Donnerstag, 31. März 2011

Fed strebt mehr Kommunikation an

Die US-Notenbank hat am vergangenen Donnerstag angekündigt, von jetzt an (beginnend am 27. April) vier Pressenkonferenzen im Jahr zu halten. Die Fed will damit nach eigenen Angaben (1) die aktuelle Wirtschaftsprognosen des geldpolitischen Ausschusses (FOMC) präsentieren und (2) zusätzliche Informationen im Zusammenhang mit den geldpolitschen Entscheidungen des FOMC liefern. Die geplanten Pressekonferenzen stellen einen weiteren Schritt in Richtung mehr Offenheit dar. Die Fed war in ihrer Geschichte äusserst geheimnisvoll. Die US-Notenbank hat nie den Versuch unternommen, ihre geldpolitischen Entscheidungen im Voraus zu signalisieren, bemerkt Mark Thoma in einem lesenswerten Essay („Bernanke’s New Quarterly Preiss Conference“) in CBS Money Watch. (a) Der erste Schritt in Richtung mehr Offenheit kam im Jahr 1975 zustande, erinnert Thoma. Die Fed geriet damals in eine erhebliche und berechtigte Kritik über ihre Reaktion auf die Ölpreisschocks und andere Probleme in den frühen 1970er Jahren.

Bailout: Wo die Rettungsaktion schief ging

Obwohl es keine Frage ist, dass das Land von der Verhinderung einer Kernschmelze im Finanzsystem profitiert hat, kann es nicht der einzige Massstab sein, das TARP-Vermächtnis zu bewerten, schreibt Neil Barofsky in einem lesenswerten Essay („Where the Bailout Went Wrong“) in NYT. Die Gesetzgebung (Emergency Economic Stabilization Act), die das TARP verabschiedet hat, verfolgt laut Barofsky weit gefasste Ziele: Diese Main-Street orientierten Ziele waren ein zentraler Bestandteil des Kompromisses mit widerwilligen Mitgliedern des Kongresses, um eine Stimme abzugeben, was sich in mehreren Fällen als politischer Selbstmord erwiesen hat, beschreibt der Generalinspektor für das TARP (Troubled Asset Relief Progmam) von 2008 bis heute. Aber es hat wenig gebracht, um an gesetzgeberisch günstigen Gelegenheiten festzuhalten. Fast sofort verschob sich nämlich der Plan des amerikanischen Schatzamtes für TARP von Kauf von Hypotheken in Richtung von Infusion von Hunderten von Milliarden Dollar in die grössten Finanzinsitute des Landes, legt Barofsky dar.

Türkische Wirtschaft wächst im IV. Quartal um 9,2%

Die türkische Wirtschaft ist im vierten Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal real um 9,2% gewachsen. Von Oktober bis Ende Dezember ist das türkische BIP zu laufenden Preisen um 17,3% auf 298'294 Mio. TRY (d.h. 192,4 Mrd. $) zugenommen. Das BIP hat im Vorjahr um 16,0% zugelegt und zu laufenden Preisen einen Wert von 1’105'101 Mio. TRY (d.h. 712'876 Mio. $) erreicht.

Das Pro-Kopf-BIP ist 2010 auf 15'139 TRY, d.h. 10'079 $ gestiegen.

Das kräftige Wirtschaftswachstum ist (1) auf den privaten Verbrauch und (2) Investitionen zurückzuführen.


Türkei Aussenhandel, Graph: Turkish Statistical Institute

Friedrich Hayek im Sog von Zombie-Ideen

Brad DeLong macht in seinem Blog seine Leserschaft auf einen Brief (1932) von Friedrich Hayek und anderen Ökonomen aufmerksam. Hayek und Co. argumentieren, dass (a) die Defizite die Grosse Rezession verursacht haben und (b) deficit spending die Zinsen erhöht und damit die Depression verschlimmert habe. Wahrlich hat sich seither nichts geändert, bemerkt Paul Krugman dazu: Das Beharren darauf, dass grosse Defizite irgendwie Krise verursachen, selbst wenn Defizite, bis die Krise in vollem Gang war, nicht zum Vorschein gekommen sind. Die Defizite sind deutlich von der Krise verursacht worden, und nicht umgekehrt, hält Krugman fest. Ein Vorgeschmack auf die Debatte ist in Europa vorzufinden. „Dort erklärt jeder, dass die fiskalische Verantwortungslosigkeit die Kernfrage ist, obwohl Irland und Spanien niedrige Verschuldung gehabt und am Vorabend der Krise jeweils Haushaltsüberschüsse aufgewiesen haben“, beschreibt Krugman.



Rendite langfristiger Staatsanleihen versus Überschuss oder Defizit im Haushalt der öffentlichen Hand, Graph: Fed St. Louis (FRED) via Prof. Paul Krugman

Die rote Linie (rechte Skala): Haushaltssaldo (in Mio. $) und die blaue Linie (linke Skala): langfristige Zinsen.

Mittwoch, 30. März 2011

Alan Greenspan will Dodd-Frank Gesetz abschaffen

„Die US-Aufsichtsbehörden werden in den kommenden Monaten durch unvorhergesehene negative Folgen verhext werden, da sie die breite Reihe von Grundsätzen des Dodd-Frank-Gesetzes in ein paar hundert detaillierten Vorschriften übersetzen müssen“, schreibt Alan Greenspan („Dodd-Frank fails to meet test our times“) in einem wunderlichen Essay in FT.

„Das Problem ist, dass die Regulierungsbehörden, und in dieser Angelegenheit jeder andere auch, nicht mehr als einen flüchtigen Blick in das Innenleben der einfachsten der modernen Finanzsysteme werfen können. Die wettbewerbsintensiven Märkte von heute, ob wir es anerkennen wollen oder nicht, werden durch eine internationale Version der „unsichtbaren Hand“ Adam Smiths angetrieben, die nicht einlösbar undurchsichtig ist. Mit besonders seltenen Ausnahmen (z.B. 2008) hat die globale „unsichtbare Hand“ für relativ stabile Wechselkurse, Zinssätze, Preise und Löhne gesorgt“, beschreibt der ehemalige Fed-Präsident.

Aktienmarkt als „safe haven“?

