrechen von einer relativ kleinen Anzahl von Menschen begangen werden. Wenn man diese Leute von der Strasse wegbringen kann (der Fachbegriff ist „incapacitation“), kann man einen grossen Unterschied machen. Und das ist genau das, was geschehen ist, weil eben keine „incapacitation“ stattfindet, zitiert Konczal aus James Q. Wilsons Buch („Thinking about Crime“).

Wirtschaftliche Freiheit versus Gefängnisinsassen, Graph: Mike Konczal, Rortybomb

Freitag, 24. Dezember 2010

Schweiz: Warum Geldmengenwachstum keine Inflation auslöst

Warum der kräftige Zuwachs  der monetären Aggregate nicht unbedingt zu einem Anstieg der Inflation führen muss, belegen die aktuellen Daten aus der Schweiz, die die SNB heute im Quartalsheft 4, Dezember 2010 veröffentlicht hat. Während die Notenbankgeldmenge stark zugelegt hat, wie man in der anschaulichen Abbildung beobachten kann, ist der Geldmultiplikator regelrecht eingebrochen. Die Inflation ist dabei nicht nur nicht gestiegen, sondern unter die Marke von Null gefallen. Die Kerninflation belief sich im vergangenen Monat auf 0,0%. Im Oktober betrug die Kerninflation, die Informationen über die künftige Entwicklung des Konsumentenpreis-Index (CPI) liefert, sogar Minus 0,1%. Warum? Weil die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Sog der Finanzkrise beinahe zum Erliegen gekommen ist. Woran misst man das? An der Produktionslücke (output gap), die als prozentuale Abweichung des BIP vom geschätzten gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzial berechnet wird. Die Produktionslücke zeigt an, wie gut die Produktionsfaktoren in einer Volkswirtschaft ausgelastet sind.


Geldmultiplikator M3 und monetäre Aggregate, Graph: SNB, Quartalsheft 4, Dezember 2010

Schweiz: Der starke Franken führt zu einem Einbruch der Exporte

Die Normalisierung der Wirtschaftsleistung hat sich in der Schweiz im dritten Quartal fortgesetzt, wie die SNB im heute vorgelegten Quartalsheft 4 mitteilt. Die kräftige Erholung der Ausfuhren hat aber von Juli bis Ende September einen Rückschlag erlitten. Während die Güterexporte wie bereits im zweiten Quartal praktisch stagnierten, sind die Dienstleistungesexporte massiv gefallen, berichtet die SNB. Die Exportentwicklung dürfte angesichts des starken Frankens und der abnehmenden globalen Dynamik schwach bleiben. Der Schweizer Franken lag gegenüber dem US-Dollar Mitte Dezember 12% und gegenüber dem Euro rund 16% über dem jeweiligen Durchschnittswert für 2009.


Schweiz, Exporte, Wachstumsbeiträge, Graph: SNB, Quartalsheft 4, Dez. 24, 2010

Grossbanken: Wieder viel Bonus unter dem Weihnachtsbaum

Es war ein gutes Jahr für die Leute, die die grossen Banken in den USA leiten. Sie haben die Finanzaufsicht zurückgedrängt und sie konnten die Bemühungen der Regulierungsbehörden, ihre Macht zu beschränken, abwehren. Sie und ihre Kollegen ausserhalb der USA haben in diesem Herbst einen grossen Sieg in Basel errungen, wo ein internationaler Ausschuss die Standard-Regulierung für finanzielle Stabilität erlässt, das erforderliche Mass an Eigenkapital für die Banken auf gefährlich niedrigem Niveau belassen hat, bemerkt Simon Johnson in einem lesenswerten Essay in NYT. Wie WSJ berichtet, wurden in den grössten US-Banken, die 2008 Finanzhilfe des amerikanischen Schatzamtes in Anspruch genommen haben, fast 5'000 Bonus Zahlungen in Höhe von 1 Mio. $ gemacht. Dennoch sind die Vorschläge und Diskussionen unter amerikanischen Regulierungsbehörden völlig einleuchtend und gut durchdacht, beschreibt Johnson, „einen beträchtlichen Teil von Bonus einzufrieren, bis wir nach einigen Jahren sehen, wie genau die Banken schaffen“.





