Montag, 23. April 2012

Korrelation zwischen Verschuldung und Wirtschaftswachstum


Eine wichtige Frage, die im Sog der Finanzkrise immer wieder aufgeworfen wird, lautet, ob hohe Schuldenstände das Wirtschaftswachstum reduzieren?

Eine positive Antwort würde nahelegen, dass eine expansive Fiskalpolitik, die die Staatsquote (d.h. das Verhältnis der Schulden zum BIP) erhöht, auf die lange Sicht das Wirtschaftswachstum verringern würde, wenn sie auf kurze Sicht wirksam ist.

Die meisten Entscheidungsträger scheinen heute zu denken, dass die Verschuldung das Wachstum bremt, schreiben Ugo Panizza und Andrea F. Presbitero in einem lesenswerten Artikel (“Is high public debt harmful for economic growth?“) in Voxeu. Diese Ansicht steht mit empirischen Beobachtungen im Einklang, die zeigen, dass es eine negative Korrelation zwischen der öffentlichen Verschuldung und dem Wirtschaftswachstum gibt und die Korrelation besonders stark ist, wenn die Verschuldung sich gegen 100% des BIP annähert, unterstreichen die Autoren.

Korrelation bedeutet aber nicht Kausalität. Die Verbindung zwischen Schulden und Wachstum könnte durch die Tatsache angetrieben werden, dass es das schwache Wirtschaftswachstum ist, welches zu einer höheren Verschuldung der öffentlichen Hand führt.

Die Feststellung des Vorliegens eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Schulden und Wachstum erfordert jedoch Sicherstellung, was die Ökonomen „instrumental variable“ (siehe dazu mehr hier) nennen.

Panizza und Presbitero deuten vor diesem Hintergrund auf eine aktuelle, eigene Forschungsarbeit hin, wo sie eine neuartige Instrumentenvariable vorstellen, die erlaubt, die Vorstellung, dass Schulden in den OECD-Ländern zu einem schwachen Wachstum führen, zurückzuweisen. Die Autoren bestätigen die oft erwähnte negative Korrelation zwischen der Verschuldung und dem Wirtschaftswachstum. Aber sie zeigen, dass die Schulden nicht eine kausale Auswirkung auf das Wachstum haben.

Die Untersuchungsergebnisse von Panizza (UNCTAD) und Presbitero (Universita Politecnica delle Marche) sind für die gegenwärtige Diskussion über die Fiskalpolitik insofern von Bedeutung, als es viele gute oder schlechte Gründe für Fiscal Austerity (Sparmassnahmen) während Rezessionen geben mag. Die Autoren finden aber keine Beweise dafür, dass hohe Verschuldung des Staates das künftige Wirtschaftswachstum in den fortentwickelten Industrieländern beeinträchtigt. Daher sind Panizza und Presbitero der Meinung, dass die Verknüpfung Verschuldung-Wirtschaftswachstum nicht als Argument für die Förderung von Haushaltskonsolidierung herangezogen werden sollte.

Die Tatsache, dass die Autoren keinen negativen Effekt von Schulden auf das Wachstum finden, bedeutet nicht, dass Staaten eine beliebige Höhe der Verschuldung aufrechterhalten können. Es gibt ein eindeutiges Niveau an Verschuldung, welches nicht nachhaltig ist und wo eine Staatsquote mit Überhang verzerrende Auswirkungen entfalten kann. Die Autoren betonen jedoch, dass die Verschuldung in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften, die im der Studie untersucht werden, immer noch unterhalb der länderspezifischen Schwelle liegt, wo das Wirtschaftswachstum negativ tangiert würde. Es gibt also Fälle, wo es wahr ist, dass die Verschuldung das Wirtschaftswachstum reduziert, aber nur, weil die hohe Schulden zu Panik und einer kontraktiven Wirtschaftspolitik führen.

Während eine solche Interpretation langfristige Massnahmen zur Reduzierung der Verschuldung rechtfertigen kann, bedeutet es auch, dass Länder mitten in einer Rezession keine restriktive Fiskalpolitik verfolgen sollen, die der Grund für eine negative Auswirkung der Verschuldung auf das Wachstum ist, fassen die Autoren als Fazit zusammen.

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