Der DAX ist heute Vormittag wieder auf das Niveau vor der Erdbeben-Katastrophe in Japan geklettert. Der deutsche Aktienmarkt hat also erneut die Marke von 7000 Punkten überschritten. Die Börsianer belenden allem Anschein nach die grosse Unbekannte „Atomunfall und Auswirkungen“ gefliessentlich aus. Auch der Dow Jones-Index präsentiert sich in Kauflaune. Wie Bloomberg TV heute Nachmittag berichtet hat, bezeichnen die Händler den Dow Jones inzwischen sage und schreibe als „sicheren Hafen“ (im Sog der Atom-Katastrophe).


Dax, Aktienindex, Graph: swissquote.ch

Kerninflation: Viel Lärm um Nichts

Wir brauchen uns nicht aufzuregen, dass die Kerninflation die Talsohle erreicht haben dürfte, bemerkt David Beckworth in seinem Blog. Denn eine mögliche Wende in Kerninflation negiert die Tatsache nicht, dass die Nachfrage nach Geld erhöht bleibt und einer kräftigen Erholung der nominalen Ausgaben im Wege steht, argumentiert der an der Texas State University, San Marcos lehrende Wirtschaftsprofessor. Darüber hinaus zeigen die zukunftsweisende Indikatoren der Inflation, dass die langfristigen Inflationserwartungen unter dem implizierten Inflationsziel von 2,0% der US-Notenbank verlaufen, wie der folgenden Abbildung zu entnehmen ist.


Laufzeitstruktur der langfristigen Inflationserwartungen, Graph: Fed Cleveland

Energiepreise lasten auf Verbraucherausgaben

Steigende Energiepreise fordern ihren Tribut. Diese Entwicklung ist an den Ausgaben des persönlichen Verbrauchs (PCE: personal consumption expenditures) zu beobachten. Nachdem das Bureau of Economics Analysis (BEA) am Montag die Details zu PCE-Daten für den Monat Februar veröffentlicht hat, hat Menzie Chinn seine damit zusammenhängende Abbildung aktualisiert und präsentiert sie nun in seinem Blog. Wie leicht zu sehen ist, ist der Anteil der Energie bei den amerikanischen Haushalten nicht unwesentlich. Der  Ausgabenanteil von 6% markiert den Punkt, an dem der persönliche Verbrauch vor ein paar Jahren begonnen hat, Reaktion zu zeigen. Der Anteil im Februar mit genau 5,98% verbucht den höchsten Wert seit Oktober 2008. Für ärmere Haushalte stellt der Energie-Anteil einen deutlich höheren prozentualen Anteil im persönlichen Budget dar.


Energie-Anteil am persönlichen Verbrauch (Daten aus BEA), Graph: Prof. Menzie Chinn in Econbrowser

S&P/Case-Shiller Home Price Index: Hauspreise fallen wieder

Die gestern vorgelegten Daten (bis Januar 2011) von Standard & Poor’s Case/Shiller Index zeigen weitere Verlangsamung der jährlichen Wachstumsraten in 13 von 20 MSAs (Metropolitan Statistical Areas, d.h. Hauptballungsräume) und in den 10- und 20-City Composites im Vergleich zum Bericht vom Dezember 2010. Während der 10-City Index um 2,0% gesunken ist, ist der 20-City Index um 3,1% vom Januar 2010-Stand gesunken. Wie in der Abbildung gut zu beobachten ist, fallen die durchschnittlichen Immobilienpreise in den USA auf das Niveau zurück, wo sie im Sommer 2003 waren.


S&P/Case-Shiller Home Price Index, Graph: Standard & Poor’s

Dienstag, 29. März 2011

Was soll die Fed noch unternehmen?

Die Fed steht unter Druck. Die US-Notenbank wird im Sog der Finanzmarktkrise ständig kritisiert, was sie macht und was sie nicht macht. Vor diesem Hintergrund will Ezra Klein von Christina Romer wissen, was sie sich wünscht, dass die Fed unternimmt. Die ehemalige Wirtschaftsberaterin des US-Präsidenten Obama hat kürzlich die US-Notenbank ernsthaft getadelt, nicht viel zu tun. Frau Romer sagt nun im Interview mit The Washington Post, dass sie an der Uni in diesem Semester die makroökonomische Politik aus der Depression lehrt. Was sie zum Lesen vorgelegt habe, sei eine Forschungsarbeit von Ben Bernanke aus dem Jahr 2002, worin der Fed-Präsident die selbst verursachten Lähmungen der japanischen Wirtschaft analysiert. Romer wünsche sich, dass Bernanke seine Arbeit heute wieder lese. Denn es sei eine Schande, eine weitere Runde der mengemässigen Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) einzuführen und das Ganze mit einem Datum festzulegen. „Warum nicht damit weiterfahren, bis die Wirtschaft sich erholt hat?“, bemerkt die an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessorin.

CDS-Index Optionen: Neue Chips im Kasinobetrieb?

Ein neues Finanzinstrument im Kreditmarkt macht zur Zeit von sich reden: CDS-Index Optionen. Es handelt sich dabei um ein Over-the-Counter Derivat, dessen Preis vom Preis eines anderen Assets abhängt, in diesem Fall vom Markit’s CDS-Index. Der Markt für dieses Finanzinstrument habe inzwischen ein durchschnittliches Handelsvolumen von 5 Mrd. $ pro Woche übertroffen, berichtet Tracy Alloway von FT Alphaville. Ein Over-the-Counter Wertpapier, ein Derivat und es expandiert trotz der Finanzkrise. Da Volumen mit 5 Mrd. $ pro Woche ist zwar nicht unbedingt viel, aber der Trend ist steigend. Wie kommt es? Die Daten deuten auf eine grosse Sache hin. Denn die Übersicht über das Volumen von CDS-Index Optionen oder „Swaption“ lässt viel zu wünschen übrig, obwohl die Regulierungsbehörden seit geraumer Zeit damit beschäftigt sind, den Derivative-Market unter Kontrolle zu bringen. Die Derivate-Branche profitiert allem Anschein nach noch von Ineffizienzen, die es nach der klassischen Theorie gar nicht geben kann.

