Freitag, 27. Mai 2011

Warum Christine Lagardes IWF-Kandidatur problematisch ist

Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde kandidiert für den IWF-Sitz. Was spricht aber dafür, was dagegen? Madam Lagarde ist eine durchaus beachtliche Kandidatin. Aber sie ist nicht eine perfekte Kandidatin: ihre Wirtschaftskenntnisse sind begrenzt, schrieb Martin Wolf am Dienstag in einem Kommentar („Europe should not control the IMF“)  in FT.

Die EU verfügt über knapp 30% der Stimmen in dieser Quasi-Wahl. Der Stimmanteil der USA beläuft sich auf 16,8% und die Amerikaner scheinen zulassen zu wollen, dass ein Europäer den IWF-Sitz bekommt, solange die USA den Sitz der Weltbank behalten können, bemerkt Simon Johnson in einem lesenswerten Beitrag („The Problem With Christine Lagarde“) in NYT. Madam Lagarde kann nun um die Welt reisen und sich entlang der Linien für den altmodischen Kuhhandel engagieren: „unterstützen Sie mich, und ich und Frankreich werden Euch im Gegenzug etwas Passendes anbieten“.

Frau Lagarde hat ein ernstes Problem, was ihre Kandidatur zum Entgleisen bringen könnte, falls es jemals eine nennenswerte, offene oder transparente Diskussion über ihre Verdienste geben sollte, unterstreicht Johnson. Es gibt grosse Konstruktionsfehler in der Eurozone und Frau Lagarde ist die letzte Person, der nicht-europäische Länder Verantwortung übertragen würden, die Probleme zu lösen.

Frau Lagarde wird ausdrücklich als eine Person vorgebracht, die die Interessen der Eurozone vertreten kann, zu der Zeit, wo die Eurozone als Ganzes, einschliesslich Frankreich Hilfe braucht, nicht nur ein paar fehlgeleitete Länder (Griechenland, Irland, Portugal), legt der an der MIT Sloan lehrende Wirtschaftsprofessor dar.

Die Gründungsannahme für die Eurozone im Jahr 1999 wurde in den frühen 2000er Jahren zu einem Mythos, dass die Länder der Eurozone in Bezug auf die Produktivität konvergieren würden. Die Defizit-Länder würden sich mit Krediten aus den Ländern mit Überschuss finanzieren. Die geliehenen Gelder würden produktiv investiert und das Wirtschaftswachstum würde ihnen ermöglichen, die Verschuldung im Verhältnis zu BIP unter Kontrolle zu halten. Nichts davon ist geschehen.

Das meiste davon ist nicht Frau Lagardes Schuld. Sie wurde ja erst im Jahre 2007 französische Finanzministerin, obwohl sie sicherlich eine führende Rolle gespielt hat, abzustreiten, dass Europa ernsthafte Probleme hat, als die globale Finanzkrise 2007 und Anfang 2008 begann, hebt der ehemaliger IWF-Chefökonom hervor. Das grössere Problem ist aber, dass sie und die französische Behörden neuerdings im allgemeinen an der Spitze der Bemühungen gewesen sind, zu leugnen, dass es ein tiefes Problem gibt und sich gegen eine systematische Lösung zur Wehr setzen.

Frankreich hat lange und hart gearbeitet, die Forderungen nach  Eigenkapitalerhöhung für Banken während der kürzlich abgeschlossenen Basel III Verhandlungen zu verhindern. Eigenkapital der Banken ist ein Puffer gegen Verluste. Solange es so gering bleibt, wie die französische Regierung es sich wünscht, gibt es keinen sicheren Weg für alle Länder der Eurozone, Schulden zu restrukturien, erklärt der Autor des Buches 13 Bankers. Niedrige Eigenkapitalausstattung der Banken erzeugt systemische finanzielle Risiko für Europa und die Welt.

In diesem Zusammenhang hat Frau Lagarde mit Bezug auf Griechenland die „keine Umschuldung“-Schule in den vergangenen Monaten geführt. Umschuldung ist keine Art von Allheilmittel. Aber die Möglichkeit völlig auszuschliessen, ist auch nicht schlau, beschreibt Johnson weiter.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) kann potentiell mit Darlehen und technischer Beratung helfen. Aber dieses Geld gehört zur internationalen Gemeinschaft. Es gibt immerhin 187 Länder.

Wenn Frau Lagarde IWF-Chefin wird, würde sie aller Wahrscheinlichkeit nach weiterhin Kredite für die Eurozone werfen. Sollte es auch für Spanien, Italien oder Belgien präventive Programme geben, müsste der IWF die Aktionäre um mindestes weitere 1'000 Mrd. $ Kreditlinien bitten.

Frau Lagarde verkörpert die Strategie des Glückspiels für die Wiederauferstehung der Eurozone mit dem Geld der anderen Leute. Warum sollen die Steuerzahler in den USA und anderswo sie auf dieser Basis unterstützen?

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