Unternehmensgewinne (real), Finanz vs. Nicht-Finanz Unternehmen, Graph: James Kwak, in 13 Bankers

Donnerstag, 23. Dezember 2010

Negative Realrendite für inflationsgeschützte US-Treasury Bonds

Auf der  Versteigerung am 25. Oktober 2010 hat sich erstmals seit der Ausgabe der TIPS (Treasury Inflation Protected Securities) eine negative Realrendite ergeben. Die TIPS sind eins zu eins an die Inflation (CPI) gekoppelt, sodass der Anleger immer den gleichen Realzins bekommt. Investoren haben auf der Auktion TIPS Bonds (Laufzeit: 4 ½ Jahre und Coupon: 0,5%) in Höhe von 10 Mrd. $ zu einem Preis von 105,51% zu Nominalwert von 100,00% gekauft. Der Preis (Kurs der Anleihe) impliziert annualisiert eine Realrendite von Minus 0,55% auf Verfall. Das heisst, dass die Investoren, die diese TIPS Bonds gekauft haben, jährlich 0,5% an Investitionen verlieren werden, und zwar real. Der Preis, der sich auf der Auktion ergab, lag jedoch mit der vorherrschenden Entwicklung auf dem TIPS-Markt im Einklang, wo die Realrenditen bereits unter Null gefallen waren. Der Rückgang der Realrendite hat sich jedoch in Folge der Jackson Hole Rede von Ben Bernanke, dem Fed-Präsidenten am 27. August 2010 beschleunigt, berichtet BIS (Bank for International Settlements) im Quarterly Review (December 2010).


5 Jahre US-Treasury Bonds Rendite und Break-even Sätze, Graph: BIS, Quarterly Review (Dec. 2010)

Geldmengenwachstum ≠ Inflation

James Hamilton knüpft an Menzie Chinns jüngeste Beobachtungen an, um zu zeigen, wie es um Angebot und Nachfrage nach Geld bestellt ist. In einem lesenswerten Eintrag in Econbrowser präsentiert Hamilton als Ausgangspunkt seiner Ausführungen die Quantitätsgleichung des Geldes:

M x V = P x Y

M= Geldmenge, V= Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes, P= Preisniveau und Y= BIP.

Die Grundüberlegung des Monetarismus ist, dass es zwischen dem Wachstum der Geldmenge und jenem des BIP eine stabile Beziehung besteht. „Wir verfügen über direkte Messungen des nominalen BIP (Y). Und wenn wir uns auf eine Definition der Geldmenge (M) einigen, dann haben wir eine Reihe für die Geldmenge. Aber wo haben wir die Daten für das Konzept der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes (V)?“, fragt der an der University of California, San Diego lehrende Wirtschaftsprofessor.


Monetäre Basis und Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes, Graph: Prof. James Hamilton

US-BIP III. Quartal: Aufwärtsrevision resultiert aus Lageraufbau

Das BIP in den USA ist im dritten Quartal nach endgültigen Zahlen um 2,6% gegenüber dem Vorquartal gestiegen. Bei der zweiten Veröffentlichung hatte sich ein Plus von 2,5% ergeben. Die Zunahme blieb jedoch hinter den Erwartungen zurück. Die Endnachfrage, welche das BIP ohne Vorräte darstellt, ist annualisiert nur um 0,9% gewachsen, genau so wie im zweiten Quartal. Der Grund, warum das BIP-Wachstum leicht nach oben korrigiert worden ist, ist der rasche Anstieg der Vorräte, bemerkt Dean Baker. Die Aufwärtsrevision resultiert m.a.W. aus einem höheren Lageraufbau. Der Wert des Lageraufbaus belief sich im dritten Quartal auf 121,4 Mrd. $, der schnellste Anstieg aller Zeiten, hebt Baker hervor. Das hat zu einem mehr als 1,6%igen Wachstum des BIP im vergangenen Quartal beigetragen.