Der offene Defizit-Brief der Wirtschaftsberater

Joseph Stiglitz erklärt in einem lesenswerten Essay in POLITICO, warum er sich geweigert hat, den offenen Brief der ehemaligen Mitglieder des Rats der Wirtschaftsberater des US-Präsidenten (CEA: Council of Economic Advisors) zu unterzeichnen. Eine hohe Anzahl von ehemaligen Wirtschaftsberatern hat sich vergangene Woche mit einem Schreiben an den US-Präsidenten gewandt, das Haushaltsdefizit abzubauen und die Empfehlungen der Bowles-Simpson Defizit-Kommission als Grundlage für einen Kompromiss zu verwenden. Stiglitz hat nicht unterzeichnet, weil er glaubt, dass die Empfehlungen von Bowles-Simpson im grossen Ausmass eine Reihe von prinzipienlosen politischen Kompromissen vertritt, die Amerika schwächen würden, und zwar mit einem langsameren Wachstum und einer gespaltenen Gesellschaft. „Defizitabbau ist wichtig. Aber es ist ein Mittel zum Zweck, nicht Selbstzweck. Wir müssen darüber nachdenken, welche Art von Wirtschaft und Gesellschaft wir uns wünschen und wie die Steuer- und Ausgabenpolitik helfen können, um diese Ziele zu erreichen“, argumentiert der an der Columbia University lehrende Wirtschaftsprofessor.

Ruinöses Wettrennen um möglichst niedrige Regulierungsstandards

Während Kapital weltweit mobil wird, liefern sich die Regierungen einen Wettlauf nach unten, was die Unternehmensbesteuerung und die Schlupflöcher für die persönliche Besteuerung von hohen Einkommen betrifft, bemerkt Jeffrey Sachs in einem lesenswerten Essay („Stop this race to the bottom on corporate tax“) in FT. Jede Regierung zielt darauf ab, mobiles Kapital durch Senkung der Steuern im Vergleich zu anderen Ländern anzuziehen, beschreibt der Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Columbia University. Das Endergebnis ist, dass sowohl die USA als auch Grossbritannien mit Defiziten in Höhe von rund 10% des BIP ringen, legt der Sonderberater des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (UNO) für die Entwicklungsziele dar. Wir müssen die Defizite sicherlich reduzieren, aber in einer fairen, effizienten und nachhaltigen Weise durch eine höhere Besteuerung der Reichen, die einen Boom des Lebensstandards geniessen und einen beispiellosen Anteil am Volkseinkommen in der modernen Geschichte haben, hebt Prof. Sachs hervor.

Montag, 28. März 2011

Bank of Israel erhöht Benchmark-Zins auf 3,0 Prozent

Die Bank of Israel (BoI) hat heute wie erwartet ihren Benchmark-Zins um 50 Basispunkte auf 3,00% angehoben. Die BoI hat damit die Zinsen den dritten Monat in Folge erhöht. Die israelische Wirtschaft ist im IV. Quartal 2010 um 7,7% gewachsen. Das entspricht dem schnellsten Anstieg seit vier Jahren. Die Konsumentenpreise (CPI) sind im Februar annualisiert auf 4,2% gestiegen. Schliesst man die Komponente für Hauspreise aus, beträgt die Inflation 3,5%. Der Zinsentscheid steht laut BoI im Einklang mit dem schrittweise erfolgenden Prozess der Rückkehr der Zinsen auf ein „normales“ Niveau, in der Absicht, die Inflation im Zielbereich fest zu verankern und zur Erholung der Wirtschaft weiter beizutragen, bei gleichzeitiger Unterstützung der Stabilität des Finanzsystems.


Israel Hauspreise, Graph: IMF Country Report, Jan. 2011

Mehr Beschäftigung durch Lohnkürzung?

Die GOP präsentiert einen recht spektakulären Vorschlag für mehr Beschäftigung: „Eigentlich ein Unkenntniss eingewickelt in einen Trugschluss“, kommentiert Paul Krugman in seinem Blog. Worum geht es? Die Idee ist die folgende: wir entlassen alle Beschäftigte im öffentlichen Sektor und reduzieren Transferzahlungen (Sozialversicherung, SNAP usw.). Das wird die Arbeitslosigkeit erhöhen und einen Abwärtsdruck auf die Löhne ausüben, was dann zu mehr Beschäftigung führen wird.

Damit aber das funktioniert, muss man eine nach unten geneigte Nachfrage nach Arbeitskräften in Abhängigkeit vom Nominallohn haben. Es gibt jedoch keinen Grund zu glauben, dass das der Fall ist. In einer Liquiditätsfalle werden sinkende Löhne wahrscheinlich die Nachfrage nach Arbeit verringern, weil sie die Schuldenlast verschlechtern. „Selbst wenn man diesen Einwand irgendwie umgehen will, ist der Vorschlag ein Unsinn“, hält Krugman fest.

Was sagt „Employment-Population Ratio“ aus?

Brad DeLong (via Mark Thoma) wundert sich, wann das Verhältnis der Beschäftigten zur Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter endlich beginnen wird, zu zunehmen


Civilian Employment-Population Ratio, Graph: Prof. Brad DeLong

Umsetzung der Geldpolitik durch Liquidität

Das geldpolitische Konzept der Schweizerischen Nationalbank (SNB) besteht aus (1) der Definition der Preisstabilität, (2) der Inflationsprognose und (3) der Festlegung eines Zielbandes für den 3-Monats-Libor. Die SNB setzt ihre Geldpolitik durch Zuführung befristeter Liquidität um. „Durch die Zuführung von lediglich befristeter Liquidität zwang die SNB die Banken, laufend neue Liquidität nachzufragen. Über die zugeführte Liquiditätsmenge und deren Zinssatz steuerte die SNB den Geldmarkt“, hielt Dewet Moser vergangene Woche auf einer Veranstaltung der SNB in Zürich fest. Im Rahmen der Devisenkäufe von März 2009 bis Juni 2010 wurde dem Bankensystem unbefristete Liquidität von insgesamt 191 Mrd. Franken zugeführt. „Folglich entstand aus dem Liquiditätsdefizit des Bankensystems ein massiver Liquiditätsüberschuss“, hob das stellvertretende Mitglied des SNB-Direktoriums hervor. Die Nachfrage der Banken nach Liquidität bildete sich schrittweise zurück und kam im Mai 2010 zum Erliegen, so Dewet.


