Freitag, 28. Februar 2014

Die EZB bleibt hinter der Kurve

Die jährliche Inflation im Euroraum im Februar beläuft sich 0,8%, wie Eurostat heute mitgeteilt hat.

Warum redet aber das statistische Amt der EU immer davon, dass die Inflation im Euroraum „stabil“ bleibt?

Die EZB strebt auf mittlere Sicht eine Inflationsrate von rund zwei Prozent an und das Ziel wird seit geraumer Zeit unterboten. Oben drauf ist die Kerninflation im Euroraum negativ. Und die Inflationserwartungen fallen weiter. Von wegen ist die Inflation stabil!

Am 6. März findet die EZB-Sitzung statt. EZB-Chef Mario Draghi, der nach eigenen Beteuerungen mehr Informationen braucht, wird dann über neue Daten (staff forecasts) verfügen. Will er nächste Woche unorthodoxe oder unkonventionelle Massnahmen ankündigen? 

Der Markt preist zur Zeit eine Wahrscheinlichkeit von 25% für eine Zinsenkung um 15 Basispunkte ein. 



Überschussliquidität im Euro-Raum. Die EZB schöpft Liquidität im Markt ab, Graph: Morgan Stanley

Donnerstag, 27. Februar 2014

Inflationserwartungen in der Euro-Zone fallen weiter

Die Inflationserwartungen der Verbraucher fallen in der Eurozone weiter. Wie die EU-Kommission heute mitgeteilt hat, ist der entsprechende Wert für den CPI  von 15,1 auf 13,6 Punkte gefallen. 

Der Wert für den Produzentenpreisindex (PPI) ist sogar von 2,4 im Januar auf 0,1 Punkte im Februar abgerutscht.

Die beiden Daten verlaufen damit unter dem langfristigen Durchschnittswert, was darauf hindeutet, dass die Eurozone zu einem bestimmten Zeitpunkt in eine Deflation geraten kann.

Die EZB, die während der ganzen Euro-Krise bisher zögerlich agiert hat, strebt auf mittlere Sicht eine Inflationsrate von rund 2% an. 



Eurozone auf dem Weg in die Deflation?, Graph: WSJ


Was hat die WhatsApp-Übernahme von Facebook mit Zinsen zu tun?

Der Kauf von WhatsApp durch Facebook hat für bewegliche Schlagzeilen gesorgt. Das ist verständlich. Schliesslich handelt es sich dabei um einen Übernahme-Preis von sage und schreibe 19 Mrd. US-Dollar. Ein kleines Detail ist, dass die Transaktion nicht in Cash, sondern in Aktien abgeschlossen wird.

Warum das soziale Netzwerk Facebook einen atemberaubend hohen Betrag für den Kurzmitteilungsdienst zahlt, spielen die sog. Multiples eine entscheidende Rolle. Das heisst, wie viel ein Unternehmen bereit ist ,für einen Dollar Umsatz des Übernahmeziels zu zahlen. Das ist die mikroökonomische Ebene.

Eine aus makroökonomischer Sicht wichtige Dimension des Deals ist, dass Investoren in Silicon-Valley heute nicht auf Bargeld angewiesen zu sein scheinen, um ein Unternehmen zu starten. Das Cash liegt einfach auf dem Konto von Investoren herum. Wenn Bargeld nicht gebraucht wird, fallen die Zinsen.

Vor diesem Hintergrund hat Larry Summers etwas Beachtenswertes hervorgehoben. Man denke an die führenden Technologie-Unternehmen in diesem Zeitalter. Apple und Google zum Beispiel schwimmen in Cash und sehen der Herausforderung gegenüber, was mit einem grossen Bargeld-Schatz zu tun ist.

Mittwoch, 26. Februar 2014

Fed zwischen Geldpolitik und Finanzstabilität

Fed Governeur Daniel Tarullo hat in einem beachtenswerten Vortrag („Monetary Policy and Financial Stability“) in Virginia kürzlich die Frage der finanziellen Stabilität in Angriff genommen.

Vor der Finanzkrise von 2008 galt unter Zentralbanken die Ansicht, dass die Finanzstabilität nicht ein explizites Anliegen der Geldpolitik ist. Nun gibt es erhebliche Meinungsverschiedenheiten darüber. Die Finanzstabilität soll genauso viel Relevanz geniessen wie die Ziele der Preisstabilität und der maximalen Beschäftigung.

Die meisten Notenbanker wollen aber die beiden Ziele „Finanzstabilität und Preisstabilität“ getrennt halten. Der ehemalige Fed-Chef Ben Bernanke hat einst argumentiert, dass die Finanzkrise nicht durch die niedrigen Zinsen der Fed verursacht worden ist.

Wenn eine neue Blase entsteht, sollen die Zinsen nicht verwendet werden, um sie platzen zu lassen. Die erste Linie der Verteidigung gegen einen financial boom sind laut Bernanke macro prudential-Instrumente (wie z.B. Regulierung), nicht höhere Zinsen, die die gesamte Wirtschaft sonst schädigen würden.

Die Fed hat bekanntlich beschlossen, die Zinsen bis Mitte 2015 niedrig zu halten. Die Sorge ist, dass eine so lange Zeitperiode der niedrigen Zinsen eine asset bubble ähnlich dem Immobilienboom im vergangenen Jahrzehnt anheizen könnte. Und die Abwicklung einer Blase würde wahrscheinlich auch sehr unangenehm sein.

Wie soll aber die Fed die Finanzstabilität schützen? Tarullo hält es für wichtig, zu beachten, dass die Integration der Überlegungen in Sachen Finanzstabilität in die geldpolitischen Entscheidungen nicht unbedingt ein zusätzliches Mandat für die Notenbank bedeute.