Business Inventories (Lagerbestände), Graph: Fed Atlanta (h/t Mark Thoma)

Mittwoch, 22. Dezember 2010

Bilanzrezession: Private Haushalte vs. Banken

Was können wir aus dieser Rezession lernen? Da das Jahr zu Ende geht und die Wirtschaft sich in der Erholungsphase der Rezession befindet, ist es eine gute Zeit, zurückzublicken und zu fragen, was Politiker hätten besser machen können, um den Abschwung abzumildern. Es gibt viele Wege, die die Politik hätte gehen können: Beispielsweise mehr Hilfe für Bundesstaaten und Kommunen. Mark Thoma konzentriert sich jedoch in einem lesenswerten Essay in The Fiscal Times auf die Fiskalpolitik, um privaten Haushalten aus der Rezession zu helfen. Das ist ein wichtiger, aber allzu oft ignorierter Aspekt der Erholung davon, was als „balance sheet recessions“ (Bilanzrezession) bekannt ist, erklärt der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor. Rezessionen können mit einer Vielzahl von Gründen auftreten. Zum Beispiel durch Ölpreisschocks, Börsencrashs, Immobilienblasen, monetäre Schocks und Produktivitätsschocks. Alle können zu Wirtschaftskrisen führen.



Short and Long Term Trends of Global Economy, Graph: Richard Koo, Balance Sheet Recessions

Fed verlängert Swap Fazilitäten

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat gestern mitgeteilt, in Absprache mit der Bank of Canada, der Bank of England (BoE), der Bank of Japan (BoJ) und der Europäischen Zentralbank (EZB) die temporären Swap-Fazilitäten mit der US-Notenbank (Fed) bis zum 1. August 2011 verlängert zu haben. Aus dem wöchentlichen Bericht der Fed über ihre Bilanz geht hervor, dass die Nutzung der Liquidity Swaps auf 60 Mio. $ vergangene Woche von 9,2 Mrd. $ im Mai zurückgegangen ist, wie Bloomberg mitteilt.

Was sind aber Swap Fazilitäten?


Fed Swap Lines, Graph:  Money Supply (h/t FT Alphaville)

Repo 105 kommt nun vor Gericht

Die anhaltende Finanzkrise hatte am 15. September 2008 mit dem Insolvenzantrag der US-Investmentbank Lehman Brothers ihren Höhepunkt erreicht. Das WSJ hat am Montag davon berichtet. Der New Yorker Generalstaatsanwalt Andrew Cuomo hat gestern zwei Jahre nach der Lehman-Pleite eine zivilrechtliche Anklage gegen Ernst & Young (E&Y) wegen Mithilfe zur Versteckung von finanziellen Problemen erhohen. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat zwischen 2001 und 2008 eine saubere Buchführung bescheinigt.

Mit dem Bilanz-Trick namens „Repo 105-Geschäfte“ hat die inzwischen pleitegegangene Investmentbank den Verschuldungsgrad der Bank verschleiert. Die Repo 105 Transaktionen sorgten dafür, bis zu 50 Mrd. $ an Verpflichtungen kurzzeitig durch vermeintliche Verkäufe von Vermögenswerten verschwinden zu lassen.

Dienstag, 21. Dezember 2010

Kongress fördert „Triple-de“-Effekt

Während sich die Bank of England (BoE) anschickt, die Samen für die nächste Bankenkrise zu säen, indem sie die Aufsicht über die Banken zurückfährt, sagt Spencer Bachus (Rep., Alabama), der demnächst zum Vorsitzenden des House Financial Services Committee wird, in einem Interview mit Birmingham News, dass Washington die Ansicht vertrete, dass die Banken reguliert werden müssen. Er hingegen teile die Ansicht, dass Washington und die Regulatoren den Banken dienen müssen, schreibt William K. Black in einem lesenswerten Essay in Huffington Post. Ron Paul (Rep., Texas) sagt, gefragt nach Bachus Erklärung, er glaube nicht, dass „wir Regulatoren brauchen. Wir brauchen Recht und Ordnung. Der Markt ist ein grosser Regulator“. Diese Bemerkungen haben mehrere Eigenschaften, argumentiert Black, der ehem. Senior Regulator während der S&L-Krise in den 1980er Jahren.

Schweiz: Inflation Null-Nummer, Null-Problem

Der Verlauf der Kerninflation in der Schweiz deutet auch im November darauf hin, dass zumindest in der kurzen Frist keine Gefahr für die Preisstabilität besteht. Die Kernrate, die die Preisentwicklung ohne Nahrung, Getränke, Tabak, Saisonprodukte, Energie und Treibstoffe widerspiegelt, belief sich im vergangenen Monat auf 0,0%. Im Oktober verzeichnete sie mit Minus 0,1% einen historischen Tiefstwert.