Wandel in der Liquiditätsversorgung, Graph: Dewet Moser, SNB, März 2011.

Sonntag, 27. März 2011

Defizite und Banknotendruckmaschine

Im Anschluss an die gestrige Bemerkungen an MMT (modern monetary theory) will Paul Krugman in einem weiteren Beitrag in seinem Blog die Meinungsverschiedenheit beispielsweise mit Jamie Galbraith (unsere kurze Zusammenfassung: hier) klarstellen. Angenommen, die Wirtschaft hat im Jahr 2017 mehr oder weniger Vollbeschäftigung und das Haushaltsdefizit beträgt 6% des BIP. Spielt es eine Rolle, ob die USA an den internationalen Märkten Staatspapiere verkaufen können oder nicht? Laut MMT ist das Einzige, was wir überprüfen müssen, ist, ob das Defizit einen Nachfrageüberhang schafft, in dem Ausmass, dass es inflationär wird. Die wahrgenommene künftige Zahlungsfähigkeit des Staats ist kein Thema, so die MMT-Position. Krugman ist aber damit nicht einverstanden. Ein Defizit von 6% würde unter normalen Bedingungen sehr expansiv wirken. Aber es könnte durch eine straffe Geldpolitik (tight monetary policy, d.h. Politik des knappen Geldes) ausgeglichen werden, sodass es nicht inflationär ausgeht.

Samstag, 26. März 2011

Defizite: Wann kommt die Hyperinflation?

Defizite spielen derzeit keine Rolle. Es gibt jedoch eine Denkschule (modern monetary theory, kurz MMT), die die Ansicht vertritt, dass Defizite nie eine Rolle spielen, solange der Staat über eine eigene Währung verfügt, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog. Er ist aber kein Anhänger der modernen Theorie der Geldpolitik, hebt der an der Princeton University lehrende Wirtschaftprofesser hervor. Der aufmerksame Leser dürfte fragen: Ist es ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung James Galbraith? Wie auch immer. Der Träger des Wirtschaftsnobelpreises (2008) beschäftigt sich doch lieber mit der „klaren und gegenwärtigen Gefahr“ in wirtschaftspolitischer Hinsicht auf der rechten Seite des politischen Spektrums. Zum Hintergrund: Die Wirtschaft hat Überkapazitäten und steckt in einer Liquiditätsfalle. Der Staat kann sich auf dem Markt zu nahezu Null Prozent Geld leihen. Diese Konditionen werden aber nicht ewig anhalten. Solange aber diese Bedingungen vorherrschen, spielt es keine Rolle, wie weit die Fed die Notenbankgeldmenge (monetary base) steigert. Und es spielt auch keine Rolle, wie viel Defizit monetarisiert wird.


Notenbankgeldmenge (Geldbasis, d.h. Giroguthaben der Banken bei der Fed + Notenumlauf), Graph: Fed St. Louis

Schweiz: Produktionslücke schliesst sich weiter

Wenn die wirtschaftliche Erholung vorankommt, nimmt die Auslastung der technischen Kapazitäten weiter zu. Die Kapazitätenauslastung in der verarbeitenden Industrie ist in der Schweiz im IV. Quartal 2010 von 83,6% auf 84,3% gestiegen, wie die SNB in ihrem gestern vorgelegten Quartalsheft unterstreicht. Wie gut die Produktionsfaktoren ausgelastet sind, zeigt die Produktionslücke (output gap). Es handelt sich dabei um die prozentuale Abweichung des BIP vom geschätzten gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzial. Der potenzielle Output kann nicht direkt beobachtet werden, er muss geschätzt werden. Die Bestimmung des Potenzialwachstums ist für die Geldpolitik sehr wichtig:  Um einschätzen zu können, ob in einer Wirtschaft Überhitzungsgefahr oder Rezession besteht, wird das tatsächlich erzielte Wirtschaftswachstum mit dem Potenzialwachstum verglichen. Die Bestimmungsfaktoren sind das Arbeitsangebot, die Produktivität und der Kapitaleinsatz.


Schweiz Produktionslücke (Output Gap), Graph: SNB, Quartalsheft, März 2011.

FDIC: 26 Bankschliessungen in diesem Jahr

Die FDIC (Einlagensicherungsbehörde) hat am Freitag laut Washington Post eine kleine Bank in Illinois geschlossen. Damit ist die Anzahl der Banken, die im Jahre 2011 verstaatlicht wurden, auf 26 gestiegen, nachdem im Vorjahr insgesamt 157 Banken gescheitert sind.

Die verstaatlichte Bank verfügt über ein Anlagevermögen von 163,1 Mio. $. Die Einlagen belaufen sich total auf 161,4 Mio. $. Die Kosten der geschlossenen Bank betragen für die öffentliche Hand 41,9 Mio. $.

Bankpleiten:
2011: 26
2010: 157
2009: 140
2008: 25
2007: 3

Inflationäre Sorgen

Die EZB schickt sich angesichts der höheren Energie- und Nahrungsmittelpreise an, ihre Leitzinsen demnächst zu erhöhen. Wie geht die Fed damit um? Es gibt in den USA einige Ökonomen, die befürchten, dass die höheren Preise für Rohstoffe sich in höhere Preise für alle Waren und Dienstleistungen übersetzen würden und die Fed in Sachen Inflation nachlässig werde. Stimmt es? „Während die Angst verständlich ist, ist die Sorge fehl am Platz“, bemerkt Laurence H. Meyer in einem lesenswerten Essay („Inflated Worries“) in NYT. Die Furcht resultiert aus einem grossen Missverständnis, ob die Nahrungsmittel- und Energiepreise von heute die allgemeine Inflation von morgen vorhersagen, argumentiert der ehemalige Gouverneur der Fed von 1996 bis 2002. Es gibt zwei grundlegende Messgrössen der Inflation: allgemeine Inflation (headline) und Kerninflation (core), die die Nahrungsmittel- und Energiepreise ausschliesst, weil sie sehr volatil und zumeist vorübergehend sind und nicht unbedingt die Kerninflation-Trends reflektieren, schildert Meyer.

