Samstag, 8. Oktober 2011

EZB: Langfristige Refinanzierungsgeschäfte

Die EZB hat am Donnerstag zwei Finanzierungsgeschäfte mit 12 und 13 Monaten Laufzeit angekündigt. Die LTROs werden vor dem Ende des Jahres, nämlich im Oktober und im Dezember angeboten werden.

Bei LTROs (longer-term refinancing operations) handelt es sich um langfristige Refinanzierungsgeschäfte der EZB mit den Banken. Die Banken dürfen sich bei der EZB nun bis zu 12 Monaten Liquidität borgen. Bisher galt eine Laufzeit von höchstens 6 Monaten. Das erste Geschäft war im Juni 2009 ausgeschrieben worden. Es wurden damals 442 Mrd. Euro versteigert. Als Referenzsatz gilt der gegenwärtige Leitzins von 1,5%. Das Ziel ist, die Situation am Geldmarkt zu entspannen.

Die Analysten von Morgan Stanley zweifeln in einer aktuellen Forschungsarbeit an der Wirksamkeit der LTROs im Vergleich zum ersten Geschäft im Jahr 2009. Heute gibt eine Überschussliqudität im Finanzsystem. Damals gab es keine. Das Hauptproblem ist heute nicht der Mangel an Liquidität, sondern die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit.


Überschussliquidität im europäischen Finanzsystem, Graph: Laurence Mutkin, Morgan Stanley

Dennoch hat die erneute Ausschreibung von LTROs Vorteile, da die Banken sich jetzt für 12 Monate zu 1,5% Kapital beschaffen können. Der Haken dabei ist, dass die EZB die LTROs in 12 bzw. 13 Monaten nicht verlängern will. Das heisst, dass die Banken das geliehene Geld an die EZB zurückgeben müssen. Es ist daher unwahrscheinlich, anzunehmen, dass die Banken mehr Kredit an Kleinunternehmen verleihen würden, um auf diese Weise die Realwirtschaft zu beleben.

Darüber hinaus besteht für die Banken auch ein Anreiz, Carry-Trade Geschäfte zu tätigen, wie FT Alphaville mit Hinweis auf Analystenberichte nahelegt. Die Banken können sich nämlich mit dem zu 1,5% auszuleihenden Geld italienische oder spanische Staatsanleihen, die im nächsten Jahr auslaufen, kaufen, und die Differenz als Gewinn einstreichen. Denn die genannten italienischen und spanischen Staatspapiere werfen Renditen zwischen 2,35% und 4,40% ab.

Eine Bank, die das Geld (z.B. 1 Mrd. Euro) von der EZB zu 1,5% leiht, und damit kurzlaufende italienische Staatspapiere mit einer Rendite von 3,9% kauft, würde innert 12 Monaten 29 Mio. Euro verdienen, wie Felix Salmon in seinem Blog ausrechnet.


CDS für Staatsanleihen in der Eurozone, Graph: Morgan Stanley

Die EZB hat bestimmt nichts dagegen, da der Kauf der Anleihen aus der EU-Peripherie für eine Entspannung sorgen würde. Es gibt aber auch Risiken. Bisher galten die Staatsanleihen aus Spanien und Italien so gut wie Bargeld. Nach der Herabstufung durch die Ratingagenturen ist es aber nicht mehr der Fall. Das heisst, es wird schwer, diese Anleihen im Repo-Markt als Sicherheit einzusetzen. Die Banken wären jedoch nicht abgeneigt, die Papiere bis zum Ende der Laufzeit zu halten, wenn davon ausgegangen werden kann, dass Spanien und Italien in den nächsten 12 Monaten nicht zahlungsunfähig werden. Und die EZB würde "Zeit gewinnen", indem sie die Probleme in der Eurozone weiter auf die lange Bank schiebt.

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