Sonntag, 6. Mai 2012

Inwiefern kommt es auf Erwartungen an?


Es ist unter Ökonomen eine Floskel, davon zu reden, dass es auf die Erwartungen ankommt. Und es ist sogar mehr als klischeehaft, davon zu reden, dass die Erwartungen für die Preise von Vermögenswerten von entscheidender Bedeutung sind. In wie fern kommt es aber auf die Erwartungen an?

Nick Rowe setzt sich in seinem Blog damit auseinander, dass die Erwartungen viel ausmachen. 

Fazit: Je niedriger die Zinssätze sind, desto mehr zählen die Erwartungen.

Der an der Carleton University, Kanada lehrende Wirtschaftsprofessor erinnert mit Nachdruck daran, dass das Geld ein Vermögenswert ist. Rowe macht zudem darauf aufmerksam, dass Rezessionen immer und überall ein monetäres Phänomen sind und dass Rezessionen eine übermässige Nachfrage nach Geld bedeuten. Die Erwartungen für die künftige Geldpolitik sind daher von entscheidender Bedeutung, insbesondere, wenn die Zinsen niedrig sind, erklärt Rowe.

Nehmen wir eine ewige Anleihe an, die jährlich einen Coupon von 1$ auszahlt. Wenn der Marktzins 5% jährlich beträgt, würde der Preis der Anleihe 20$ betragen. Angenommen, die aktuelle jährliche Couponzahlung geht verlustig, wegen eines Zufalls, welcher sich laut Erwartungen von Menschen niemals wiederholen dürfte. Der Preis der Anleihe würde dann auf 19$ fallen. Nur 5% des Preises der Anleihe hängt davon ab, was in diesem Jahr geschieht. Die restlichen 95% des Wertes der Anleihe hängen von den Erwartungen ab, was in den kommenden Jahren passiert.

Nehmen wir dieselbe Anleihe, aber jetzt gehen wir davon aus, dass der Marktzins 1% jährlich beträgt. Der Preis der Anleihe würde 100$ betragen. Der Verlust eines jährlichen Kupons, wenn die Erwartungen dahingehend sind, dass die künftigen Coupon davon nicht tangiert werden, würde dazu führen, dass der Wert der Anleihe auf 99$ fällt. Nun hängen 99% des Wertes der Anleihe von Erwartungen hinsichtlich der künftigen Jahre ab.

Erwartungen sind für die Nachfrage nach langlebigen Wirtschaftsgütern sehr wichtig und daher für den Preis von langlebigen Wirtschaftsgütern. Je niedriger der Zinssatz ist, desto mehr kommt es auf die Erwartungen an. Was in diesem Jahr passiert, spielt überhaupt keine Rolle (es sei denn, es beeinflusst die Erwartungen hinsichtlich der künftigen Jahre) und es macht sogar weniger aus, weil der Zinssatz weiter sinkt.

Geld ist ein Vermögenswert. Es ist ein sehr langlebiger Vermögenswert (es sei denn, die Inflation ist hoch). Die Nachfrage nach Geld und der Gleichgewichtspreis des Geldes hängen, wie alle anderen Vermögenswerte) viel davon ab, was in den kommenden Jahren passiert als was gerade in diesem Jahr passiert. Die Aussage gilt umso mehr, wenn die Zinssätze sehr niedrig sind, hebt Rowe hervor. Die Zinsen sind heute sehr niedrig.

Rezessionen sind immer und überall ein monetäres (Tauschmittel) Phänomen. Rezessionen stellen eine Überschussnachfrage nach Geld (das Tauschmittel) dar. Die Nachfrage nach Geld ist die Nachfrage nach einem Vermögenswert. Da die Nachfrage nach Geld, wie die Nachfrage nach allen Vermögenswerten, sehr von den Erwartungen abhängt, insbesondere, wenn die Zinssätze niedrig sind, hängen die Rezessionen sehr auch von Erwartungen ab, vor allem, wenn die Zinsen niedrig sind, fasst Rowe zusammen.

PS:

Der ganze Beitrag von Nick Rowe ist natürlich als „Wink mit dem Zaunpfahl“ in Bezug auf die in den vergangenen Wochen in den USA wiederbelebte Diskussion über das Thema „nominelle BIP-Steuerung“ (NGDP targeting) unter Ökonomen zu verstehen.

Mehr zum Thema nominelle BIP-Steuerung (NGDP targeting) in diesem Blog hier und hier und hier und hier.

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