Dienstag, 25. Februar 2014

Austeritätspolitik als Doktrin ist kläglich gescheitert

Die Inflation Swap-Märkte in der Eurozone deuten darauf hin, dass die 5-Jahres-Inflationserwartungen heute niedriger sind als in irgendeinem Zeitpunkt seit der Finanzkrise von 2008.

Die Austeritätspolitik als Doktrin ist in Europa weder theoretisch noch historisch gerechtfertigt gewesen. Doch bestand die EU-Kommission von Anfang an auf Ausgabenkürzungen inmitten einer schwer angeschlagenen Wirtschaft.

Die Krise ist nicht durch unverantwortliche Haushaltsführung verursacht worden, wie Brüssel und Berlin behaupten. Die hohe Verschuldung im Privatsektor war die ökonomische Ursache.  Die Finanzmärkte waren unterreguliert und die Finanzinstitute waren unterkapitalisiert.

Die EZB hat sogar 2011 wider besseren Wissens die Zinsen zweimal (im April und Juli) erhöht, um einen starken Anstieg der Inflation zu unterbinden.

Die Inflationswerte im Euro-Raum sind nun negativ. Wie konnte die EZB so falsch liegen? Der aktuelle Verbraucherpreisindex (CPI) im Euro-Raum sieht im Januar 2014 wie folgt aus:

Die allgemeine Inflation (headline): jährlich: 0,8% und monatlich: -1.1%.

Die Kerninflation (core): jährlich 0,8% und monatlich -1,7%.



Kerninflation (core inflation) im Euro-Raum, Graph: Morgan Stanley

Bank of Israel senkt die Zinsen auf 0,75 Prozent

Die Bank of Israel (BoI) hat gestern überraschend die Zinsen von 1% auf 0,7% gesenkt. Das war die erste Zinssenkung seit fünf Monaten. 

BoI-Gouverneurin Karnit Flug, die seit November 2013 im Amt ist, hat damit auf der ersten Sitzung des geldpolitischen Ausschusses Senkung der Zinsen beschlossen.

Die israelische Wirtschaft befindet sich zwar nicht in einer Rezession. Die neue BoI-Leitung scheint aber die Entwicklung der disinflationären Kräfte in Europa genau zu beobachten. Zumal die Inflation sich im Januar in Israel auf 1,4% zurückgebildet hat. Und die Erwartungen sind dahingehend, dass die Inflationsrate weiter auf 1% fällt.

Die Entscheidung, den Zinssatz für März 2014 um 0,25% auf 0,75% zu senken, steht im Einklang mit der Geldpolitik der BoI, um die Inflationsrate über die nächsten 12 Monate innerhalb des Preisstabilitätsziels von 1 bis 3% pro Jahr zu verankern und gleichzeitig das Wirtschaftswachstum sowie die Finanzstabilität zu fördern.

Der Pfad des Zinssatzes in Zukunft hängt von den Entwicklungen der Inflation, des Wachstums in Israel und der globalen Wirtschaft, der Geldpolitik der grossen Zentralbanken und den Entwicklungen des Wechselkurses von Schekel ab, liess die BoI wie üblich in einer Pressemitteilung wissen.


Inflation Israel, Graph: Morgan Stanley

Montag, 24. Februar 2014

Negative Kern-Inflation im Euro-Raum

Die monatliche Inflation betrug im Euro-Raum im Januar -1,1%. Jährlich lag sie bei 0.8%. Ein Jahr zuvor hatte sie noch 2,0% betragen. Im Vergleich zum Dezember 2013 ging die jährliche Inflation in 17 Mitgliedstaaten zurück, wie eurostat heute mitgeteilt hat.

Die Kern-Inflation im Euro-Raum liefert nun zum ersten Mal einen negativen Messwert in diesem Ausmass. Die Inflationsrate ohne Berücksichtigung von Preisen für Nahrungsmittel und Energie ist im Januar binnen Monatsfrist um 1,7% zurückgegangen.

Die EZB strebt mittelfristig eine Inflation von knapp zwei Prozent an und unterbietet damit das eigene Inflationsziel.

Warum hat die EZB aber den anhaltenden Preisverfall nicht kommen sehen?



Kern-Inflation im Euro-Raum, Graph: eurostat

Kern-Inflation und Kern-Kern-Inflation à la Japan

Die Inflation wird durch Preisänderungen von Gütern in einem bestimmten Warenkorb abgebildet. Zur Messung der Inflation (headline inflation) wird i.d.R. der Verbraucherpreisindex (CPI) herangezogen.

Ein zusätzliches Konzept ist die sog. Kerninflation (core inflation). Die Kerninflationsrate schliesst die Preise für Lebensmittel und Energie aus der Berechnung von CPI aus, weil sie stärker schwanken als die anderen Preise.

Zum Konzept der Kerninflation gibt es im Übrigen weitere ergänzende Messwerte wie der getrimmte Mittelwert (trimmed mean CPI) und Median Konsumenten-Preisindex (median CPI).

Bemerkenswert ist, dass Japan die Kerninflation-Messung à la USA Kern-Kern-Inflation (core-core inflation) nennt, wo die heftig schwankenden Preise für Nahrungsmittel und Energie nicht mit berücksichtigt werden. Oben darauf haben die Japaner aber auch eine Messung Kerninflation, in welcher die Preise von Nahrungsmitteln ausgelassen, aber die von Energie berücksichtigt werden.

Das stiftet natürlich Verwirrung, wenn in den Medien die japanische Messung von Kern-Inflation mit der im Westen üblichen Messung von Kern-Inflation gleichgesetzt wird.

Warum ist das alles wichtig? Die ganze Geschichte hat mit Abenomics zu tun? Die Geldpolitik à la Abenomics scheint einen soliden Erfolg auszuweisen, wie die aktuellen Daten nahelegen:

Die japanische Inflation klettert in Richtung 2%. Das ist ein Zeichen, das darauf hindeutet, dass die Bank of Japan (BoJ) mit dem „glaubwürdig unverantwortlichen geldpolitischen Kurs“ das Inflationsziel demnächst erreichen könnte.

