Mittwoch, 5. Oktober 2011

Arbeitslosigkeit und Parteipropaganda

Einige Mainstream-Ökonomen und die republikanische Partei behaupten, dass die Unternehmen wegen der Unsicherheit der Regierungspolitik über die Regulierung der Märkte nicht investieren. Das ist natürlich bloss eine parteipolitische Propaganda.

„Die Republikaner haben ein Problem. Die Menschen sorgen sich um die Arbeitslosigkeit. Aber die republikanische Partei bietet keine Lösungsvorschläge. Die GOP fordert Kürzung der Staatsausgaben, was die Beschäftigung sicherlich belasten würde“, schreibt Bruce Bartlett in einem lesenswerten Artikel („Misrepresentations, Regulations and Jobs“) in NYT.

„Die Steuersenkungen für die Reiche und Unternehmen hatten während der Präsidentschaft von George W. Bush keine stimulative Auswirkung. Es gibt daher keinen Anlass, zu glauben, dass sie heute wirksam wären. Und die von der Republikanern oft geäusserte Sorge um das Haushaltsdefizit macht das Argument für Steuersenkungen auch nicht glaubwürdig“, hebt der ehemalige Berater der Reagan und Bush-Regierungen hervor.


Es ist die Wirtschaft, nicht die Steuern oder Regulierung, Graph: Economic Policy Institute

Diese Einschränkungen veranlassen nun die Republikaner, die Idee zu umarmen, dass die staatliche Regulierung der Hauptfaktor für die Arbeitslosigkeit ist. Die GOP behauptet, dass Barack Obama eine Flutwelle von neuen Regelungen in Gang gebracht habe, die die Unsicherheit auslösen, sodass die Unternehmen nicht investieren und die Beschäftigung nicht fördern. Für diese Behauptungen gibt es aber keine harten Beweise, erklärt Bartlett.

Bartlett deutet auf das Bureau of Labor Statistics (BLS) hin, welches seit einigen Jahren ein Programm führt, um die Massenentlassungen zu beobachten. Im Jahr 2007 wurde das Programm erweitert. Die Unternehmen werden von nun an nach den Gründen für die Entlassung von Arbeitnehmern gefragt. In die Fragebögen wurde zu den Gründen auch „staatliche Regulierung/Intervention“ hinzugefügt.


Massenentlassungen verursacht durch die staatliche Regulierung, Graph: Bureau of Labor Statistic (BLS)

Wie man in der Tabelle sehen kann, ist die Zahl der bundesweiten Entlassungen „verursacht durch die Regulierung“ nur winzig und zeigt keine Anzeichen von einer Verschlechterung durch die Obama-Regierung. Die mangelnde Nachfrage für Produkte und Dienstleistungen ist ein viel grösserer Faktor.

Diese Ergebnisse werden durch Umfragen unterstützt:

(1) Im Juni und Juli hat Small Business Majority 1‘257 Kleinunternehmer gebeten, die zwei grössten Probleme zu nennen, mit denen sie konfrontiert sind. Nur 13% der befragten Unternehmer haben Regulierung als eines der Probleme genannt. Fast die Hälfte sagten, dass die Unsicherheit über den künftigen Kurs der Wirtschaft ihr grösstes Problem sei, d.h. die schwache Nachfrage.

(2) Auch die Umfrage von WSJ unter Betriebswirten zeigt, dass der Hauptgrund, weshalb Unternehmen zögern, zu investieren, eher die geringe Nachfrage ist als die Unsicherheit über die 
Regierungspolitik.

(3) Die McClatchy Newspapers haben im August eine Umfrage unter Kleinunternehmen durchgeführt, ob die Regulierung ein grosses Problem sei. Das Ergebnis hat keine Beweise dafür geliefert.

(4) Die neueste monatliche Umfrage unter den Mitgliedern des National Federation of Independent Business (NFIB) zeigt, dass die schlechten Verkaufszahlen bei weitem das grösste Problem darstellt. Während Bedenken wegen Regulierung seit der Amtsübernahme durch Barack Obama gestiegen sind, bleiben sie genau so wie während der Zeit der Reagan-Regierung.

(5) Auch akademische Forschung kann keine Beweise liefern, dass die Regulierung ein wichtiger Faktor in Sachen Arbeitslosigkeit sei.

(a) Jay Livingston bemerkt, dass, wenn die Regulierung ein grosses Problem wäre, es sich in den Arbeitslosenzahlen zeigen würde, und zwar in den Branchen, wo die Regulierung zugenommen hat: Finanzsektor, medizinische Versorgung und Bergbau. Der Autor hat herausgefunden, dass die Arbeitslosigkeit in diesen Sektoren in der Tat deutlich unter dem nationalen Durchschnitt liegt. Die Arbeitslosigkeit ist hingegen in den Branchen höher, wo es an gesamtwirtschaftlicher Nachfrage mangelt: Bau, Freizeit, Gastgewerbe, unternehmensbezogene Dienstleistungen, Gross- und Einzelhandel und langlebige Gütern.

(b) Gary Burtless, ein Ökonom vom Brookings Institution beurteilt, dass die Unternehmen, wenn sie wegen wachsender Regulierung besorgt wären, jetzt investieren würden, um sie zu vermeiden. Aber es gibt keine Indikation dafür: „Der eigentliche Grund für die Zurückhaltung mit Investitionen und Einstellungen ist, dass Unternehmen davon nicht überzeugt sind, ob es potenzielle Käufer gibt, die eine Expansion des Geschäftes rechtfertigen würden“.  

Fazit: Die Unsicherheit in Sachen Regulierung ist ein Märchen, das die Republikaner erfunden haben, um die politische Agenda zu unterstützen. Es ist m.a.W. einfach ein Fall von politischem Opportunismus, und keine ernsthafte Anstrengung, um das Problem Arbeitslosigkeit anzugehen.

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