Mittwoch, 6. Juni 2012

Warum folgt die EZB nicht dem Beispiel der SNB?


Die Anzeichen mehren sich, dass die Euro-Krise sich allmählich verschärft. Die Renditedifferenz zwischen spanischen Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit und den vergleichbaren deutschen Bundesanleihen vergrössert sich.

Im Blickwinkel des öffentlichen Interesses steht heute die EZB-Sitzung in Frankfurt. Die Pressekonferenz der EZB wird mit Spannung erwartet. Die Vernunft legt nahe, dass die EZB die Zinsen senkt und darüber hinaus anfängt, Staatsanleihen der von der Krise stark angeschlagenen Länder an der Peripherie der Euro-Zone zu kaufen.

Würde die EZB sich verpflichten, unbegrenzt Staatspapiere zu kaufen, könnte sie die sich inzwischen verstärkende Abwärtsspirale im Euroland unterbinden. Die Fed in den USA und die BoE in Grossbritannien stellen unbegrenzt Liquidität zur Verfügung. Die Rendite der Staatsanleihen in den Ländern mit der eigenen Währung notiert jeweils weiter auf einem historisch tiefen Niveau.

Wenn die EZB nur sagen würde, dass sie zur Not unbegrenzt Staatsanleihen kaufen würde, müsste sie die Kaufaktivitäten in der Praxis gar nicht erst wahrnehmen. Denn die Investoren würden sich dann darauf verlassen, dass sie ihr Geld wieder zurückbekommen. Voraussetzung ist, dass die EZB ihre unbegrenzte Schlagkraft mit Nachdruck unterstreicht.

Die EZB soll also klarstellen, dass sie Bonds dauerhaft kaufen will, genau so wie die US-Notenbank. Die EZB könnte, wie Barry Eichengreen hervorhebt, sogar einen Schritt weiter gehen, indem sie sich bereit erklärt, eine Obergrenze für Risikoaufschläge von Staatsanleihen zu verteidigen. Die EZB würde damit dem Beispiel der Schweizerischen Nationalbank (SNB) folgen, die für den Wechselkurs des Schweizer Frankens ebenfalls eine Obergrenze festgelegt hat, hält der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor fest.

Die Rede ist im Grunde genommen von Chuck Norris-Effekt der Geldpolitik, welcher von der SNB meisterhaft vorpraktiziert wird.

Die EZB soll eine Zinssenkung mit weiteren flankierenden Massnahmen (unkonventionelle Instrumente) unterstützen. Die EZB würde mit dem Zinssignal Zeichen setzen, dass die von der Krise schwer geplagten Volkswirtschaften Rückendeckung bekommen.

Die blosse Existenz eines lender of last resort würde die Kaskade des Vertrauensverlustes stoppen, bemerkt Paul de Grauwe in seiner unbedingt lesenswerten Forschungsarbeit.

Es droht auch keine Inflationsgefahr, weil die Banken aus Angst keine Kredite vergeben, sondern das Geld horten. Die EZB ist aber bekanntlich von der Inflation besessen und kümmert sich nicht gern um die Finanzstabilität oder das Wirtschaftswachstum im Euroland.

Fazit: Für die EZB gilt es daher, warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute (SNB) so nah liegt.

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