Deutschland und Austerität-Mythos

Die herkömmliche Meinung über Austerität in Europa beruht nicht auf Evidenz oder Analyse. Es handelt sich mehr oder weniger um ein Produkt der Einbildung der politischen Elite.

Trotz der Tatsache, dass die europäische Wirtschaft schwer angeschlagen ist, hält die EU-Kommission daran fest, die Ausgabensenkungen fortzusetzen. Dabei schafft die Fiscal Austerity keine Arbeitsplätze. Die restriktive Fiskalpolitik bleibt restriktiv.

Dennoch werden immer wieder Stimmen laut, wonach die harschen Sparmassnahmen das Wirtschaftswachstum nicht schädigen. Man blicke dafür auf Deutschland: Die deutsche Wirtschaft wachse trotz der Austeritätspolitik kräftig.

Dass die Austerität Stagnation auslöse, sei nicht korrekt, sagte Jean-Claude Trichet einst. Der ehemalige EZB-Präsident hat deshalb die Politik des Gürtel-enger-Schnallens während seiner Amtszeit vehement in Schutz genommen.

Vor diesem Hintergrund bemerkt Paul Krugman in seinem Blog, dass die Deutschen es im Allgemeinen mögen, Austerität zu loben und restriktive Fiskalpolitik zu fordern. Hat aber Deutschland sich selbst in der Tat so viel Austerität auferlegt? Die Antwort lautet nein.

Krugman bietet dazu die folgende bemerkenswerte Abbildung (Austerität versus Wachstum), die den puren Beweis dazu liefert, dass Deutschland weniger Sparmassnahmen getroffen hat als jedes andere Land in der Euro-Zone.



Austerität versus Wirtschaftswachstum in der Eurozone, Graph: Prof. Paul Krugman

Sonntag, 23. Februar 2014

Rezessionen und Erholung

Die wirtschaftliche Erholung geht seit 2009 nur schleppend voran. Das hat mit Vertrauen nichts zu tun. Die wirtschaftliche Ursache der Krise war die übermässige private Verschuldung. Und der Privatsektor leidet heute immer noch unter einem enormen Schuldenüberhang.

Während die Ausgabenkürzungen auf der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage lasten und keine Arbeitsplätze schaffen, verhindern die austeritätspolitischen Massnahmen die Erholung der Wirtschaft. Was steckt dahinter? Eine dogmatisch geschürte Panik über Haushaltsdefizite.

Wahr ist, dass Haushaltsdefizite nicht zu einem Anstieg der Zinsen führen, wenn die Wirtschaft in einer Depression steckt. Die Ausweitung der Notenbankgeldmenge hat auch keine Hyperinflation ausgelöst.

Vor diesem Hintergrund ist es schockierend, zu erfahren, dass eine Mehrzahl der Fed-Mitarbeiter im Nachspiel der Finanzkrise 2008 mit Fokus auf die Inflation eifrig Zinserhöhung gefordert hat,  wie aus den am Freitag  veröffentlichten Protokollen der Fed-Sitzungen hervorgeht.

Was dabei unberücksichtigt bleibt, ist die empirische Evidenz, dass die Rezessionen, die nach der „Great Moderation“ stattfanden, sich von Rezessionen aus den 1970er und 1980er Jahren deutlich unterscheiden. Die Rezessionen wurden damals zumeist durch hohe Zinsen, die von der Fed angeordnet waren, um Inflation unter Kontrolle zu halten, verursacht.

Bank of Israel wird von zwei Frauen geleitet

Die israelische Regierung hat heute in einer wöchentlichen Kabinettssitzung die Ernennung von Frau Dr. Nadine Baudot-Trajtenberg zur stellvertretenden Gouverneurin der Bank of Israel (BoI) beschlossen.

Frau Baudot-Trajtenberg will am 2. März das Amt übernehmen.  Sie wird gleichzeitig als Mitglied des geldpolitischen Ausschusses der israelischen Notenbank (BoI) dienen.

Es war die Gouverneurin Karnit Flug, die die in Kanada geborene Ökonomin Baudot-Trajtenberg als vorgeschlagen hatte. Nun wird die Bank of Israel von zwei Frauen geführt. Das ist in der Geschichte der BoI einmalig. Die BoI-Chefin Karnit hat das Amt im November 2013 übernommen.



Der PMI-Index (Einkaufsmanager-Index) in Israel befindet sich auf dem höchsten Stand seit April 2013, Graph: Morgan Stanley

Samstag, 22. Februar 2014

Unterschiede zwischen Quantitative Easing und Credit Easing

Nachdem die nominalen Zinsen im Sog der Finanzkrise von 2008 auf der Null-Grenze (zero lower bound) aufgeprallt sind, waren die Notenbanken gezwungen, unkonventionelle Geldpolitik zu betreiben. Die auffälligste Massnahme ist die sog. mengenmässige Lockerung der Geldpolitik: kurz genannt QE-Policy (QE=quantitative easing). Doch die Fed nennt die eigene Version nicht QE, sondern Credit Easing.

Nun findet sich in den gestern von der US-Notenbank am Freitag veröffentlichten Sitzung-Protokollen eine Stelle, wo Fed-Präsident Ben Bernanke die Unterschiede zwischen der QE-Politik à la Bank of Japan (BoJ) und der CE-Politik à la Fed erläutert.

In gewisser Hinsicht sind die Ansätze ähnlich. Aber es gibt grundlegende Unterschiede, so Bernanke.

Der japanische Ansatz der QE-Politik konzentriert sich auf die Passiv-Seite der Bilanz, insbesondere auf die Menge der Bankreserven bei der BoJ und die Notenbankgeldmenge (base money). Die Theorie dahinter ist, enorme Mengen von günstiger Liquidität für die Banken zur Verfügung zu stellen, um die Banken auf die Weise zu ermutigen, mehr Kredit zu verleihen und das Kreditgeschäft anzukurbeln. Im Ergebnis erhöhen sich die Geldaggregate, was dazu führt, dass die Preise steigen und Vermögenspreise stimuliert werden, damit die Wirtschaft angekurbelt wird.