Auch die Trimmed Mean Inflation setzt ihren schwachen Trend in der Schweiz fort. Der Wert, der im November 0,5% (Vormonat: 0,4%) betragen hat, entspricht dem Durchschnitt der vergangenen Monate. Bei der Berechnung der Trimmed Mean Inflation (Methode des getrimmten Mittelwertes) schliesst die SNB die Güter mit den stärksten Preisschwankungen nach oben und unten (je 15%) aus dem Landesindex der Konsumentenpreise aus.


Schweiz: Konsumentenpreise und Kerninflation, Graph: SNB, Statistisches Monatsheft Dezember 2010

Grosse Rezession trifft Working Poor hart

Die Grosse Rezession, die für den Anstieg der Arbeitslosigkeit auf höchste Ebenen verantwortlich ist, trägt inzwischen zu einem prozentualen Anstieg der Beschäftigten mit Niedriglohn, sodass immer mehr Menschen am Hungertuch nagen.  Der Anteil der erwerbstätigen Familien, die weniger als 200% der offiziellen Armutsgrenze verdienen (43’512$ für eine vierköpfige Familie) ist laut einem aktuellen Bericht einer nonprofit group („The Working Poor Families Project“) von 28% auf 30% zwischen 2007 und 2009 gestiegen, wie The Washington Post berichtet. Das bedeutet, dass eine von drei Familien mit niedrigem Einkommen in den USA trotz harter Arbeit damit ringt, Grundbedürfnisse zu erfüllen. Insgesamt stellt der Bericht fest, dass die Anzahl der Menschen, die im Niedriglohnsektor beschäftigt sind, um 1,7 Millionen auf 45 Millionen zwischen 2008 und 2009  geklettert ist. Im November betrug die Arbeitslosenquote 9,8%. „Wir tätigen nicht genügend Investitionen, um Familien mit niedrigem Einkommen zu helfen. Leider erschweren die Belastungen des Haushalts die Situation“, sagt Brandon Roberts, co-Autor des Berichts.


Working Families unter 200% der Armutsgrenze, Graph: The Working Poor Families Project, Policy Brief, Winter 2010-2011

Montag, 20. Dezember 2010

QEII gelingt bisher

Die jüngsten Daten zeigen, ist das QEII-Programm der Fed bisher erfolgreich gewesen, sagte James Bullard, Präsident der Federal Reserve Bank od St. Louis in einem Interview mit CNBC. Die Aktienmarkt-Rally, der Anstieg der Renditen für US-Treasury Bonds und die Zunahme der implizierten Inflationserwartungen sind Anzeichen einer klassischen, geldpolitischen Lockerung zur Ankurbelung der Wirtschaft, so Bullard. Der geldpolitische Ausschuss der US-Notenbank sei offen, die notwendigen Anpassung für das QEII-Programm vorzunehmen, wenn die Konditionen es rechtfertigen. Die Fed würde sogar erwägen, das QEII-Programm auszubauen, erklärte Bullard. Das sehe aber in diesem Stadium nicht notwendig aus.

Fed Bilanzsumme, Graph: Manoj Pradhan, Morgan Stanley

Wenn Zombie Ideen die Wirtschaft beherrschen

Marktfundamenstalisten haben sich über alles vollkommen geirrt. Auf beiden Seiten des Atlantiks. Vor der Krise. Nach der Krise. Dennoch dominieren sie die politische Szene durch und durch als je zuvor, bemerkt Paul Krugman in seiner lesenswerten Montagskolumne („When Zombies Win“)  in  NYT. Warum? Ron Paul wird jetzt zum Vorsitzenden eines Ausschusses im Abgeordnetenhaus für die Aufsicht über die US-Notenbank (Fed). Der texanische Abgeordnete, der in seinem Buch für die Abschaffung der Fed plädiert, sagt, nachdem ausser Kontrolle geratene Banken die gesamte Wirtschaft an den Rand des Abgrunds gebracht haben, dass keine Regulierung für Banken notwendig sei. Wie konnte jetzt nach den Erfahrungen mit den Regierungen von jeweils Bill Clinton und George W. Bush eine überparteiliche Einigung über weitere Steuersenkungen erzielt werden? Präsident Clinton hat die Steuern erhöht, was ein spektakuläres Job-Wachstum ausgelöst hat. Präsident Bush hat die Steuern gesenkt, was zu einem saftlosen Wachstum vor der Krise geführt hat. Die Marktfundamentalisten antworten, dass die Wirtschaftspolitik der Obama Regierung gescheitert sei, wegen „big government“.

