Dienstag, 24. Mai 2011

Griechenland: Rettung, Zahlungsverzug oder Plan C

Die griechische Schuldenkrise hackt wieder auf uns herum. Die Zeitungen sind mit Artikeln über Konsequenzen für die Eurozone und Empfehlungen dafür, was jetzt zu tun ist, gefüllt, schreibt Perry Mehrling in seinem Blog. Verständlich, da die Eurozone nun die grösste Gläubigerin von Griechenland ist, vielleicht sogar noch grösser, wenn sie auch noch die unbedachte IWF-Exposition übernimmt. Kalifornien hat kein IWF-Paket. Griechenland sollte auch keins haben, bemerkt der an der Barnard College, Columbia University lehrende Wirtschaftsprofessor.

Jürgen Stark, Mitglied des EZB-Direktoriums erzählt uns, dass eine Umschuldung, ob sanft (reprofiling) oder hart (default) eine Katastrophe für das griechische Bankensystem wäre. Aber das griechische Bankensystem hat insgesamt viel weniger Exposition als die Eurozone, einschliesslich der EZB.

Die Grösse der griechischen Schulden im Verhältnis zum BIP ist keine neue Sache. Es stammt aus den 1980er Jahren, als Griechenland im Aufholprozess mit Bezug auf die europäischen Nachbarn versucht hat, seinen Wohlfahrtsstaat zu erweitern. Seitdem unterliegt Griechenland einem Stabilisierungsplan nach dem anderen, aber nie mit mehr als einem nur vorübergehenden Erfolg, legt Mehrling dar.

Das Problem ist offenbar auch nicht die Grösse des griechischen Wohlfahrtsstaates, was unter dem Eurozone-Durchschnitt liegt, sondern die Effizienz der Leistungserbringung (und Korruption). Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt in Griechenland nicht, hebt Mehrling hervor. Der Kern des Problems ist vielmehr, dass das antiquierte System, was die Staatseinnahmen betrifft, es fördert, dass der Staat konsequent ein Haushaltsdefizit von über 10% des BIP aufweist. Die oberen 20% der Einkommensverteilung in Griechenland zahlt überhaupt keine Steuern. Kein Wunder, dass es zu einer Finanzkrise kommt, bekräftigt Mehrling.

Das Problem wird dadurch schlimmer, dass auch die Ausfuhren mit ihrer strukturellen Deckelung konfrontiert zu werden scheinen, welche konsequent von den Ausgaben für die Einfuhren überschritten werden. Das heisst, dass die Schuldtitel, die den Fehlbetrag der öffentlichen Hand finanzieren, zunehmend vom Ausland gehalten werden, schildert Mehrling. Die Schuldtitel werden nach dem griechischen Recht ausgegeben, aber in Euro finanziert, wobei Griechenland nicht in der Lage ist, Geld (d.h. Euro) zu drucken.

Der Punkt ist, wenn diese Analyse der Ursache des Problems richtig ist, dass die von IWF empfohlene fiskalische Sparpolitik (austerity policy) wahrscheinlich nicht viel bewirken kann, argumentiert Mehrling. Wenn das Problem nicht die Höhe der Löhne oder die Grösse des Wohlfahrtsstaates ist, dann hat es keinen Sinn, die Löhne nach unten zu drucken und den Wohlfahrtsstaat zu verkleinern.

Angela Merkel sagt gerne, dass keine echte Wirtschaftsunion möglich ist, wenn ein Mitglied (Griechenland) weniger arbeitet und länger Urlaub macht als andere (Deutschland). Was sie sagen sollte, ist, dass keine echte Wirtschaftsunion möglich ist, wenn die herrschende Klasse (Top 20%) eines Mitglieds der Wirtschaftsunion ihren Anteil an den Kosten der Staatsausgaben konsequent umgeht und erwartet, dass die Wirtschaftsunion die Rechnungen übernimmt oder die untere 80% (Bottom 80%) zwingt, zu zahlen.

Fazit: „Aus dieser Perspektive erscheint die Europäisierung der griechischen Schulden als potenziell eine vielversprechende Entwicklung für die Zukunft. Die griechischen fiskalpolitischen Schwierigkeiten sind letztlich ein politisch-ökonomisches Problem und sie erfordern eine politisch-ökonomische Lösung“, fasst Prof. Mehrling zusammen.

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