Bernanke betont zugleich, dass die QE-Politik negativ wahrgenommen werde. Die Wirkung der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik auf die Kreditpolitik der Banken werde nicht allzu gross eingeschätzt. Doch die QE-Politik hat Einfluss auf die Erwartungshaltung der Banken in Bezug auf den Verlauf der Zinsen. Da die Abwicklung der QE-Politik Zeit in Anspruch nimmt, werden die Erwartungen im Hinblick auf die Erhöhung der Leitzinsen in die ferne Zukunft gelenkt, schildert Bernanke weiter.


US-Dollar Wechselkurs im Sog der Finanzkrise von 2008, Graph: Fed - "Materials 2008", veröffentlicht im Febr 2014

Protokolle der Fed-Sitzungen während der Finanzkrise

Die Fed hat gestern die langersehnten Sitzungsprotokolle während der Finanzkrise veröffentlicht. Es besteht heute keinen Zweifel daran, dass die US-Wirtschaft im Januar 2008 nahe Kernschmelze stand. Doch wie ging es damals innerhalb der US-Notenbank ab? Was hat sich im amerikanischen Finanzministerium abgespielt?

Eins vorab: Es war keine Fiskal-Krise. Der Kern des Problems waren nicht Staatsschulden. Die wirtschaftliche Ursache war die Blasenbildung am Immobilienmarkt. Es ging nicht um öffentliche, sondern um die private Verschuldung. Erst die Rettung der Banken hat die Debatte über den Staatshaushalt aufflammen lassen, politisch motiviert wohlgemerkt.

NYTimes bietet dazu einen eindrücklichen Überblick im Zeitraum.

Was aus den Sitzungsnotizen hervorgeht, ist, dass die neue Fed-Chefin Janet Yellen als eine der ersten im geldpolitischen Ausschuss der US-Notenbank die Gefahr erkannt hat, dass die geplatzte Blase am Immobilienmarkt die ganze Wirtschaft total abstürzen würde. Der Rest der Fed-Ökonomen hat sich auf die Inflation konzentriert.



PCE Inflation in den USA, Graph: Fed Cleveland

Reallöhne in Deutschland sinken um 0,2%

Die Reallöhne sind in Deutschland im Jahr 2013 im Vergleich zum Vorjahr um durchschnittlich 0,2% gesunken.

Da kann natürlich keine Rede davon sein, dass die deutsche Wirtschaft 2013 auf einen stabilen Erholungskurs eingeschwenkt ist, wie Heiner Flassbeck in seinem Blog unterstreicht.

Deutschland versucht insbesondere seit der Einführung der Gemeinschaftswährung mit Lohn-Dumping seine Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Die Nomimallöhne steigen weniger als die für die EU insgesamt geltende, gemeinsam festgelegte Inflationsrate, obwohl die Produktivität im Trend läuft.

Das kann in einer Währungsunion (mit einer Gemeinschaftswährung) nicht funktionieren. Der Kern der Euro-Krise waren von Anfang an nicht die Staatsschulden, sondern die Ungleichgewichte im Aussenhandel.



Entwicklung der Reallöhne in Deutschland, Graph: Das Statistische Bundesamt (destatis)

Freitag, 21. Februar 2014

Stimulus Tragödie

Das Konjunkturpaket in den USA war wirksamer als viele Menschen erkennen. Inzwischen sind seit der Unterzeichnung der American Recovery and Reinvestment Act (ARRA) fünf Jahre vergangenen.

Paul Krugman schreibt in seiner lesenswerten Kolumne („The Stimulus Tragedy“) am Freitag in NYTimes, dass sich im Laufe der Zeit gezeigt hat, dass das Gesetz viel Gutes zustande gebracht hat. Es hat Millionen von Arbeitsplätzen geschaffen oder geschützt und ein wichtiges Vermächtnis für öffentliche und private Investitionen hinterlassen.

Es war zugleich eine politische Katastrophe, so Krugman. Und die Folgen dieser politischen Katastrophe, die Wahrnehmung, dass das Konjunkturpaket gescheitert sei, verfolgt die Wirtschaft seither.

Was hat das Konjunkturprogramm an Gutes geleistet? Die meisten sorgfältigen Studien deuten auf starke positive Effekte hinaus, was Beschäftigung und Produktion betrifft.

Noch wichtiger ist, dass es ein riesiges natürliches Experiment in Europa gibt. Die Austerität hat zu einer scheusslichen und in manchen Fällen katastrophalen Rückgang der Produktion (output) und der Beschäftigung geführt. Und der private Verbrauch ist in den Ländern, die zu einer harschen Austeritätspolitik verdammt wurden, gefallen, was die direkten Auswirkungen der Sparpolitik weiter verstärkt hat.



Arbeitslosigkeit in den USA mit und ohne Konjunkturprogramm, Graph: Christina Romer and Jared Bernstein in: The job impact of the American Recovery and Reinvesment Plan, Jan 2009

Donnerstag, 20. Februar 2014

Schweizer Aussenhandel mit Gold

Wie die Schweizer Zollverwaltung (EZV) heute mitgeteilt hat, war der asiatische Markt im Januar 2014 der Hauptabnehmer von Gold- und Silberbarren sowie Münzen aus der Schweiz.

Im Jahr 2013 importierte die Schweiz Goldbarren im Wert von 109 Mrd. CHF und exportierte für 118 Mrd. CHF. 

Seit 2005 hat sich der Wert der Goldeinfuhren bis 2013 verachtfacht, während sich jener der Ausfuhren mehr als versechsfachte.