Geldbasis und Inflation im Sog des Paläo-Monetarismus

Paläo-Monetarismus ist ein Begriff, der von Paul Krugman einst verwendet wurde, um die zunehmend undurchsichtige Bedeutung der Geldmenge (Geldangebot) in den politischen Diskussionen zum Ausdruck zu bringen. Das beste Beispiel dafür ist sicherlich Ron Paul, der jetzt die Aufsicht über die US-Notenbank übernimmt. „Wenn Sie seinen Artikel lesen, dann ist es ganz klar: „Geld ist eine gut definierte Menge, welche von der Fed kontrolliert wird und die Inflation kommt, wenn die Menge sich erhöht“, hebt Krugman hervor. Das Hauptargument der Paläo-Monetaristen ist also, dass „der wahre Mass der Inflation nicht der Preis, sondern die Menge des Geldes“ ist, obwohl es in den letzten drei Jahrzehnten erstaunlich wenig Zusammenhang zwischen den Standard Geldmengen-Aggregaten und der Inflation gegeben hat. Dazu liefert der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor die folgende Abbildung, die den Zusammenhang zwischen der Geldbasis (Notenbankgeldmenge= Giroguthaben der Banken bei der Fed + Notenumlauf) zeigt.


Geldbasis (blaue Linie) und Inflation (rote Linie), Graph: Prof. Paul Krugman

Sonntag, 19. Dezember 2010

Die Heuchler der Woche

Das war eine Woche voller Heuchelei, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog: (1) Die Heuchelei des Apparatschicks: Die republikanischen Mitglieder im Untersuchungsausschuss (FCIC) machten wider besseres Wissen Fannie Mae und Freddie Mac als Ursache der Krise aus. Joe Nocera („Explaining the Crisis With Dogma“) zeigt auf, wie der seltsame Wechsel der Positionen stattfindet: Vor ein paar Jahren hatten die jenigen, die jetzt Fannie Mae und Freddie Mac  beschuldigen, die Kreditvergabe an einkommensschwache Haushalte gefördert zu haben, dieselben staatlich gesponsorten Hypothekengesellschaften angegriffen, weil diese die Kreditvergabe an einkommensschwache Haushalte angeblich nicht unterstützt haben. Damals wurden Fannie und Freddie von der selben Leute heftig getadelt, die privaten Kreditnehmer zurückgewiesen zu haben. Heute behaupten sie, dass diese Hypothekeninstitute den Privatsektor zur Kreditaufnahme verlockt haben. Hat der Staat Schulden, muss er ihrem Motto nach auch Schuld haben.

Mein Name ist Bond: Euro Bond

Der vergangene Woche von Jean-Claude Juncker und Giulio Tremonti unterbreitete Vorschlag, eine europäische Gemeinschaftsanleihe (E-Bond) zu begeben, beinhaltet zwei Inhalte: (1) Die Einrichtung einer European Debt Agency (EDA), die die European Financial Stability Facility (EFSF= EU-Rettungsschirm) ersetzen soll und (2) die Bereitstellung einer neuen Schuldverschreibung (debt instrument). Die Idee, gemeinsame Anleihen zu begeben, ist nicht neu. Das Konzept geht auf Jacques Delors in den 1980er Jahren zurück, schreibt Paolo Manasse in einem lesenswerten Essay („My name is Bond, Euro Bond“) in  voxeu. Es wurde kürzlich vom jüngsten Monti-Bericht an Präsident Barroso erneut aufgegriffen. Laut Juncker, dem Ministerpräsidenten Luxemburgs sollen nicht alle Schulden gemeinsam finanziert werden, sondern nur der Betrag, der 40% dem BIP (jährliche Wirtschaftsleistung) eines EU-Mitgliedslandes entspricht. 100% würde nur in Ausnahmefällen gelten.

Samstag, 18. Dezember 2010

Wann wird die Fed die Geldpolitik straffen?

