Freitag, 9. Dezember 2011

Reichen und Mythen über Arbeitsplatzschaffung

Fast ein Vierteljahrhundert ist es seit der Veröffentlichung des Films „Wall Street“ her und der Film scheint aktueller denn je, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Freitagskolumne („All the G.O.P.‘s Gekkos“) in NYT.

Die selbstgerechten Tiraden von Finanz-Tycoons, die den Präsident Obama anschwärzen, lesen sich alle wie Variationen der berühmten „Gier ist gut“-Rede von Gordon Gekko, während die Klagen der Occupy Wall Street Bewegung so tönen, was Gekko privat sagt: „Nun, du bist doch nicht so naiv, zu glauben, dass wir wirklich in einer Demokratie leben, oder Kumpel?“.

Es gibt laut Intrade eine 45%ige Chance, dass ein Gordon Gekko aus dem wirklichen Leben als den nächsten Präsidentschaftskandidaten der Republikaner nominiert werde. Er sei sicherlich nicht die erste Person, die die Ähnlichkeit zwischen Mitt Romneys Karriere und den fiktiven Taten Oliver Stones Anti-Helden bemerke, unterstreicht Krugman. Aber es gibt hier ein Problem, welches tiefer liegt als die Seitenhiebe von Romney.

Für die gegenwärtige Orthodoxie unter den Republikanern gilt, die Reichen nicht einmal zu kritisieren, geschweige denn zu verlangen, dass sie höhere Steuern zahlen, weil sie „Arbeitsplätze schaffen“. Die Tatsache ist jedoch, dass nicht wenige der heutigen Reichen auf diese Weise Arbeitsplätze vernichtet haben, anstatt zu schaffen. Und die Geschäftsgeschichte von Romney bietet ein sehr gutes Beispiel für diese Tatsache, beschreibt Krugman.

Bain Capital, die Privat-Equity-Firma, die Romney von 1984 bis 1999 führte, ist auf Leveraged-Buyouts spezialisiert. Die Idee war, die Gewinne der erworbenen Unternehmen zu steigern und sie dann zu verkaufen. Wo sind aber die erhöhten Gewinne? Das populäre Bild, was in Oliver Stones Film zum Teil gezeigt wird, ist, dass Übernahmen (buyouts) rücksichtslose Kostensenkungen folgen, v.a. zu Lasten der Arbeitnehmer, die entweder ihren Job verlieren oder mit Lohnsenkungen und Kürzungen der Sozialleistungen konfrontiert werden. Die Wirklichkeit ist komplizierter, aber das Ganze enthält mehr als ein Körnchen Wahrheit.

Romney hat also sein Vermögen in einem Geschäft angehäuft, wo es per Saldo um die Vernichtung von Arbeitsplätzen geht. Und weil die Vernichtung von Arbeitsplätzen auf Arbeitnehmer lastet, auch wenn die Gewinne gesteigert und die Einkommen der Topmanager erhöht werden, wirkten die Leveraged-Buyout-Firmen an der Kombination von stagnierenden Löhnen und steigenden Einkommen an der Spitze mit, was Amerika seit 1980 prägt, hält Krugman fest.

Im Gegensatz zu konservativen Behauptungen, sind die Liberalen nicht da, um die Reichen zu verteufeln oder zu bestrafen. Aber sie erheben einen Widerspruch gegen die Versuche der Rechten, genau das Gegenteil zu tun, indem sie die Reichen heilig sprechen und sie daraus ausnehmen, Opfer zu bringen, wie jeder andere Mensch, weil die Reichen angeblich wunderbare Dinge für den Rest von uns tun, argumentiert der Träger des Wirtschaftsnobelpreises (2008).

Die Wahrheit ist, dass es, was für die 1% gut ist oder noch besser für die 0,1%, nicht unbedingt für den Rest von Amerika gut ist. Und Romneys Karriere zeigt diesen Punkt perfekt auf. „Es gibt keine Notwendigkeit und keinen Grund, Romney und andere wie ihn zu hassen. Wir müssen jedoch veranlassen, dass diese Leute mehr Steuern zahlen und wir dürfen nicht zulassen, dass Mythen über die „Schaffung von Arbeitsplätzen“ im Weg stehen“, fasst der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor als Fazit zusammen.

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