Der Goldpreis erhöhte sich in diesem Zeitraum von 16‘200 auf 41‘400 CHF pro Kg. Der Höchststand wurde mit 50‘100 CHF pro Kg im Jahr 2012 erreicht.


Schweizer Aussenhandel mit Goldbarren, Graph: Eidgenössische Zollverwaltung (EZV)

Mittwoch, 19. Februar 2014

China verkauft US-Staatsanleihen

Aus den aktuellen TIC-Daten (Treasury International Capital), die das amerikanische Finanzministerium am Dienstag veröffentlicht hat, geht hervor, dass China im Dezember US-Staatspapiere in Höhe von 47,8 Mrd. USD verkauft hat.

Allerdings entfällt davon nur 4,7 Mrd. USD auf die langfristigen US-Treasury Bonds. Der Rest betrifft die kurzfristigen US-Wertpapiere.

China hat seit zwei Jahren nicht mehr so viele US-Staatspapiere in einem Monat verkauft. Die Frage, ob es mit dem Tapering-Prozess zu tun hat, bleibt aber offen. Denn die Nachfrage nach US-Staatsanleihen, die weltweit als liquide, sicher und hochwertig gelten, reisst in Abwesenheit von Inflationsgefahr nicht ab.

Fast die Hälfte der handelbaren ausstehenden US-Schuldtitel werden per Ende Dezember 2013 von ausländischen Investoren gehalten. Der gesamte Bestand der ausländischen Investoren an US-Staatspapieren ist im vergangenen Jahr trotz Tapering-Debatte weiter angestiegen (+4%).




Renditekurve der US-Staatspapiere, Graph: US-Schatzamt (US Departement of the Treasury)
Die obere Kurve gibt die nominalen Werte an.
Die untere Kurve repräsentiert die realen Werte.

Dienstag, 18. Februar 2014

In Grossbritannien fällt Inflation unter zwei Prozent

Die Inflation (CPI) in Grossbritannien ist im Januar zum ersten Mal seit vier Jahren unter die Marke von 2% gefallen. Annualisiert beläuft sich der Verbraucherpreis-Index auf 1,9%.

Wo bleiben die warnenden Stimmen? Die Inflation werde durch die Decke schiessen. Die BoE soll mit der QE-Politik sofort aufhören.

Der Anstieg der Notenbankgeldmenge führt nicht zum Anstieg der Inflation, wenn die nominalen Zinsen nahe null liegen und die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt. Es gibt kein crowding-out. Es besteht eher die Gefahr des Sparparadoxon (paradox of thrift).

Spart ganz Europa, kann Grossbritanniens Wirtschaft nicht wachsen. Die aktiven Anhänger der Austeritätspolitik unterlagen von Anfang an dem Trugschluss der Verallgemeinerung (fallacy of composition). Wie Keynes sagte: Nicht alle können gleichzeitig durch Sparpolitik wachsen.

So was wie expansionary austerity gibt es nicht. Kontraktive Fiskalpolitik bleibt kontraktiv. Die Austeritätspolitik der EU ist endgültig gescheitert.



Grossbritannien: Inflation (CPI) im Januar 2014, Graph: ONS (Office for National Statistics)

Montag, 17. Februar 2014

US-Notenbank soll sich am Lohnwachstum orientieren, nicht an Inflation

Jan Hatzius schlägt vor, dass die Fed sich an Lohnwachstum statt an Inflation orientieren soll, um den Kurs der Geldpolitik zu bestimmen, wie Scott Sumner in seinem Blog darauf hindeutet.

Warum soll aber Lohnwachstum als Indikator dienen? Antwort: Die Löhne reagieren auf die Verschärfung der Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt, während die Verbraucherpreisinflation es nicht tut.

Niedrige Inflation sollte auf die Grössenordnung der Beschäftigungslücke hinweisen, schreiben Hatzius und sein Mitarbeiter Sven Jari Stehn von Goldman Sachs in einer neulich vorgelegten Analyse.

Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass die Preisinflation auf die Beschäftigungslücke nicht reagiert, wenn die Inflation sehr niedrig ist und scheint dabei zufällig zu schwanken, wenn die Wirtschaft nahe Preisstabilität weilt.

Das lässt sich zwischen 2011 und 2013 am Verlauf der Kern-PCE Inflation erkennen. Die Kerninflation ist 2011 zunächst um einen vollen Prozentpunkt gestiegen und dann 2013 um den gleichen Betrag gefallen, ohne überzeugende makroökonomische Erklärung.



Price versus Wage Inflation in the US, Graph: Jan Hatzius, Goldman Sachs via Business Insider

Von wegen Iron Man an der Wall Street

Greg Mankiw nimmt in einem wunderlichen Artikel („Yes, the Wealth Can be Deserving“) am Sonntag in NYTimes die 1% in Schutz.

Der an der Harvard University lehrende Wirtschaftsprofessor beschwört sogar die starke Rolle des Glücks im finanziellen Sinne, um zu argumentieren, dass die vermögenden Menschen es verdienen, was sie haben. Das grosse Geld sei zudem die Belohnung für aussergewöhnliche Fähigkeiten und harte Arbeit, was im Grunde genommen nichts anderes als ein krasser Widerspruch ist.

Wie auch immer: Mankiw beginnt mit Robert Downey Jr. Der Hollywood-Star und Iron Man-Darsteller verdiene angeblich 50 Mio. USD pro Film. Ohne in Frage zu stellen, wie gut der Akteur talentiert ist, bemerkt Dean Baker in seinem Blog dazu, dass das Ganze, was Mankiw beschreibt, nicht unbedingt mit Talent und der harten Arbeit zu tun hat. Entscheidend ist die Struktur der Wirtschaft (weitere Stichworte: Technologie und Globalisierung).

Es gab im Verlauf der Jahre viele Akteure, die grosse Leistungen für viel weniger Geld erbracht haben. Wie kommt es aber, dass Downey Jr heute viel mehr verdient als ein grossartiger Akteur vor 50, 60 oder 70 Jahren?

