Samstag, 15. Oktober 2011

Bank-Gewinne mit DVA und CVA

JP Morgan hat am Donnerstag als erste der grossen amerikanischen Banken die Zahlen für das dritte Quartal vorgelegt. Die Bank hat nach eigenen Angaben einen Netto-Gewinn von 1,02$ je Aktie erzielt. Dass der „Gewinn lediglich um 4% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum schrumpfte, sei einem 1,9 Mrd. $ schweren Buchhaltungseffekt und einem gut laufenden Privatkundengeschäft zu verdanken“, sagte Jamie Dimon, CEO der Bank.

Der Gewinn ist m.a.W. auf Wertberichtigungen von Sollposten (als Ergebnis der Ausweitung der Kreditspreads) zurückzuführen. Es handelt sich dabei um debit valuation adjustments (DVA), die dafür gesorgt haben, dass der Verlust aus Wertberichtigungen auf Habenposten (credit valuation adjustments, CVA) ausgeglichen wurde.

Was hat es aber mit DVA und CVA auf sich?

In einem Paper (pdf) von Algorithmics (via FT Alphaville) heisst es, dass CVA für die Banken eine Möglichkeit bieten, sich ausserhalb des Anwendungsbereichs der Kontrollen (im Original: „control mindset of limits“) durch „die dynamische Preisgestaltung des Kreditrisikos der Gegenpartei“ direkt in neue Trades zu bewegen.

Das heisst im Klartext, dass eine Bank sich um das Gegenparteirisiko nicht zu kümmern braucht, solange sie die Risiken „aus der Existenz“ absichern kann. Die regulatorischen Einschränkungen sind also nur für die „Kontrolle der geistigen Haltung“ da.

Viele Finanzinstitutionen preisen das Gegenparteirisiko auf der Basis ihrer eigenen Zahlungsunfähigkeit (DVA) ein und suchen nach dem besten Weg, diese Komponente zu verwalten, erklärt Algorithmics weiter.

Der Einsatz von DVA gewinnt demnach zunehmend an Akzeptanz unter den befragten Finanzinstitutionen und werde von den Vorschriften des Rechnungswesens unterstützt. Viele Marktteilnehmer seien sich allerdings einig, dass das Konzept, an der eigenen zukünftigen Zahlungsunfähigkeit Geld zu verdienen, unnatürlich erscheine und daher eine Antithese zum Geist von CVA darstelle.

Wow! Banken denken also, dass es unnatürlich ist, an der Verschlechterung der Kreditwürdigkeit der Banken Geld zu verdienen.

In der Tat verwenden Institutionen DVA aktiv in der Art und Weise, dass DVA (also die Neubewertung der bestehen den Verbindlichkeiten) monetarisiert werden können. Obwohl es konträr zu sein scheint, sind Finanzinstitutionen motivert, ernsthaft danach zu suchen, eigene Ausfallwahrscheinlichkeit als Folge der jüngsten Erfahrungen der Banken im August 2009 zu hedgen, berichtet Algorithmics.

Hedging von DVA-Komponenten erfolgt manchmal indirekt über den Verkauf von CDS-Schutz für Finanzinstitute, die mit der eigenen Bank hoch korrelieren.

Wenn die Aussage richtig ist, könnte eine Bank, z.B. JP Morgan, versuchen, die Tatsache abzusichern, dass sie den Gewinn von 1,9 Mrd. $ möglicherweise zurücksetzen muss, weil die eigene wahrgenommene Kreditwürdigkeit sich verbessert. Zur Absicherung würde sie für andere Banken, die mit JP Morgan hoch korrelieren, eine Long Position eingehen, indem sie CDS-Schutz für die genannten Banken verkauft.

Willkommen im Matrix!
The blue pill for DVA and the rot pill for CVA.

Der ganze Ablauf wird von FT Alphaville etwa so zusammengefasst:

Die Kreditspreads weiten sich aus à JMP verbucht DVA Gewinne, welche CVA Verluste ausgleichen à JMP will aber DVA Gewinne absichern, indem sie Long Positionen einnimmt für die Finanzinstitutionen, die mit JPM stark korrelieren, und verkauft dafür CDS-Schutz für diese Banken, wofür bärenhafte Investoren möglicherweise bereits Short Positionen innehalten.

Fazit: Eine Bank kann heute auch daran Geld verdienen, wenn die eigene Kreditwürdigkeit sich verschlechtert, solange die entsprechenden Werkzeuge zur Verfügung stehen.

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