Freitag, 25. März 2011

Der fiskalische Irrglauben

Der portugiesische Ministerpräsident ist zurückgetreten, nach dem das rigorose Sparpaket der Regierung im Parlament abgelehnt worden ist. Die Renditen für 2- und 10jährige Staatsanleihen Irlands sind am Mittwoch auf den höchsten Stand seit der Euro-Einführung geklettert. Die Rendite der Papiere mit 10 Jahren Laufzeit ist bis auf 10,179% gestiegen. Die britische Regierung hat gestern die Wachstumsprognose für 2011 von 2,1% auf 1,7% revidiert. Was haben diese Ereignisse gemeinsam? Sie sind alle Beweise dafür, dass die Ausgabenkürzungen angesichts der hohen Arbeitslosigkeit ein Fehler gewesen sind, schreibt Paul Krugman in seiner Freitagskolumne („The Austerity Delusion“) in NYT. Strenge Verfechter von Austerity Policy (strikte fiskalische Sparmassnahmen) haben vorhergesagt, dass die Ausgabenkürzungen sich schnell auszahlen würden, und zwar in Form von steigendem Vertrauen im Markt. Und es gebe nur wenige, wenn überhaupt, negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung. Das alles hat sich als falsch erwiesen, hält Krugman mit Recht fest.

Geldillusion: Das Ende der Fed?

Wie versprochen präsentiert David Andolfatto nun eine Fortsetzung (unbedingt lesenswert) seines ursprünglichen Beitrags in seinem Blog. „Ron Paul’s Money Illusion“. Der Zweck seines ursprünglichen Beitrags war, eine Aussage, die als Kritik an der Fed zum Überdruss wiederholt wird, zu kritisieren. Die genannte Aussage ist Ron Pauls Buch „End the Fed“, Seite 25 zu entnehmen.

“One only needs to reflect on the dramatic decline in the value of the dollar that has taken place since the Fed was established in 1913. The goods and services you could buy for $1.00 in 1913 now cost nearly $21.00. Another way to look at this is from the perspective of the purchasing power of the dollar itself. It has fallen to less than $0.05 of its 1913 value. We might say that the government and its banking cartel have together stolen $0.95 of every dollar as they have pursued a relentlessly inflationary policy”.

Der erste Teil der Aussage ist wahr, bemerkt Andolfatto. Er möchte daher darauf nicht näher eingehen. Es fragt sich aber, ob diese Tatsache allein eine Quelle grosser Bestürzung sein soll. Der letzte Satz in dem Zitat ist einfach nur falsch, hält der Vizepräsident der Research Division der Federal Reserve Bank von St. Louis fest.

Ist Ford-CEO überbezahlt?

Bob King, der Präsident von „United Auto Workers“ ist nicht gerade froh über das Vergütungspaket in Höhe von 54,5 Mio. $ für Alan Mulally, den CEO von Ford Motors. Ist das Lohnniveau gerechtfertigt? Ein Argument für hohe CEO-Entlohnungen sind die richtigen Anreize für die obere Führungsebene: „Wenn die Vergütung von der Performance des Unternehmens abhängt, dann wird der CEO alles tun, um sicherzustellen, dass es dem Unternehmen gut geht“. Die Theorie setzt sich aber nicht immer in der Praxis um, sodass eine hohe CEO-Entlohnung die Performance eher verschlimmert als verbessert, bemerkt Mark Thoma in einem lesenswerten Essay in CBS Money Watch. Der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor verweist in diesem Zusammenhang auf eine kürzlich vorgelegte Forschungsarbeit von Lucian Bebchuk, Martijn Cremers und Urs Peyer. Die Autoren stellen fest, dass die Entlohnung von CEOs im Laufe der Zeit zugenommen hat und die CEOs einen immer grösseren Anteil an den gesamten Kosten der Entlohnung von vier Führungskräften ausmachen als in der Vergangenheit.

Donnerstag, 24. März 2011

Start-Up Rückgang

Gestern vorgelegten Angaben von Census Bureau zufolge sind in den USA in den vergangenen 12 Monaten 403'765 neue Firmen gegründet worden. Das bedeutet ein Rückgang um 17,3% im Vergleich zum Vorjahr. Zugleich handelt es sich dabei um den geringsten Wert seit 1977. Neue Unternehmen sind eine wichtige Quelle für neue Arbeitsplätze. Ohne sie gibt es kaum Job-Wachstum. Unternehmen, die weniger als ein Jahr alt sind, beschäftigten im März 2009 2,3 Mio. Menschen, wobei die Start-ups ein Jahr zuvor 3 Mio. Menschen einen Arbeitsplatz beschaffen haben, berichtet WSJ.


Start-up Rückgang (USA), Graph: wsj.com

Marktbewegungen und Schock-Doktrin

Es gibt viele Ansichten darüber, was gerade für eine gegebene Bewegung am Markt verantwortlich ist. Manche mit viel Dogma. Manche mit Pragmatismus. Die Republikaner in Washington und Mainstream-Ökonomen diesseits des Atlantiks warnen hemmungslos vor einer erheblichen Haushaltskrise in den USA. Würden die Befürchtungen vor der Zahlungsunfähigkeit des Staates (default) die Zinsen höher treiben (wegen der Angriffe der Bond-Vigilantes), müsste der Zinsanstieg mit abstürzenden Aktienkursen einhergehen. Sollte jedoch auf der anderen Seite der positive konjunkturelle Ausblick der Wirtschaft die Zinsen höher treiben, müssten sich die Zinsen und die Aktienkurse in dieselbe Richtung bewegen, wie Paul Krugman in seinem Blog festhält.



USA: Rendite der Staatsanleihen (10 Jahre) versus Aktienkurse, Graph: Paul Krugman

Fed will mit Reverse Repo beginnen

Die US-Notenbank (Fed) will nach eigenen Angaben am Donnerstag mit einer Reihe von kleinen Reverse Repo-Geschäften beginnen, um sich auf eine spätere Abschöpfung der Überschussliquidität aus dem System vorzubereiten. Die Vorgänge stellen keine Änderung des geldpolitischen Kurses dar, teilt die Federal Reserve Bank, New York auf ihrer Internet Seite. Daraus sollen keine Rückschlüsse im Hinblick auf den Zeitplan für jede Änderung des geldpolitischen Kurses in Zukunft geschlossen werden, so die Pressemitteilung.