Der Grund, warum Downey so hohe Gehaltsschecks in Anspruch nehmen kann, ist im Wesentlichen die Regelung der Urheberrechte (copyrights), die in den USA im Verlauf der Zeit von 28 auf 95 Jahre ausgestreckt und weiter gestärkt worden sind.

Auch die Durchsetzung der Geltung der Urheberrechte wurde in den vergangenen Jahren nach und nach erhöht, wo die Benutzung von nicht-autorisierten Kopien des urheberrechtlich geschützten Materials im Internet mit imposanten Geldbussen belegt werden.

Sonntag, 16. Februar 2014

Negative Renditen für Schweizer Geldmarkt-Buchforderungen

In der Schweiz wurden seit Jahresbeginn bisher insgesamt fünf Geldmarktpapiere mit 3 Monaten Laufzeit ausgegeben. In den fünf Versteigerungen hat sich jeweils in allen Fällen eine negative Rendite ergeben. Das Renditeniveau schwankt zwischen -0,071% und 0,107%.

Es gingen Gebote im Durchschnitt 4‘900 Mio CHF ein, wobei im Durchschnitt 769 Mio. CHF zugeteilt wurden.

Es fand auch eine Auktion für ein Papier mit 12 Monaten Laufzeit statt. Das Ergebnis war ebenfalls eine negative Rendite: -0,054%.

Die Suche nach sicheren, liquiden und hochwertigen Papiere scheint nicht abzureissen. Auch der Repo Overnight Satz ist in der Schweiz negativ: -0,03% (SARON).



Schweizer Zinsstrukturkurve Geldmarktpapiere in CHF, Graph:SIX Swiss Exchange

Samstag, 15. Februar 2014

Arbeitslosigkeit und Dezentralisierung der Lohnverhandlungen in Deutschland

Tim Taylor befasst sich in seinem Blog mit dem Rückgang der deutschen Arbeitslosigkeit. Die Arbeitslosenquote in Deutschland ist im März 2005 (gemessen an OECD-Daten) auf 12,1% gestiegen und dann mehr oder weniger stetig gesunken. Während der Great Recession gab es nur einen kleinen Knick.

Es gibt im Wesentlichen drei Kategorien von Erklärung für die bemerkenswerte Entwicklung des Arbeitsmarktes, bemerkt Taylor:

(1) Die Dezentralisierung der Lohnverhandlungen in Deutschland ab den 1990er Jahren, 

(2) Die "Hartz-Reformen" Mitte der 2000er Jahren und 

(3) Die Auswirkung der Einführung der Gemeinschaftswährung auf die konjunkturelle Situation in Deutschland.

Zum ersten Punkt gibt es eine Analyse („From Sick Man of Europe to Economic Superstar: Germany’s Resurgent Economy“) von Christian Dustmann, Bernd Fitzenberger, Uta Schönberg und Alexandra Spitz-Oener.

Die Löhne in Deutschland sind seit rund 1994 weniger als die Produktivität gestiegen. Die Lohnstückkosten sind wesentlich langsamer gestiegen als in den anderen EU-Ländern und in den USA. Die Löhne wurden in dieser Zeit zugleich auch deutlich ungleicher.

In der folgenden Abbildung ist die Entwicklung der 85., der 50. und der 15. Perzentile der Löhne zu sehen.



Lohnwachstum in Deutschland für Perzentile 85, 50 und 15, Graph: Tim Taylor in: Conversable Economist

Freitag, 14. Februar 2014

Moderne Konservative und die Würde der Arbeitnehmer

Das CBO streitet mittlerweile ausdrücklich ab, dass Obamacare Arbeitsplätze vernichtet. Einige, wenn auch bei weitem nicht alle Republikaner haben jetzt aufgehört, darüber Lügen zu verbreiten.

Aber sie bringen ein anderes Argument: Das Ganze sei immer noch eine schlechte Sache, wie Paul Ryan, Vertreter der Republikanischen Partei im US-Repräsentantenhaus  ausdrückt, weil damit die Würde der Arbeit beeinträchtigt werde.

Worum geht es? Paul Krugman erklärt es in seiner lesenswerten Kolumne („Inequality, Dignity and Freedom“) am Freitag in NYTimes.

Es ist gut, über die Würde der Arbeit abstrakt zu reden. Aber zu behaupten, dass die Arbeitnehmer trotz der enormen Ungleichheit dieselbe Würde hätten, ist einfach albern, argumentiert der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor.

In der Tat sieht es so aus, als ob die Lotto-Gewinner und die republikanischen Politiker diejenigen wären, die die Leistungen der einfachen Arbeitnehmer am wenigsten respektieren.

Wie könnte aber die Würde der amerikanischen Arbeitnehmer trotz der enormen Einkommensunterschiede aufgewertet werden? Wie ist es mit Gesundheitsversorgung, Chancen für die Kinder von Menschen mit knappen Einkommen, Mindestlohn? Werden die lebensnotwendige Dinge noch vorhanden sein, wenn die Arbeitnehmer entlassen oder ihre Arbeitsplätze nach Übersee verlagert werden?

Man denke nach, so Krugman: Was hat sonst so viel für die Verbesserung der Würde der amerikanischen Senioren getan wie die Social Security und Medicare (der staatliche Gesundheitsdienst für Rentner)?

Austerität erhöht Einkommensungleichheit

Die Einkommensungleichheit ist auf historischen Höchstständen. Mehr als die Hälfte des US-Einkommens entfällt auf die reichsten 10%.

Eine derart krasse „Punkteteilung“ gab es in den USA seit den 1920er Jahren nicht. In den OECD-Ländern ist die Einkommensungleichheit in den drei Jahren bis 2010 nicht mehr so gestiegen wie in den vorangegangenen 12 Jahren zuvor.

