Mittwoch, 2. Mai 2012

Wie Anhänger von Friedman scheiterten


Die Anhänger von Milton Friedman bzw. seines wirtschaftspolitischen Ansatzes hätten es heute schwerer als im Jahr 1979, ihre Zielsetzung von small-government Libertarismus („schlanker Staat“) zu rechtfertigen und zu befürworten, bemerkt Brad DeLong in seinem Blog.

Die Anhänger von Friedman hatten damals drei mächtige Tatsachenbehauptungen darüber, wie die Welt funktioniert. Und die Behauptungen sahen wahr oder viellicht wahr oder zumindest argumentativ wahr aus. Aber sie scheinen heute ziemlich eindeutig falsch, hebt der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor hervor.

Der Fall „schlanker Staat-Libertarismus“ ruhte auf diesen Behauptungen und ist inzwischen weitgehend zusammengebrochen, weil die Welt, wie es sich herausstellte, damit nicht einverstanden ist, wie sie funktioniert, erklärt der ehemalige Staatssektretär im amerikanischen Finanzministerium.

Die erste Behauptung war, dass die makroökonomische Notlage vom Staat verursacht wird, nicht vom instabilen Privatmarkt. Die Friedman Anhänger haben immer dieselbe Behauptung in Bezug auf die öffentliche Hand aufgestellt: der Staat habe die Grosse Depression verursacht. 

Aber wenn man die Argumentation hinterfragt, stellt es sich heraus, dass das, was sie wirklich gemeint hatten, die Privatwirtschaft betrifft. Wenn auch immer die Instabilität der Privatwirtschaft eine Depression zu verursachen drohte, könnte die öffentliche Hand die Gefahr abwenden oder rasch eine Erholung durch den genügenden Ankauf von Anleihen gegen Geld (cash) wiederherstellen, durch die Zufuhr von Liquidität in die Wirtschaft.

M.a.W. war die strategische Intervention des Staates, um die  makroökonomische Stabilität zu sichern, nicht nur unkompliziert, sondern auch minimal: die Behörden müssten nur für eine gleichmässige Wachstumsrate der Geldmenge sorgen, erläutert DeLong. Die aggressive und umfassende Intervention, die die Keynesianer fordern, war notwendig, um die aggregierte Nachfrage zu verwalten und die die Minskyites fordern, war notwendig, um das finanzielle Risiko zu verwalten: das alles war unbegründet, so DeLong.

Echte Libertäre haben Friedman seine Argumente nie abgekauft: Ludwig von Mises hat Milton Friedman und seine monetaristischen Anhänger als „ein Haufen Sozialisten“ genannt. Aber unabhängig von der Verpackung ist der Glaube, dass die makroökonomische Stabilität nur minimale staatliche Intervention benötigt, ist laut DeLong einfach falsch. Ben Bernanke hat in den USA das Textbuch von Friedman in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise fehlerlos umgesetzt. Und es war nicht genug, um die Vollbeschäftigung schnell wiederherzustellen.

Die zweite Behauptung lautete, dass die Externalitäten relativ klein waren oder zumindest, so dass sie sich über das Vertrags- und Haftungsrecht bewältigen lassen als durch staatliche Regulierung, weil die Nachteile der staatlichen Regulierung den Schaden, den die Externalitäten auslösen, überwiegen, die das Rechtssystem nicht richtig adressieren könne. Aber auch hier scheint die Realität das „free to choose“ Argument nicht zu unterstützen, betont DeLong.

Die dritte, und wichtigste Behauptung ist der Gegenstand von Timothy Noahs The Great Divergence. Friedman konnte 1979 getrost behaupten, dass die Marktwirtschaft, in Abwesenheit von staatlichen Diskriminierung eine ausreichend egalitäre Verteilung des Einkommens produzieren würde. Schliesslich hatte es den Anschein für die gesamte Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.

Friedmans Hoffnungen sind enttäuscht worden. Das Ende der amerikanischen Vorherrschaft in der Bildung, der Zusammenbruch der Gewerkschaften im privaten Sektor, die Entstehung von „winner-take-all information-age“-Wirtschaft und die Rückkehr der Gilded-Age-Stil-Hochfinanz haben eine ausserordentlich ungleiche Verteilung von (vor-Steuer) Einkommen produziert, was auf der nächsten Generation lasten wird und eine Verhöhnung der Chancengleichheit darstellt, fasst DeLong als Fazit zusammen.

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