Dienstag, 24. Juli 2012

Schweiz: Geldmultiplikator und Negativ-Inflation


Die SNB hat gestern das Statistische Monatsheft Juli 2012 veröffentlicht. Demnach ist die Notenbankgeldmenge (nach Verwendung) in der Schweiz Ende Juni auf 273,9 Mrd. Franken gestiegen. Das bedeutet ein Anstieg um 57,10 Mrd. Franken gegenüber dem Vormonat.

Vor einem Jahr im vergleichbaren Monat lag die Notenbankgeldmenge auf 74,6 Mrd. Franken. Das bedeutet einen Anstieg um 267,1% innert 12 Monaten. Die massive Ausweitung der Notenbankgeldmenge hat aber nicht zu einem Anstieg der Inflation geführt. Ganz im Gegenteil ist die Inflation in der Schweiz negativ. Die Kerninflation liegt sogar noch tiefer im Minus.

Ist das Umfeld der Wirtschaft depressiv, braucht man sich keine Sorgen um inflationäre Folgen von Geldschöpfung zu machen. Wie das Konzept der Liquiditätsfalle nahelegt, sind nicht einmal die Zinsen auf der Nullgrenze tief genug, ausreichend Ausgaben zu induzieren, um die Vollbeschäftigung wiederherzustellen. Wenn die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt, ist das Drucken von Geld nicht inflationär.


Schweizer Notenbankgeldmenge (M0), Graph: SNB, Statistisches Monatsheft, July 2012

Der Anstieg der bei der SNB gehaltenen Sichtguthaben ist im Wesentlichen auf die Durchsetzung des Mindestkurses im Laufe der Euro-Krise zurückzuführen.

In der Schweiz ist der Nominalzinssatz (Repo-Overnight-Satz: 0,02% und 3-Monats-Libor CHF: 0,07%) praktisch null und die Inflationsrate negativ. 

Die Geldmarktzinssätze verlaufen bereits seit einem Jahr unter Null. Die Deflation führt zu einer erhöhten Nachfrage. Der Geldmultiplikator hat sich halbiert. Das heisst, dass das von der Zentralbank geschaffene Geld in der Realwirtschaft nicht ankommt, weil die Banken aus Vorsichtsgründen die erhöhte Liquidität halten. Dass die überschüssige Liquidität gehortet wird, lässt sich auch an der abnehmenden Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes (siehe auch hier) erkennen.

Die weitdefinierten Geldaggregate (d.h. die Zahlungsmittel in den Händen der Haushalte und Unternehmen) sind in den letzten Monaten kräftig gestiegen. Die Geldmenge M1 ist gegenüber dem Vorjahr um 8,7%, die Geldmenge M2 um 7,8% und die Geldmenge um 7,0% gestiegen. Seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Herbst 2008 widerspiegelt die Entwicklung der weit definierten Geldaggregate die Zinsentwicklung in der Schweiz.


Schweizer Geldmengen M1, M2 und M3, Graph: SNB, Quartalsheft II, June 2012

Da die Banken über grosse Überschussreserven verfügen, wird ihre Kredit- und Geldschöpfung durch die Mindestreserven nicht eingeschränkt, wie die SNB im Quartalsheft betont.


Schweizer Geldmengenmultiplikator, Graph: Zürcher Kantonal Bank (ZKB)

Exkurs:

Notenbankgeldmenge (d.h. monetäre Basis) = Notenumlauf + Girokonten inländischer Banken

Geldmengenmultiplikator = M3/monetäre Basis.

Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes = M3/BIP.

PS:

Statt M3 kann auch M2 verwendet werden.

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