Montag, 23. Juli 2012

Microfoundations für Makroökonomie?


(Nur für Streber)

Im Kern von Microfoundations steht im Grunde genommen eine scharfe Kritik am keynesianischen Ansatz. Kritiker prangen an, dass einige der Annahmen des Keynes-Modells mit der Standard Mikroökonomie nicht im Einklang stehen.

„Microfoundations für Makroökonomie ist im Prinzip gut, nicht unverzichtbar, aber nützlich. Das Problem ist das, was für die Microfoundations gilt, im Universum der orthodoxen Makroökonomie einfach Mist ist“, schreibt Peter Dorman in seinem Blog.

Achten Sie darauf, dass ich das Wort „M“ benutzt habe, nicht „Sch“, betont Dorman und zählt drei vernichtende Fehler auf, was die Microfoundations betrifft, wobei „jeder davon ausreichend ist, ein breites Loch in einem vermeintlich nützlichen Modell zu blasen“:

(1) Nutzenfunktion (utility theory): Andrew Gelman nennt es “Alltagspsychologie”, was grosszüzig sein mag. Die Theorie ist voll von Anomalien (siehe „behavioral economics“) und am wichtigsten nimmt sie die Arbeit in Psychologie, Evolutionstheorie, Neuropsychologie und Organisationstheorie der letzten Jahrzehnte nicht wahr. Das sind alles Disziplinen, wo Menschenverhalten auf wissenschaftliche Weise studiert werden, erklärt Dorman.

(2) Annahmen über mono-equilibrium: Es gibt keine Interaktion-Effekte, um multiple Gleichgewichte in Microfoundations zu erzeugen, die die Makro-Theoretiker verwenden. Jedes Individium, jeds Unternehmen und jeds Produkt ist ein isolitiertes Atom, ununterbrochen durch den Raum schwimmend, bis es auf ein anderes stösst, legt Dorman dar. Das heisst, dass das Versagen, den interaktiven Charakter des wirtschaftlichen lebens zu erkennen, Ökonomen veranlasst, grundlegend falsche Fragen zu stellen: wie „was ist das Gleichgewicht?“ und „was ist das Optimum?“.

(3) Pfadabhängigkeit (path dependence): Microfoundations bedeutet allgemeine Gleichgewichtstheorie, aber der Geschmack darin kommt aus der Mitte der 1950er Jahre. Das Sonnenschein-Debreu-Mantel Theorem, dass Anfangsbedingungen das Gleichgewicht selbst ändern, stellt sie auf den Kopf.


Kurzum: die Debatte über die Microfoundations ist von der Vorstellung geprägt, dass die Makroökonomie morsch und die Mikroökonomie in guter Form ist.

Die Sache ist aber, dass die Microfoundations perfect rationality voraussetzt, was natürlich in der Praxis nicht zutrifft. Vor diesem Hintergrund erläutert Paul Krugman in seinem Blog, wie die Annahme von perfect rationality (vollkommene Rationalität) in der Praxis zusammenbricht. Der Träger des Wirtschaftsnobelpreises verweist dabei auf eine aktuelle Forschungsarbeit(„Mental Accounting and Consumer Choice: Evidence from Commodity Price Shocks“) von Justine Hastings und Jesse M. Shapiro, um zu zeigen, dass die Verbraucher sich nicht so verhalten, wie „full maximization“ Notion von Microfoundations unterstellt. Es geht dabei um ein banales Beispiel der Wahl, wie die Konsumenten an der Tankstelle Benzin tanken.

Deshalb ist es absurd, wenn die Microfoundations darauf besteht, dass der Keynes Ansatz mit der Wirtschaft nicht übereinstimme, weil wir „damit aus der intertemporalen Maximierung nichts ableiten können“.

PS:

In den 1970er Jahren es so, dass die Anzahl von Self-Service Tankstellen in Folge der Ölkrise rasant gestiegen ist. Das Benzin wurde plötzlich viel teurer und die Autofahrer begonnen, Benzin selbst zu tanken, um ein paar Cents zu sparen. 

Macht es aber überhaupt Sinn? Denn es handelt sich dabei schliesslich um ein Trade-off zwischen dem Geld und der eigenen Arbeit, die man liefert, Benzin, selbst zu tanken, was in Bezug auf den Preis von Benzin per se keine Auswirkung hat. Doch die Menschen haben sich so verhalten, als hätten sie ein begrenztes Budget für Kraftstoffe, im Gegensatz zu einer umfassenden Budget-Einschränkung. Und die Lenker reagierten auf den Anstieg des Benzinpreises mit einem scheinbar irrationalen Aufwand, um die Grösse dieses Sub-Budgets tief zu halten.

Was Hastings und Shapiro zeigen, ist, die gleiche Art von Konsumentenverhalten, wonach die Autofahrer, wenn der Benzinpreis steigt, eine minderwertige Sorte von Benzin tanken und wenn der Benzinspreis sinkt, eine höherwertige Sorte vob Benzin tanken.

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