Montag, 26. September 2011

Todesfahrt in der Euro-Zone

Paul Krugman fühlt sich nach eigenen Worten in seiner lesenswerten Montagskolumne („Euro Zone Death Trip“) in NYT beängstigt und gelangweilt zugleich, was die derzeitigen Verhandlungen betrifft, wie auf die Wirtschaftskrise in Europa reagiert wird.

Auf der einen Seite ist die Situation in Europa sehr beängstigend, mit Ländern, die ein Drittel der Euro-Zone ausmachen und unter spekulativer Attacke stehen. Während die Einheitswährung in ihrer Existenz bedroht wird, könnte ein Euro-Kollaps grosse Schäden in der Welt anrichten, beschreibt Krugman.

Auf der anderen Seite scheinen die europäischen Politiker darauf zu setzen, mehr von demselben zu liefern wie bisher. Sie werden wahrscheinlich einen Weg finden, um mehr Kredite an Länder in Not bereitzustellen, welche die drohenden Katastrophe abwenden mögen oder nicht. Aber sie scheinen überhaupt nicht bereit zu sein, eine entscheidende Tatsache zu erkennen, dass nämlich ohne weitere expansive Fiskal- und Geldpolitik in Ländern mit starker Wirtschaft alle ihre Rettungsversuche scheitern werden, argumentiert der Träger des Wirtschaftsnobelpreises.

Was bisher geschah: Die Einführung des Euro im Jahr 1999 hat zu einem gewaltigen Boom in der Kreditvergabe an die peripheren Volkswirtschaften Europas geführt, weil die Investoren geglaubt hatten, fälschlicherweise, dass die gemeinsame Währung die griechischen oder spanischen Schuldtitel genauso sicher machen würde wie die deutschen Schuldpapiere. Mit dem abrupten Ende des Kreditbooms ergab sich sowohl eine Wirtschafts- als auch eine Finanzkrise.

Was nun? Europas Antwort war bislang, rigorose Sparmassnahmen zu fordern. Inzwischen werden Notlösungen für die Finanzierung bereitgestellt, bis das Vertrauen der Investoren zurückkehrt. Kann diese Strategie funktionieren?

Nicht für Griechenland. Wahrscheinlich auch nicht für Irland und Portugal. Aber angesichts eines günstigen aussenwirtschaftlichen Umfelds (insbesondere einer starken europäischen Wirtschaft mit einer mässigen Inflation) könnten Spanien und Italien es möglicherweise schaffen, legt Krugman dar.

Leider scheinen die europäischen Entscheidungsträger entschlossen, zu leugnen, was die Schuldner in diesem Umfeld benötigen. Krugman sieht vor diesem Hintergrund überhaupt keine Anzeichen, dass die europäischen politischen Eliten bereit sind, ïhre hard-money und austerity-Dogma zu überdenken.

Ein Teil des Problems dürfte sein, dass diese politischen Eliten eine selektive Erinnerung von der Geschichte haben. Sie lieben es über die deutsche Inflation in den frühren 1920er Jahren zu reden: eine Geschichte, die, wie sie geschehen ist, keinen Bezug auf die gegenwärtige Situation hat. Doch sie sprechen fast nie über ein viel relevanteres Beispiel: die Politik von Heinrich Brüning, dem deutschen Kanzler von 1930 bis 1932, dessen Beharren auf einem ausgeglichenen Haushalt und dem Erhalt des Goldstandard die Weltwirtschaftskrise (Great Depression) in Deutschland viel schlimmer machte als im Rest Europas, was den Weg für etwas bereitete, Sie wissen, was, schildert Krugman.

Nun erwartet Krugman nicht so was Schlimmes in Europa des 21. Jahrhunderts. „Aber es gibt eine sehr grosse Lücke zwischen dem, was der Euro zum Überleben braucht und was die europäischen Staats- und Regierungschefs bereit sind, zu unternehmen oder sogar darüber zu reden, was zu tun ist. Und angesichts dieser Lücke ist es schwer, Gründe für Optimismus zu finden“.

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