Montag, 2. Juni 2014

Niedriginflation und Liquiditätsfalle

Die Bilanz der US-Notenbank ist von Januar 2009 bis Dezember 2013 um 3‘500 Mrd. USD gewachsen. Die Fed hat LSAP-Politik umgesetzt, um die US-Wirtschaft anzukurbeln.

Es handelt sich dabei um eine unkonventionelle Geldpolitik, genannt QE (quantitative easing): mengenmässige Lockerung. Die Fed verfolgt damit das Ziel, die Zinsen am langen Ende der Ertragskurve zu senken, da die Zinsen am kurzen Ende bereits nahe null liegen.

In der Regel führt ein Anstieg der Geldmenge um 1% zu einer Anstieg der Inflation um 0,54%, beruhend auf einer linearen Regressionsanalyse, schreiben Maria A. Arias und Yi Wen in einem lesenswerten Artikel.

Die Geldmenge M0 (in der Schweiz heisst sie Notenbankgeldmenge), die aus dem Notenumlauf und den Giroguthaben der Banken bei der Fed besteht, von Dezember 2008 bis Dezember 2012 um 40,29% gestiegen. Das entspricht einem Zuwachs von rund 8% im Jahr.

Die Inflation müsste normalerweise um mindestens 40% steigen. Das ist nicht passiert. Eine Liquiditätsspritze von 3‘500 Mrd. USD hat nicht zu einem wesentlichen Anstieg der Inflation geführt. Warum?

Es gibt verschiedene Ansätze zur Erklärung:



Allgemeine Inflation in den USA, Graph: Maria A. Arias und Yi Wen in: Liquidity Trap, April 2014


(1) Es gab keinen Druck von den Preisen und/oder Löhnen her. Deswegen ist die Inflation in der schweren Rezession nicht angestiegen, wie Janet Yellen 2009, als sie damals Fed San Francisco Präsidentin war, erläutert hat.

(2) Da die Banken die Überschussreserven halten, anstatt sie als Kredit zu vergeben, ist der Geldmengenmultiplikator zusammengesbrochen.

(3) Die Fed hat mit Forward Guidance die Marktteilnehmer darauf eingestimmt, dass die Inflation in Zukunft verankert bleiben werde, sobald die LSAPs zurückgeführt werden.

(4) Liquiditätsfalle: Das ist eine alternative Erklärung, die besagt, dass der Anstieg der Geldmenge in einer Liquiditätsfalle von der Überschussnachfrage nach Geld (bzw. Liquidität) vollständig absorbiert wird. Investoren horten Cash, anstatt zu investieren. Zumal die Opportunitätskosten der Geldhaltung null sind: Die nominalen Zinsen liegen ja nahe null (zero lower bound).

Was laut Autoren noch schlimmer ist, dass die Investoren sich angespornt sehen, umso mehr Vermögenswerte in Cash zu verlagern, je mehr die Fed durch LSAP die Geldmenge erhöht.

Wenn die Geldnachfrage mit Bezug auf den Anstieg der Geldmenge proportional steigt, bleibt die Inflation stabil.

Wenn die Geldnachfrage mit Bezug auf den Anstieg der Geldmenge mehr als proportional steigt (wegen des Abwärtsdrucks auf die Zinsen ausgelöst durch die LSAP), muss das Preisniveau fallen, um die Differenz zwischen dem Angebot an Geld und Nachfrage nach Geld zu absorbieren, erklären Arias und Wen weiter.

Die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE policy) kann also durch die LSAP die Liquiditätsfalle verstärken, dadurch dass die langfristigen Zinsen fallen.

Die Autoren vertreten m.a.W. die Ansicht, dass die Liquiditätsspritzen durch die Fed, während die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt, die Liquiditätsfalle verstärken, durch die Beibehaltung der Niedriginflation.

Die korrekte Geldpolitik in einer Liquiditätsfalle ist daher nicht die weitere Erhöhung der Geldmenge oder die Reduzierung der nominalen Zinsen, sondern die Begünstigung der Erwartungen in Bezug auf steigende Nominalzinsen.

Wenn die Fed also die LSAP abwickeln würde, würde die Geldmenge zurückgeführt und die nominalen Zinsen würden wieder etwas steigen. Die Investoren würden dann mehr Cash von ihren Portfolios in Richtung zinstragende Vermögenswerte umschichten.

Das heisst, nur wenn die Kapitalanlagen attraktiver werden als Cash, würde das gesamtwirtschaftliche Preisniveau wieder ansteigen. Die Überlegungen im Zusammenhang mit der Liquiditätsfalle gelten natürlich nur dann, wenn die Wirtschaft in einer schweren Rezession steckt wie heute.

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