Sonntag, 12. Februar 2012

Depression und Confidence Fairy

Der Ausdruck „Vertrauen Fee“ (confidence fairy) ist auf Paul Krugman zurückzuführen. Der Träger des Wirtschaftsnobelpreises hat in seinem Blog im Verlauf des ökonomischen Diskurses vor allem mit Bezug auf die anhaltende Euro-Krise diese Wortschöpfung hervorgebracht, um die absurde Logik des wirtschaftlichen Analphabetismus der Anhänger der Sparpolitik (fiscal austerity) mitten in einer tiefen Depression plakativ blosszustellen.

Die Confidence Fairy gehört auf alle Fälle in die Kategorie Wirtschaftsfantasien und steht mit dem Glaubenssatz der expansiven Sparpolitik (expansionary austerity) eng im Zusammenhang.

Es gibt natürlich keine Vertrauen-Fee.

Euro-Krise ist keine Staatsschuldenkrise, sondern eine Folge der von den Finanzunternehmen im Schattenbanken System ausgelösten Finanzkrise. Es hat daher mit einer schlechten Haushaltsführung nichts zu tun.

Wie kann eine Wirtschaft gedeihen, wenn die Arbeitslosigkeit bereits so hoch ist und die Beschäftigung durch die radikale Senkung der Staatsausgaben weiter gesenkt wird? Vertrauen. Das war die Antwort von beispielsweise Jean-Claude Trichet, dem ehemaligen EZB-Präsidenten. Der Vorgänger des heutigen EZB-Chefs Mario Draghi ist ein strenger Verfechter der Doktrin der expansiven Sparpolitik. „Im gegenwärtigen Marktumfeld werden vertrauensschaffende Massnahmen die wirtschaftliche Erholung ankurbeln, nicht erschweren“, pflegte Trichet zu sagen.


Rendite der Staatsanleihen im Vergleich, USA und Grossbritannien, Graph: Prof. Paul Krugman

Die Idee ist, dass die Ausgabenkürzungen der öffentlichen Hand das Vertrauen der privaten Haushalte und der Unternehmen steigern. Und dieses Vertrauen kurbelt die privaten Ausgaben so an, dass die negativen Effekte der Kürzung der Staatsausgaben mehr als wettgemacht werden.

Solche Aufrufe nach Vertrauen Fee waren nie glaubwürdig, unterstreicht Krugman und deutet auf eine aktuelle Forschungsarbeit („Painful Medicine“) von IWF hin, wo die Forscher und anderswo den vermeintlichen Beweis, dass die Ausgabenkürzungen Arbeitsplätze schaffen, schnell entlarven.

Doch einflussreiche Menschen auf beiden Seiten des Atlantiks überschütten die Propheten der Fiscal Austerity mit Lob, insbesondere David Cameron, weil die Doktrin der expansiven Sparpolitik mit ihren ideologischen Programmen eng verzahnt ist.

Heute erinnert der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor an die Ankündigung von George Osborne vom Juni 2010. Der Schatzkanzler begründete den Sparplan der Regierung David Cameron mit dem nachdrücklichen Hinweis auf Vertrauen:

„Höhere Zinsen, mehr Insolvenzen, schärferer Anstieg der Arbeitslosigkeit und möglicherweise sogar ein katastrophaler Verlust an Vertrauen und das Ende der Erholung. Wir können das alles nicht zulassen. Dieses Budget wird benötigt, um mit den Schulden unseres Landes umzugehen. Dieser Haushalt wird benötigt, um unserer Wirtschaft Vertrauen zu geben. Das ist ein unvermeidliches Budget“.

(meine freie Übersetzung)

Wie sieht es heute aus?

Die Cameron Regierung weist gern auf niedrige britische Zinsen hin, welche nicht einfach nur das Ergebnis der Flucht in den sicheren Hafen Staatsanleihen ist, wie in jedem fortgeschrittenen Land mit der eigenen Währung der Fall ist.
Dennoch hat das Engagement der britischen Regierung für eine verantwortungsvolle Finanzpolitik nicht zu einem Anstieg des Vertrauens geführt, wie in der nachfolgenden Abbildung deutlich zu sehen ist.


Grossbritannien Vertrauensindex, Graph: Prof. Paul Krugman

Fazit: Die europäischen Regierungs- und Staatschef begründen heute die rigorose Sparpolitik mit dem Vertrauensverlust der privaten Haushalte in die Staaten, die vor der Krise angeblich fiskalpolitisch verschwenderisch gehandelt hätten.

Es gibt aber kein Vertrauen der privaten Haushalte, welches sich gegen die mangelhafte Nachfrage einsetzen liesse, um das System zu stabilisieren. „Man weist den privaten Haushalten eine makroökonomische Stabilisierungsrolle zu , die ihrer mikroökonomischen Logik klar widerspricht“, legt Heiner Flassbeck in seinem lesenswerten Buch („Zehn Mythen der Krise“) dar.

Was heute in Europa unter dem Diktat von Merkel geschieht ist, die Euro-Krise über interne Abwertung (internal devaluation) zu lösen. Die Folge wird Deflation sein.

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