Was hauptsächlich dazu beigetragen hat, erklären Davide Furceri und Prakash Loungani in einem lesenswerten Artikel (“Who let the Gini out? Searching for sources of inequality”) in voxeu.

(1) Die Öffnung der Kapitalmärkte, die unter dem Stichwort “Liberalisierung des Kapitalverkehrs” bekannt ist.

(2) Der Hang der Regierungen, Haushaltskonsolidierung anzustreben. Das Stichwort dazu ist Austeritätspolitik.

Die Great Recession von 2007-2009 hat zu einem signifikanten Anstieg der Staatsverschuldung in den miesten Industrieländern geführt, v.a. wegen der Schrumpfung der Steuereinnahmen, der Kosten für die Rettung der Banken (bailout) und Unternehmen und der Konjunkturprogramme (fiscal stimulus).

Die Staatsverschuldung ist im Durchschnitt von 70% des BIP auf rund 100% des BIP 2011 angestiegen. Das ist der höchste Stand seit 50 Jahren. Vor diesem Hintergrund ergriffen Regierungen Massnahmen für die Haushaltskonsolidierung.



Der Haushaltskonsolidierung folgen Anstiege der Einkommensungleicheit, Graph: Davide Furceri und Prakash Loungani (“Who let the Gini out? Searching for sources of inequality”) in: voxeu

Donnerstag, 13. Februar 2014

Geld macht Menschen politisch rechts und anti-egalitär

Warum ist man rechts- oder linksorientiert? Man denkt wahrscheinlich, dass es sich dabei um eine echte, ruhige und ethische Wahl handelt.

Andrew Oswald erläutert vor diesem Hintergrund in einem lesenswerten Artikel („Money makes people right-wing and inegalitarian“) in voxeu, welche tiefen und kausalen Kräfte für die politischen Präferenzen verantwortlich sind.

Die wissenschaftlichen Wurzeln der politischen Ansichten der Menschen werden kaum verstanden, hebt der Autor hervor. Eine Möglichkeit ist, dass die Einstellung der Bürger in bezug auf die Politik und die Umverteilung von zutiefst moralischen Ansichten motiviert wird.

Eine andere Möglichkeit ist (was wahrscheinlich von Ökonomen angenommen wird), dass die Abstimmung-Entscheidungen aus Eigeninteresse getroffen und dann im Kopf mit einer Form der moralischen Rhetorik bestickt werden.

Die Überprüfung der beiden Möglichkeiten ist intellektuell wichtig. Und es ist auch von Natur aus schwierig. Weil so viele von unseren Einstellungen als Menschen aus früheren Zeiten des Lebens stammen und in den Augen der Forscher ein „person fixed-effect“ widerspiegeln.

In den meisten Datensätzen neigen reiche Leute nach rechts. Die Tatsache, dass hohes Einkomen und rechte Ansichten positiv korrelieren, ist in der quantitativen Sozialforschung wiederholt dokumentiert, so der an der Warwick University lehrende Wirtschaftsprofessor.


Die prozentuale Anzahl von Menschen, die nach dem Lotto-Gewinn ihre politischen Ansichten von links zu rechts gewechselt haben, Graph: Prof. Andrew Ostwald  „Money makes people right-wing and inegalitarian“ in voxeu

EZB und negative Verzinsung der Bank-Einlagen

Die EZB zieht ernsthaft in Erwägung, den Zinssatz für die täglich fälligen Bankeinlagen (deposit rate) in den negativen Bereich zu senken. Das hat ein Mitglied des EZB-Direktoriums gestern in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters gesagt.

Benoit Coeure fügt hinzu, dass man davon nicht viel erwarten soll. Die negative Verzinsung der Einlagen kann helfen , einen zusätzlichen Anreiz zu schaffen. Aber es sei nicht die Antwort auf alles. Die EZB habe lange darüber diskutiert und sei heute technisch dazu bereit.

Wie das WSJ berichtet, bestätigt die EZB Coeures Aussagen.

Der Satz für Einlagen liegt bereits seit Mitte 2012 bei Null.



Abhängigkeit von der EZB-Finanzierung in der Eurozone, Graph: Morgan Stanley

Deflation in Südeuropa

Deflation ist derzeit das unterschätzte Risiko in Südeuropa. Die Preise fallen zur  Zeit in Griechenland  und stagnieren in Portugal und Spanien. In Italien hingegen steigen sie, aber mit einem sehr moderaten Tempo.

Eine aktuelle Analyse von Morgan Stanley zeigt, dass ein Fünftel der Preise im HICP-Warenkorb in Italien negative Inflation aufweisen. Der Prozentsatz beträgt in Spanien ein Drittel, in Portugal mehr als 50% und in Griechenland drei Viertel.

Der allgemeine Trend ist bisher so, dass eine breite Reihe von Produkten über die Zeit Deflation erfährt, wenn auch mit einem unterschiedlichen Tempo.



Preisverfall verbreitet sich in Südeuropa, Graph: Morgan Stanley

Mittwoch, 12. Februar 2014

US-Arbeitslosenzahlen nach U3 und U6

Janet Yellen hat sich gestern in einer ersten Anhörung vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses zur Geldpolitik geäussert. Die neue US-Notenbank-Chefin hat unterstrichen, dass die Fed ihre Anleihekäufe in diesem Jahr reduzieren wird wie von ihrem Vorgänger Ben Bernanke geplant worden ist.

Paul Krugman hebt in seinem Blog einen wichtigen Punkt hervor: Yellen denkt, dass die herkömmliche Arbeitslosenquote kein gutes Bild vom schwachen Arbeitsmarkt verschafft.

Yellen hat in ihrer Stellungnahme v.a. das hohe Niveau der Langzeitarbeitslosigkeit und die grosse Zahl der unfreiwilligen Teilzeitbeschäftigung angesprochen.