Repo-Eröffnung

Türkische Zentralbank hebt Mindestreservesätze kräftig an

Die türkische Zentralbank (CBT) hat gestern den Zielsatz für eine Woche  (one-week repo rate) bei 6,25% unverändert belassen. Zudem bleiben der Satz für die Tagesgeldeinlagen (overnight borrowing rate)  auf 1,50% und der Tagesgeldausleihsatz (overnight lending rate) auf 9,0% unverändert. Die CBT hat ferner auch den Satz für Kreditfazilitäten für Primärhändler (via Repo-Geschäfte) bei 8,0% nicht angefasst.

Die türkische Zentralbank hat jedoch die Mindesreservesätze (RRR: required reserve ratio) wesentlich erhöht:

Für Sichteinlagen bis zu einem Monat: von 10% auf 15%
Für Sichteinlagen 1 bis 3 Monate: von 9% auf 13%
Für Sichteinlagen 3 bis 6 Monate: von 7% auf 9%.


Türkei: Benchmark Anleihe (2 Jahre), Graph: Bloomberg.com

Mittwoch, 23. März 2011

Wo ist die nächste Spekulationsblase?

Wo ist die nächste grosse Spekulationsblase? Auf dem Häusermarkt? Oder auf dem Aktienmarkt? Der S&P-500 Index ist seit dem Tiefpunkt der Aktienmärkte, den 9. März 2008 real um 87% gestiegen. Es sieht nicht wie eine Blase aus, sondern eher wie das Ende einer Depressionspanik, bemerkt Robert J. Shiller in einem lesenswerten Essay („Bubble Spotting“) in Project Syndicate. Der Anstieg der Aktienkurse komme nicht als ansteckende neue Ära daher, sondern eher als ein Seufzer der Erleichterung, argumentiert an der Universtität Yale lehrende Wirtschaftsprofessor. Grosse Spekulationsblasen sind selten. Kleine Blasen, was z.B. den Kurs einzelner Aktien betrifft, passieren ständig, hält der Autor des Buches Animal Spirits fest. Blasen sind aus seiner Sicht „gesellschaftliche Epidemien, die sich durch eine Art interpersoneller Ansteckung ausbreiten“. Eine Blase bildet sich demnach, wenn „die Ansteckungsrate für Ideen, die eine Blasenbildung unterstützen, steigen“. Doch „hängen diese Ansteckungsraten von Denkmustern ab, die schwer zu beurteilen sind“, so Shiller.

Kosten für Nahrungsmittel und Energie

Steigende Nahrungsmittel- und Energiepreise wecken seit geraumer Zeit grosse Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Die Ausgaben für Nahrungsmittel und Energie machen 44,1% des Einkommens (nach Abzug der Steuern) der Haushalte in der untersten 20% der Einkommensverteilung aus, berichtet die Federal Reserve Bank, Cleveland in einer aktuellen Forschungsarbeit. Das Bureau of Labor Statistics (BLS) zeigt in einem jüngsten Bericht, dass die Energiekosten um 2,1% (annualisiert 7,3%) gestiegen sind, was mit dem längerfristigen Trend über die letzten sechs Monate im Einklang stehe. Erstaunlicherweise blieb der Anstieg der Nahrungsmittelpreise mit 1,8% im Jahresvergleich bescheiden. In der Tat ist der Preis für Nahrungsmittel zu Hause nur um 2,7% vom tiefsten Punkt in den letzten zwei Jahren geklettert, so das BLS.


Essen zu Hause als Anteil an Einkommen und Ausgaben, Graph: Federal Reserve Bank, Cleveland, March 2011.

Täuschung mit Spread Ladder Swaps

Die Deutsche Bank muss 541'000 Euro Schadenersatz an ein mittelständisches Unternehmen  zahlen. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Dienstag. Begründung: Fehlerhafte Beratung, wie FTD berichtet. Es handelt sich dabei um einen Spread Ladder Swap. Ein Swap bedeutet einen zukünftigen Austausch von Zinszahlungen (cashflows) gemäss einer im voraus festgelegten Formel. Im konkreten Fall ging es aber nicht um den Austausch von Zinszahlungen. Es handelt sich dabei um eine Wette darauf, wie sich die Differenz zwischen 2-Jahres-Zinsssatz und dem 10-Jahres-Zinssatz entwickelt. Solche Anlageprodukte sind von Anfang an ein Etikettenschwindel.

Der institutionalisierte Betrug im Rechnungswesen

Eines der Paradoxe der wirksamen finanziellen Regulierung ist, dass der beste Weg, Bankern und Banken zu helfen ist, so gut wie nie im Sinne von Unterstützung an die Banker und Banken zu denken, schreibt William K. Black in einem lesenswerten Essay („Why we need regulatory cops on the beat and why they make bankers cringe“) in Benzinga. Die primäre Aufgabe der finanziellen Regulierungsbehörden ist den „institutionalisierten Betrug im Rechnungswesen“ (accounting control frauds) aufzudecken, aus dem Geschäft zu werfen und abzuschrecken, hält an der University of Missouri, Kansas City lehrende Rechtsprofessor fest. Das sind Betrügereien, die katastrophale individuelle Fehlschläge und hyper-aufgeblasene Spekulationsblasen verursachen und wiederkehrende, sich intensivierende Finanzkrisen herstellen. Die „institutionalisierten Betrügereien im Rechnungswesen“ (accounting control frauds) produzieren auch „Echo-Epidemien in anderen Berufen (z.B. Wirtschaftsprüfer, Gutachter, und Rating-Agenturen) und Industrien, wie z.B. Finanzmakler. Betrug erzeugt Betrug und es kann Betrug in ganzen Branchen wie „Liar’s Loans“ endemisch machen. Die Führungskräfte der Investment- und Geschäftsbanken verbreiten die Betrügereien durch die Industrie, andere Sektoren und Berufe durch gezielte Schaffung von „Gresham’s" Dynamik.

