Sonntag, 14. September 2014

Wie Deutschland mit Lohn-Dumping seine Nachbarn unterboten hat

Das Problem in der Eurozone ist, dass Deutschland von 2000 bis 2007 im Verhältnis zu anderen Ländern in der EWU „zu wettbewerbsfähig“ geworden ist, schreibt Simon Wren-Lewis in seinem Blog.

Ein Blick auf die Entwicklung der Lohnstückkosten (ULC: unit labor costs) in der Eurozone führt das deutlich vor Augen. Heiner Flassbeck hat bereits vor mehreren Jahren immer wieder darauf hingewiesen.

Nicht die EU-Peripherie, sondern Deutschland ist der Ausreisser, betont auch Francesco Saraceno in seinem Blog mit Hinweis auf die unterschiedliche Entwicklung der realen Lohnstückkosten in der EWU.

Während von 1999 bis 2008 die Lohnstückkosten in Deutschland flach verliefen, legten die Kosten in Italien um 2%, in Frankreich um 3%, in Belgien um 2,1% und in den Niederlanden um 2,3% zu.


Real-Löhne  und Produktivität in Deutschland, Graph: Prof. Simon Wren-Lewis in: mainly macro


Dass Deutschland im Vergleich zu seiner Arbeitsproduktivität (und dem Rest der EWU-Mitglieder) mit einem hohen Mass an realer Lohnzurückhaltung seine Wettbewerbsfähigkeit gesteigert hat, ist die Ursache der Probleme in der EWU, unterstreicht Wren-Lewis.

Und aufgrund der ungewöhnlichen Lohnmoderation blieb (und bleibt heute noch) die Inflation in Deutschland deutlich unter der Ziel-Inflationsrate der EZB für die gesamte Eurozone. Das funktioniert in einer Währungsunion nicht, wo die Mitglieder auf die autonome Geldpolitik verzichten, die Aufgabe an die EZB übertragen und sich stattdessen auf die Verfolgung einer gemeinsam festgelegten Inflationsrate einigen.

Ein Preis, den Deutschland für die Unterbietung seiner Nachbarn bezahlen sollte, ist, einen Zeitraum zuzulassen, wo die Teuerung im Inland über der Ziel-Inflationsrate der EZB liegt. Das bedeutet konkret eine Inflationsrate (CPI) von z.B. 3%, was wieder dazu führen würde, dass die nominalen Löhne in Deutschland um 4 bis 5% steigen müssten.

Wenn das nicht geschehen sollte, müsste Deutschland seine Wirtschaft ankurbeln, z.B. mit öffentlichen Investitionen in Bildung, Infrastruktur und ökologische Nachhaltigkeit, um sicherzustellen, dass das geschieht. Alles andere kommt in einer Währungsunion einem antisozialen Verhalten gleich, hält der an der Oxford University lehrende Wirtschaftsprofessor als Fazit fest.

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