Sonntag, 17. Juli 2011

Was ist das öffentliche Kapital?

Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) ist aufgebracht, weil die europäische Bankenaufsicht (EBA) bestimmte Kapitalpositionen nicht als hartes Kernkapital anerkannt, schreibt Floyd Norris in einem Artikel („What Is Capital?“) in NYT.

Peter Dorman, der Norris Kritik an Helaba nicht gelten lassen will, bemerkt in seinem Blog (EconoSpeak), dass es so klingt, als ob Helaba eine Bande von durchtriebenen Administratoren wäre, die versucht, zu verstecken, wie überschuldet sie sind, so wie die Spieler an der Wall Street damals im Jahre 2008. „Es gibt eine Menge über die Landesbanken zu sagen. Aber durchtrieben ist nicht das, was einem in den Sinn kommt“, hebt Dorman hervor.

Das erste, was man wissen müsste, ist, was die Staatsbanken wie Helaba sind: Sie sind öffentlich-rechtlich, und sie stehen auf der Spitze einer Pyramide von tausenden von kommunalen Sparkassen. Zählt man dazu die spezialisierten Immobilienfinanzierer im gesamten öffentlichen Sektor, gehört fast die Hälfte der Bilanzsumme des deutschen Bankensystems zum öffentlichen Sektor, erklärt Dorman.

Die Landesbanken, die auf Kredite an den Mittelstand, kleine- und mittelgrosse Unternehmen, die den Kern der Export-Maschine ausmachen, spezialisiert sind, stellen wichtige Instrumente der deutschen Industriepolitik dar. Wegen der Landesbanken haben Kleinunternehmen so viel Zugang zu Kapital wie Grossunternehmen. Es gibt keine „economies of scale“ (Skaleneffekte) im Finanzwesen. Das bedeutet auch, dass die Arbeitnehmer im Sektor von Kleinunternehmen den gleichen Lohn kriegen wie die im Sektor von Grossunternehmen und sie haben die gleichen Fertigkeiten und Ausbildung, und sie sind genauso produktiv, schildert Dorman ausführlich.

Aber die EU mag die Landesbanken nicht. Sie prangert die explizite und implizite staatliche Subvention an, die die öffentlich-rechtliche Eigentümerschaft mitbringt. Die EU argumentiert, dass die Landesbanken die Wettbewerbspolitik verletzen. Der Streit ist laut Dorman einfach ideologisch: Wenn Sie denken, dass die öffentlich-rechtliche Eigentümerschaft nur eine Ausnahme sein sollte, um spezifische Marktversagen anzugehen, dann möchten Sie die Landesbanken zum Verkauf anbieten. Wenn Sie aber denken, dass die Wirtschaft so organisiert sein sollte, um sozial definierten Bedürfnissen gerecht zu werden, möchten Sie, dass ein grosser Teil der Kapitalallokation für den öffentlich-rechtlichen Input verantwortlich wird. Dann würden Sie dafür kämpfen, die Landesbanken beizubehalten. Im Übrigen: Es ist jetzt auch in den USA eine Bewegung im Gang, die öffentliche Banken zu fördern.

Ein Ergebnis der EU-Kritik war der Druck auf die Landesbanken, wettbewerbsfähige Renditen zu präsentieren. Die Leute, die Geld in diese Banken bringen, sind im öffentlichen Dienst tätig, mit versierten Fertigkeiten, was Formulare und Prüflisten der deutschen Tradition entspricht, aber nicht klug in nouveau finance. Leider haben einige dieser naiven Beamten laut Dorman hypothekenbesicherte Wertpapiere derart hochgefahren, dass sie in der Finanzkrise zusammengebrochen sind, mit Renditen, die von Brüssel verlangt waren, und mit einem Rating von AAA.

Was macht aber das Eigenkapital der Landesbanken aus? Für eine Privatbank wird das Kapital aus privaten Mitteln beschaffen, z.B. durch eine Aktienemission. Für eine öffentliche Bank ist das Kapital das Engagement der öffentlichen Hand, die Verbindlichkeiten der Bank zu garantieren. Das ist die Position, die von der Helaba und den anderen Landesbanken vertreten wird, unterstreicht Dorman.

Der Zynismus, der in den USA gut ankommen mag, muss aber in den europäischen Kontext übersetzt werden, bevor man verstehen kann, warum die Helaba wegen des Stresstest so gestresst ist, fasst Dorman zusammen.

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