Dienstag, 22. März 2011

Japan und Supply Chain

Obwohl die Lage um die havarierten Atomreaktoren äusserst angespannt bleibt, verbreiten die Börsianer „Friede, Freude, Eierkuchen“-Stimmung, und zwar auf beiden Seiten des Atlantiks. Aber auch in Japan zeigt sich der Aktienmarkt im Schwung. Die Aktien von Tokyo Electric, dem Betreiber von Fukushima legten gestern um 16% zu. Sony hat zwar die Produktion ausgesetzt, aber die Aktie kletterte gestern um 3%. Seit der verheerenden Erdbeben/Tsunami-Katastrophe stehen die Bänder bei den Autoherstellern in Japan weiterhin still. Was sich derzeit auf den Finanzmärkten abspielt, hat daher allem Anschein nach eher mit technischem Trading, als mit strategischem Vorgehen zu tun. Denn die weltweiten makroökonomischen Auswirkungen im Nachbeben sind nicht von der Hand zu weisen. Von Apple über General Motors bis Nokia fühlen sich alle global agierenden Unternehmen vom Supply Chain betroffen. Die wirtschaftlichen Rückwirkungen der Katastrophe auf die internationalen Lieferketten materialisieren sich zur Zeit v.a. in den Sektoren Automobil und Informationstechnologie. Die Engpässe sind jedoch sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite zu beobachten.


USD / JPY Wechselkurs, Graph: de.finance.yahoo.com

Schweiz: Inflation verbleibt unter der Marke von 1%

Die Kerninflation lag in der Schweiz nach Dezember (0,0%) und Januar (0,0%) auch im Februar (0,1%) auf Null Prozent. Davor belief sich die Kernrate, die die Preisentwicklung ohne Nahrung, Getränke, Tabak, Saisonprodukte, Energie und Treibstoffe widerspiegelt, drei Monate in Folge auf Minus-Zahlen. Die Preisstabilität in der Schweiz ist gesichert. Die SNB-Einschätzung der Inflationsaussichten gegenüber dem letzten Quartal hat sich nicht wesentlich geändert.



Schweiz: Konsumentenpreise und Kerninflation, Graph: SNB, Statistisches Monatsheft März 2011

Rohstoffpreise im Sog der globalen Konjunktur

Globale Rohstoffpreise sind der globalen Konjunktur, gemessen an der industriellen Produktion gefolgt, schreibt Reuven Glick in einer aktuellen Forschungsarbeit der Federal Reserve Bank, San Francisco. Die Rohstoffpreise sind während der jüngsten Rezession gefallen und mit der Erholung wieder angestiegen, was die Nachfrage nach Rohstoffen v.a. aus Entwicklungsländern wie China erhöht.


Rohstoffpreise folgen der weltweiten Nachfrage, Graph: Reuven Glick, Fed San Francisco

Alan Greenspans Geschimpfe

Alan Greenspan beklagt sich in einer neu vorgelegten Studie darüber, dass Präsident Obamas Aktivismus die konjunkturelle Erholung verhindere. Paul Krugman fragt sich in seinem Blog, ob er auf schwache Argumentation oder die schlampige Ökonometrie eingehen soll. Oder soll er sich damit befassen, dass Greenspan eine grosse Literatur in Sachen Unternehmensinvestitionen ignoriert. Krugman hält es für besser, den Ton, den Greenspan in seiner Studie anschlägt, in den Vordergrund zu stellen. Während andere Wissenschaftler anhand von Modellen arbeiten, ist der ehem. Fed-Präsident ein weiser Orakel, der die tiefen Geheimnisse des menschlichen Verhaltens kennt, beschreibt Krugman spottisch. „2011 ist nicht 2006. Greenspan ist ein ex-Maestro. Sein Ruf ist die Radieschen von unten anzuschauen“, schildert der Träger des Wirtschaftsnobelpreises (2008). Greenspan ist nicht mehr der „Man Who Knows“. Er stand einer Wirtschaft, die in die schlimmste Krise seit der Grossen Depression geriet, vor. Und er sah nichts Böses und er hörte nichts Böses. Er weigerte sich, etwas über Subprime zu tun. Er bestand darauf, dass Derivate das Finanzsystem stabiler machen und er wies es nicht nur zurück, dass es sich dabei um eine nationale Immobilienblase handelt, sondern dass es eine Blase überhaupt möglich ist, schildert Krugman weiter.


Das einzig allerwichtigste Problem (Umfrageergebnisse unter Kleinunternehmen), Graph: Prof. Brad DeLong

Montag, 21. März 2011

Grossbritannien: Eine grüne Investmentbank

George Osborne, der Schatzkanzler der britischen Regierung will am Mittwoch den Haushalt für 2011 vorstellen. Die Erholung der Wirtschaft kam in Grossbritannien ins Stocken, bevor die Regierung mit den Ausgabenkürzungen begann, schreiben Robert Skidelsky und Felix Martin in einem Kommentar (“A way out of Britain’s growth dilemma“) in FT. Auf der anderen Seite ist die einfache Lösung der Abschwächung des rigorosen Sparkurses (fiscal austerity), um ein Abgleiten der Wirtschaft in eine double-dip-Rezession zu verhindern, weder finanziell noch politisch realistisch, bemerken die Autoren. Was feststeht, ist, dass die private Nachfrage ohne Unterstützung nicht hinreichen wird, die britische Wirtschaft in Vollbeschäftigung zurückzubringen. Was ist aber der beste Weg, aus dem Dilemma zu kommen? Skidelsky und Martin deuten darauf hin, dass Osborne im Juni 2010 im „Notfall Haushaltsplan“ die Einrichtung einer grünen Investmentbank angeregt hatte. Die Idee ist der letzten Labour-Regierung entlehnt worden. Die Finanzierung der Investmentbank wurde jedoch inzwischen aufgeschoben und von den Einnahmen aus der Privatisierung abhängig gemacht.