Laut Federal Reserve Bank of Atlanta (h/t FT Alphaville) erwarten Investoren nun eine Zinserhöhung durch die Fed beginnend im nächsten Sommer. Aber warum?, fragt Paul Krugman zu Recht. Ja, die neuesten Nachrichten deuten auf sich verbessernde Wachstumsaussichten hin. „Wir sind aber in einem tiefen Loch und es würde viel mehr Wachstum erfordern, um so etwas wie Vollbeschäftigung zu bekommen“, argumentiert Krugman weiter. Angenommen hat der schwere Abschwung die NAIRU auf etwa 6% geschleust, was Krugman nicht glaubt. Selbst dann würde es rund 5 Jahre dauern, bis die Wirtschaft ein Wachstum um 4% erreicht, um auf das Niveau zu kommen. Wendet man eine einfache Form von Taylor-Regel an, optimistische Prognosen zugrundelegend, dann ergibt sich daraus Null-Sätze bis zum Ende des Jahres 2012 und darüber hinaus, erklärt Krugman.


Fed Funds Futures Rates, Graph: Federal Reserve Bank of Atlanta, Dec 15, 2010

Rekordjahr für Bankschliessungen: Die Gesamtzahl steigt auf 157

Die FDIC (Einlagensicherungsbehörde) hat am Freitag laut Washington Post 3 kleine Banken in Georgia und je eine Bank in Florida, Arkansas und Minnesota geschlossen. Damit ist die Anzahl der Banken, die im Jahre 2010 verstaatlicht wurden, auf 157 estiegen. Die 6 verstaatlichten Banken verfügen über ein Anlagevermögen von insgesamt 1'226,5 Mio. $. Die Kosten der geschlossenen sechs Banken beträgt für die öffentliche Hand 267,6 Mio. $.

Bankpleiten:
2010: 157
2009: 140
2008: 25
2007: 3

Kapitalaufstockung: Warum verdoppelt die EZB ihr Grundkapital?

Die EZB hat am Donnerstag in Frankfurt angekündigt, dass sie ihr Grundkapital um 5 Mrd. Euro von 5,76 Mrd. Euro auf 10,76 Mrd. Euro erhöhen will. Das Geld wird von den einzelnen nationalen Notenbanken (16 Euro-Länder und die weiteren 11 Euro-Länder, die den Euro bisher nicht eingeführt haben) aufgebracht. Die Einzahlungen sollen auf drei Jahre verteilt werden. Die erste Rate wird am 29. Dezember fällig. Warum stockt die EZB ihr Grundkapital auf? Befürchtet die EZB Verluste aus dem Kauf von Staatsanleihen? Die EZB hat seit Mai rund 72 Mrd. Euro für griechische, portugische, irische und spanische Staatspapiere ausgegeben. Die EZB begründet die Kapitalerhöhung mit der erhöhten Schwankungsanfälligkeit der Devisenkurse, der Zinssätze, des Goldpreises und mit dem Kreditrisiko. Das zusätzliche Kapital soll also Risikovorsorge stärken.

Freitag, 17. Dezember 2010

Angebotspolitik holt Voodoo Economics zurück

Markt ist nervös, lauten die Schlagzeilen in den vergangenen zwei Wochen in den Medien. Warum? Wegen der Aussichten auf enorme Haushaltsdefizite. Es wird aber dabei geflissentlich vergessen, dass die enormen Kosten der Bankenrettung die Staatsschulden treiben. Wenn viele EU-Mitglieder derzeit unter Schulden ächzen, sind die milliardenschweren Rettungspakete für Abzocker in den Führungsetagen der grossen Banken dafür verantwortlich. Mehr als die Hälfte der Neuverschuldung geht auf Rettungsmassnahmen (bailout) zurück. Obendrauf überschlagen sich die Führungsspitzen der Demokraten und der Republikaner plötzlich in lauter Übereinstimmung über die Notwendigkeit grösserer Steuersenkungen, wie Simon Johnson in einem interessanten Essay („Voodoo Economics Revisited“) in Project Syndicate bemerkt. Deutet der parteiübergreifende Konsens darauf hin, dass sich ein neues, stärkeres Amerika anbahnt? Das Gegenteil ist der Fall. Johnson, der ehem. Chefökonom des IWF hält die parteiübergreifende Einigkeit für einen sehr gefährlichen Ansatz hinsichtlich der öffentlichen Finanzen.

