Freitag, 6. Juni 2014

Negativzinsen im Euro-Raum und Folgen

Was bedeutet die Entscheidung der EZB, den Satz für Einlagefazilität (deposit rate) unter Null zu senken?

Das ist der Zinssatz, den die Banken erhalten, wenn sie überschüssiges Geld bei der EZB parken.

Welche Konsequenzen hat der negative Zinssatz (-0,10%) nun aber für die normalen Sparer?

Zunächst einmal gilt es festzuhalten, dass kein Sparer gezwungen ist, sein Geld zu negativen Zinsen zu einer Bank zu bringen. Der Negativzins deutet aber darauf hin, dass im Euro-Raum etwas grundlegend nicht stimmt.



Verwendung von Liquidität im Euro-System, Graph: Morgan Stanley

Technisch dürfte sich der EOINA-Satz (*) an die Null-Linie nähern und an dem Satz für Einlagefazilität koppeln. Das legt wiederum nahe, dass die Rendite der Staatsanleihen aus dem Kern der Eurozone unter null fallen könnten. Das bedeutet negative Renditen.

Es kommt aber darauf an. Wenn Investoren auf der Suche nach Erträgen sich längerfristig orientieren würden, dürften sie in erster Linie bemüht sein, die Duration der als sicher wahrgenommenen Staatsanleihen auszustrecken.

Das heisst, dass sie sich vermehrt am langen Ende der Ertragskurve positionieren würden. Würde also ein breiteres Anlagespektrum gesucht, würden negative Renditen umgangen.

Andererseits ist es verlockend, darüber zu spekulieren, dass die EZB mit dem Verzicht auf die SMP-Sterilisierung vielleicht den ersten Schritt in Richtung QE (quantitative easing) tut.

Bemerkenswert ist jedoch, wie aus der Tabelle hervorgeht, dass 90% der Überschussreserven sich in Nordeuropa (v.a. in den Niederlanden und Deutschland) befindet.

Der Negativzins ist daher vor dem Hintergrund zu betrachten, dass die EU-Peripherie in einer Depression steckt, während in der Kern-EU Rezession herrscht. Und die Arbeitslosigkeit verharrt auf einem hohen Niveau. Junge Menschen finden keinen Job.

Wenn alle sparen und niemand investiert, fallen die Zinsen. Die drohende Deflation im Euro-Raum ist Folge des deutschen Kostensenkungswahns, wie Heiner Flassbeck hervorhebt.

(*)

EOINA: Der Tagesgeldsatz, zu dem die Banken einander über Nacht Geld (unbesichert) leihen.

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