Grossbritanniens Haushaltszahlen für 2011, Graph: Anthony O’Brien, Morgan Stanley

OBR: The Office of Budget Responsibility’s
PSNB: The Public Sector Borrowing Numbers
CGNCR: The Central Government Net Cash Requirement

Nächste Debatte: Verbraucherschutz

Die Konsumausgaben machen etwa zwei Drittel der US-Wirtschaftsleistung aus. Zudem ist bekannt, wie die globale Finanzkrise gezeigt hat, dass die Verbraucher von der Finanzbranche in einer inakzeptabler Weise misshandelt werden. Die nächste grosse politische Debatte in Washington wird daher wahrscheinlich über das „Consumer Financial Protection Bureau" (CFPB: Verbraucherschutz-Behörde) stattfinden, ob Elizabeth Warren die erste Vorsitzende werden wird oder nicht, schrieb Simon Johnson vergangene Woche in einem lesenswerten Essay („Who’s Afraid of Elizabeth Warren?“) in NYT. Die Harvard-Juristin war von Präsident Barack Obama beauftragt worden, die Behörde aufzubauen. Das Finanzministerium behält aber die Zuständigkeit des Präsidiums. Bis ein dauerhafter Direktor nominiert und vom Senat bestätigt wird, hat die US-Notenbank die Aufsicht über das CFBP. Der Präsident hat Frau Warren bisher für den Posten nicht nominiert, aber auch nicht angedeutet, ob er sie sich für das Amt wünscht oder nicht. Die Republikaner und die Banken-Lobby argumentieren unterdessen, dass die Regulierung im Allgemeinen übermässig ist und die Regulierung von Finanzprodukten im Besonderen unnötig und für das Wirtschaftswachstum sogar gefährlich ist. Es zeichnet sich also ein politischer Streit nach den klassischen rechts-links-Merkmalen ab.

Sonntag, 20. März 2011

Geldnachfrage und wirtschaftliche Erholung

Die Geldnachfrage bleibt erhöht und stellt weiterhin eine Belastung für die Wirtschaft dar, bemerkt David Beckworth in seinem Blog. Diesen Schluss zieht der an der University of Texas, San Marcos lehrende Assistant Wirtschaftsprofessor aus der Analyse der „Flow Funds“-Daten der Fed im IV. Quartal 2010. Die Daten zeigen, dass der Anteil des nicht-finanziellen Privatsektors an liquiden Vermögenswerten relativ hoch bleibt. Haushalte und Unternehmen halten weiterhin deutlich mehr liquide Mittel als in den vorhergegangenen Rezessionen. Die gute Nachricht ist, dass der Anteil an liquiden Mitteln im IV. Quartal etwas gefallen ist. Der Rückgang setzt sich zu Beginn des Jahres 2011 fort, obwohl die jüngsten globalen Ereignisse dies ändern könnten, bekräftigt Beckworth.



Kombinierte Bilanz der Haushalte, gemeinnütziger Organisationen, Unternehmen und non-corporate Businesses als Prozentsatz des gesamten Vermögens und M3 Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes, (Stand: IV. Q. 2010), Graph: Prof. David Beckworth

Was sagen die „Flow Funds“-Daten der Fed aus?

Die Flow of Funds Daten der Fed liefern aufschlussreiche Diagramme. Die beiden Abbildungen, die der Blog Global Macro Monitor präsentiert, zeigen die Netto-Zuflüsse in die US-Treasury Bonds durch Gläubiger-Typen und die Kreditaufnahme durch den Staat pro Quartal. Die vierteljährlichen Daten sind annualisiert. Die erste Grafik zeigt, wie die QE2 inländische Investoren (domestics) aus den US-Treasury Bonds „verjagt“ und in der Tat 63% des Haushaltsdefizit im IV. Quartal finanziert hat. Das amerikanische Schatzamt darf an die US-Notenbank direkt keine Staatsanleihen verkaufen. Aber es finanziert die Regierung durch POMO (Permanent Open Market Operations*). So wie es aussieht, wurde das US-Haushaltsdefizit im IV. Quartal zu 90% durch die ausländischen Zentralbanken (weltweit) finanziert.


„Wer finanziert das US-Haushaltsdefizit?“, Graph: Global Macro Monitor

Quantitative Easing versus Operation Twist

Die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (quantitative easing, kurz: QE) durch die US-Notenbank ist sicherlich ein kontroverses Thema. Eric T. Swanson, San Francisco Fed vertritt die Ansicht, dass die Wirksamkeit der QE-Politik sich vervierfachen würde, wenn die US-Notenbank mit dem Schatzamt (Treasury) zusammen arbeiten würde. Vor diesem Hintergrund verweist Swanson in einer aktuellen Forschungsarbeit  („Let’s Twist Again: A High-Frequency Event-Study Analysis of Operation Twist and Its Implications for QE2“, February, 2011) auf einen früheren Versuch der QE-Politik. In den frühen 1960er Jahren haben die Fed und das Schatzamt (US Treasury) eine gemeinsame Strategie, die unter dem Namen „Operation Twist“ bekannt ist, verfolgt. Demnach würde die Fed Staatsanleihen mit langfristiger Laufzeit kaufen, um die Rendite am langfristigen Ende der Renditekurve nach unten zu drücken. Im Gegenzug würde das amerikanische Schatzamt Schatzwechsel mit kürzerer Laufzeit verkaufen, um das Anleihekauf-Aktivitäten der Fed zu finanzieren.

Samstag, 19. März 2011

Ökonomen und Wirtschaft in der Liquiditätsfalle

Paul Krugman antwortet in seinem Blog erneut auf Arnold Kling, was unter einer „Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle“ zu verstehen ist. Denn Kling beschwert sich in seinem Blog, dass Krugman viel zu viel über die Liquiditätsfalle redet, aber immer noch nicht den Punkt trifft. „Die Wirtschaft ist in einer Liquiditätsfalle, selbst wenn ein Nominalzins von Null nicht ausreicht, um die Vollbeschäftigung wiederherzustellen. Das war’s“, bekräftigt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises (2008). Es gibt jedoch einige Folgen dieser Situation. Eine davon ist, dass eine erhöhte Kreditaufnahme durch den Staat (oder durch wen auch immer) die Zinsen nicht nach oben treibt. Und das ist der Sinn, wo das niedrige Zinsniveau jetzt, niedriger als vor dem Anstieg des Defizits, ein Nachweis dafür darstellt, dass die Theorie der Liquiditätsfalle gilt, hält Krugman fest. „Das ist wirklich nicht schwer zu verstehen, wenn man die Worte lesen kann oder wenn man ein gebildeter Ökonom ist, kann man sich auch mit den formalen Modellen auseinandersetzen. Es ist nur verwirrend, wenn man es nicht verstehen will“, schlussfolgert der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor.


Was für eine verrückte Wirtschaft! (Topsy-turvy Economics), Graph: Gauti B. Eggertsson und Paul Krugman in: „Debt, Deleveraging, and the Liquidity Trap”, November 2010.