Schweizerische Nationalbank: Bilanzsumme und Risiken

Die umfangreichen Devisenkäufe im Sog der Finanzkrise haben die Bilanz der SNB auf derzeit 280 Mrd. Franken verlängert. 260 Mrd. Franken davon sind Währungsreserven. Dazu zählen neben (a) Devisen auch (b) das Gold und (c) die Sonderziehungsrechte des IWF. Berücksichtigt man die Rettungskosten für die grösste Schweizer Bank UBS, dann belaufen sich mehr als 95% der Aktiven der SNB auf Fremdwährungen. Die SNB-Bilanz ist also infolge der Finanzkrise (1) länger und (2) risikobehafteter geworden. Das Wechselkursrisiko bedeutet ferner (3) Ertragsschwankungen. Da die SNB primär Euro gekauft hat, kletterte der Anteil der Euro-Anlagen an den Devisenreserven vorübergehend bis auf 70%. Inzwischen ist der Euro-Anteil wieder auf 55% zurückgeführt worden. Zudem hat die SNB die Währungsrisiken durch erstmalige Anlagen in australische Dollar, Singapur-Dollar sowie schwedische und dänische Kronen weiter diversifiziert. Diese machen zusammen einen Anteil von 3% der Devisenreserven aus, wie Jean-Pierre Danthine am 16. Dezember mitgeteilt hat. Der Grossteil der Nicht-Euro-Anlagen ist weiterhin in USD (25%), japanischen Yen (10%), kanadischen Dollar sowie britischen Pfund investiert.


SNB-Bilanz, geldpolitische Operationen, Graph: SNB

Türkische Zentralbank senkt den Satz für Tagesgeldeinlagen auf 1,50%

Die türkische Zentralbank (CBT) hat gestern ihren Zielsatz für eine Woche  (one-week repo rate) von 7,0% auf 6,5% gesenkt. Die türkischen Währungshüter haben zudem auch den Satz für die Tagesgeldeinlagen (overnight borrowing rate)  von 1,75% auf 1,50% reduziert.

Der Tagesgeldausleihsatz (overnight lending rate) wurde hingegen von 8,75% auf 9,0% erhöht. Die CBT hat ferner den Satz für Kreditfazilitäten für Primärhändler via Repo-Geschäfte von 7,75% auf 8,0% angehoben.


Türkei - Zinssatz für Tagesgeldeinlagen, Graph: Turkish Treasury

Donnerstag, 16. Dezember 2010

Sticky Prices (kurzfristig träge Preise): Nachfrage nicht vergessen!

Casey B. Mulligan macht in einem Essay („Sticky Wages, Sticky Prices and the Keynesian“) in NYT geltend, dass die Lohnsteuersenkung kaum Auswirkungen auf die Produktion entfalten wird, auch nicht in „sticky-price“ Keynesian oder New-Keynesian-Modellen. „Keynesianer, die an sticky-price-Modelle glauben, sind sich einig, dass Arbeitgeber-Steuersenkungen den gleichen Effekt haben wie Arbeitnehmer-Steuersenkungen. Aber beide Steuersenkungen haben eine minimale Auswirkung auf die Beschäftigung, wenn überhaupt, weil es nicht auf die Kosten des Arbeitgebers ankommt, Mitarbeiter anzustellen. Es geht um den Mangel an Nachfrage nach Konsumgütern. Und die Nachfrage würde nur wiederbelebt, wenn die Preise fallen würden“, legt Mulligan dar. "Es ist interessant, wie Prof. Mulligan denkt, dass sticky-price Keynesianer an Nachfrage-Effekte aus Lohnsteuer-Senkungen glaubten. Er geht aber schnell zum Krugman-Modell über, und versagt vollkommen, sich des Nachfrage-Arguments anzunehmen und fokussiert auf die Angebotsseite, bemerkt Menzie Chinn zu Mulligans Beobachtungen.

Steuer-Abmachung: Kosten für 2 Jahre, rose rot: Vorzüge der Republikaner, blau: Vorzüge der Demokraten, Graph: Prof. Menzie Chinn

SNB setzt ihre expansive Geldpolitik fort

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat heute mitgeteilt, dass sie ihre expansive Geldpolitik fortführt. Sie belässt das Zielband für den 3-Monats-Libor weiterhin bei 0% bis 0,75%. Die Schweizer Wirtschaft ist im dritten Quartal 2010 robust gewachsen. Aber die Abschwächung bei den Exporten deutet auf eine deutliche Reduktion des Wachstums in den kommenden Quartalen hin. Die SNB ist um die Stabilität in der Eurozone besorgt. Der Schweizer Franken wertet sich weiter auf. „Falls sich die Anspannungen verschärfen und die wirtschaftliche Entwicklung in der Eurouone belasten sollte“ würde auch die Schweizer Wirtschaft in Mitleidenschaft gezogen“, so die SNB. Sollte eine Deflationsgefahr auftreten, würde die Nationalbank die notwendigen Massnahmen ergreifen, um die Preisstabilität zu gewährleisten.


Schweizer Franken Wechselkurs (real), Graph: Jean-Pierre Danthine, SNB

Inflation und Inflationserwartungen bleiben unter Zielvorgaben

Die US-Notenbank (Fed) dürfte angesichts der aktuellen Inflationsdaten ihr QEII-Programm erleichtert weiter ausführen. Die Inflation und die Inflationserwartungen bleiben nämlich unter den langfristigen Zielwerten der Fed. Der Median CPI (Median Konsumenten-Preisindex) stieg im November nach gestern vorgelegten Angaben der Fed nur geringfügig um 0,1% (Jahresrate: 1,0%). Der 16%-Trimmed Mittelwert legte im vergangenen Monat um 0,1% (Jahresrate: 1,1%) zu.

Bei Median CPI und 16%-Trimmed Mean CPI handelt es sich um Messgrössen der Kerninflation. Die Daten der Fed Cleveland beruhen auf Inflationswerte, die von Bureau of Labor Statistics (BLS) monatlich veröffentlicht werden.



Median CPI, Graph: Brent Meyer, Fed Cleveland

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Warum sollen „Shadow Banking“ und „Deregulation“ aus dem Abschlussbericht gelöscht werden?

Die republikanischen Mitglieder der Financial Crisis Inquiry Commission (FCIC: Untersuchungsausschuss) wollen laut NYT ihren eigenen Bericht erstellen, indem die primäre Schuld an der Krise auf den Staat geschoben wird. Warum? Weil immer der Staat schuld ist, wie Paul Krugman ironisch bemerkt. Alle vier Republikaner stimmten für die Verbannung der Wörter „Wall Street“, „Shadow Banking“, „Interconnection“ und „Deregulation“ aus dem Abschlussbericht. Wie Shahien Nasiripour in  Huffington Post berichtet, beschuldigen Peter Wallison, Keith Hennessey, Bill Thomas und Douglas Holtz-Eakin namentlich Fannie Mae und Freddie Mac, als ob die staatlich gesponsorten Hypothekeninstitutionen für die Immobilienmarktblase in Irland, Island, Lettland und Spanien schuld wären und das Schattenbanken System damit nichts zu tun hätte. Krugman wundert sich, wie die USA regierbar bleiben können, während eine Partei auf der Schaffung ihrer eigenen Realität besteht.


Reale Hauspreise, Graph: via Barry Ritholtz

Ungleichheit als Ursache der Immobilien- und Finanzkrise?

Hat die Ungleichheit die jüngste Immobilien- und Finanzkrise verursacht? Mit dieser Frage befasst sich Edward L. Glaeser in einem interessanten Essay („Does Economic Inequality Cause Crises?“) in NYT. Seit Jahrzehnten gibt es in der Literatur Bemühungen, eine Verbindung zwischen der Ungleichheit und den negativen Folgen in der Wirtschaft herzustellen, wie z.B. geringem Wirtschaftswachstum, mangelndem sozialen Zusammenhalt, Mortalität und zuletzt Finanzkrisen, schreibt der an der Harvard University lehrende Wirtschaftsprofessor. Wenn das stimmt, würden diese Argumente noch mehr Gründe liefern, sich um Einkommensverteilung zu sorgen, hält Glaeser fest: „Wenn es nicht stimmt, sollten wir dennoch über Einkommensungleichheit besorgt sein, weil jeder in einer gerechten Gesellschaft einen anständigen Lebensstandard und die Chance auf Erfolg haben sollte“.


The Income “parade”, Graph: Prof. A. B. Atkinson, Nuffield College, Oxford and London School of Economics, „Inequality and Banking Crisis. A First Look