Krugman bietet dazu eine selbst angefertigte Abbildung, wo die sog. i.d.R. zumeist zitierte U3 Arbeitslosigkeit im Vergleich zu U6 Arbeitslosigkeit (einer breiteren Definition, wo auch Arbeitslose erfasst werden, die unfreiwillig eine Teilzeitbeschäftigung annehmen und aus Enttäuschung den Arbeitsmarkt verlassen) zu sehen ist.

Die blauen Punkte repräsentieren die Zeit vor der Great Recession, und die roten die spätere Beobachtung. Historisch gesehen bewegen sich die U3 und U6 ziemlich gemeinsam. Aber U6 ist zuletzt etwas höher gestiegen als man angesichts des Rückgangs von U3 erwartet hätte.

Wenn aber der enge Zusammhang zwischen U3 und U6 vor dem Ausbruch der Krise noch gelten sollte, müsste man einen solchen Anstieg von U6 nicht erwarten, es sei denn, die enge Definition von Arbeitslosigkeit wäre 7,5%.



US-Arbeitslosigkeit gemessen an U3 und U6, Graph: Prof. Paul Krugman

Wie sieht es auf dem Kreditmarkt in der Eurozone aus?

EZB-Präsident Mario Draghi hat zuletzt Unterstützung für den Kapitalmarkt angedeutet, um Deflationsrisiken in der Eurozone zu bekämpfen.

Der europäische Kapitalmarkt ist zur Zeit durch zwei Besonderheiten gekennzeichnet: (1) negatives Wachstum der Kreditvergabe und (2) der anhaltende Schuldenabbau-Prozess (deleveraging).

Die beiden Aspekte verstärken zweifelsohne die disinflationären Kräfte in Europa. Und was noch schlimmer ist, dass die EZB das Inflationsziel (ca. 2%) unterläuft, und zwar um mehr als 100 Basispunkte.

Was ist zu tun? Der Ankauf von Staatsanleihen gilt nach dem Dogma von Activist Austrians als „monetäre Haushaltsfinanzierung“. Die EZB sieht auch keine Notwendigkeit, Unternehmensanleihen zu kaufen. Überlegt sich Draghi nun, Bankdarlehen auf dem Markt zu kaufen, wo das Kreditwachstum träge ist und die Risikoaufschläge (spreads) nach wie vor hoch liegen?

Eine Möglichkeit ist dabei, dass die EZB im Verbriefungsmarkt (securitization market) interveniert, um die gesamten Kosten der Kreditfinanzierung zu senken.




Risikoaufschläge für Unternehmensanleihen, Graph: Morgan Stanley

Dienstag, 11. Februar 2014

Future Markets für die Fed Funds Rate

Die Fed hat Ende 2008 im Sog der Finanzkrise die kurzfristigen Zinsen auf nahe Null (zero lower bound) gesenkt. Das war nicht genug. Um die US-Wirtschaft anzukurbeln, hat die Fed als lender of last resort andere Werkzeuge gesucht, mit dem Ziel, die langfristigen Zinsen zu lockern.

Ein unkonventionelles Instrument war dabei die QE-Politik. Mit der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik  (QE=quantitative easing) hat die US-Notenbank am offenen Markt UST und MBS gekauft.

Ein weiteres neues Werkzeug war das Versprechen (forward guidance), die kurzfristigen Zinsen für eine lange Zeit niedrig zu halten. Es war ein Versuch, die Marktteilnehmer von Niedrigzinsen zu überzeugen.

Die langfristigen Zinsen setzen sich zum Teil aus dem Verlauf der kurzfristigen Zinsen zusammen.

Im Dezember 2012 belief sich die US-Arbeitslosigkeit auf 7,8%. Die Fed hat angekündigt, die kurzfristigen Zinsen nicht zu erhöhen, bis die Arbeitslosigkeit auf mindestens 6,5% fällt. Die Arbeitslosigkeit beträgt zur Zeit 6,6%.

Was geschieht nun? Die Fed hat nicht gesagt, die kurzfristigen Zinsen zu erhöhen, sobald die Arbeitslosenquote 6,5% erreicht. Der geldpolitische Ausschuss (FOMC) der US-Notenbank hat auf der Sitzung im Dezember 2013 mitgeteilt, dass die Zinsen sehr niedrig verbleiben werden, auch nachdem die Arbeitslosenquote unter 6,5% sinkt, v.a. wenn die projizierte Inflation weiterhin unter 2% (inflation target) verläuft.



Future Märkte für die Fed Funds Rate, Graph: WSJ Following Guidance

Montag, 10. Februar 2014

Emerging Markets Blues

Kaum hat die US-Notenbank die allmähliche Rückführung (tapering) der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik (quantitative easing) angekündigt, sind die sog. Schwellenländern (emerging markets) mit sudden stop konfrontiert worden.

Wie tief die Kausalität ist, bleibt eine offene Frage. Dennoch werden die Emerging Markets (EM) zur Zeit von heftigen Währungsturbulenzen heimgesucht. Bis vor kurzem galten die aufstrebenden Volkswirtschaften als dynamische Wachstumsmotoren. Heute scheinen die Hoffnungen auf einmal völlig zersträubt.

Argentien und Venezuela haben sich von den heterodoxen Politik-Tricks verabschiedet. Brasilien und Indien brauchen neue Wachstumsmodelle. Die Türkei und Thailand stecken in politischen Krisen, schreibt Dani Rodrik in einem lesenswerten Artikel („Death by Finance“) in Project Syndicate.

Eine weitere Frage ist natürlich, ob Chinas Wirtschaftswachstum in Form einer weichen oder harten Landung erfolgen wird.

Es gibt laut Rodrik einige fundamentale Lehren aus den jüngsten Ereignissen im Allgemeinen zu ziehen:

(1) Das ist eben EM-Hype. Wirtschaftswunder geschehen selten. Das Wachstum der Schwellenländer beruhte in den letzten zwei Jahrzehnten auf einem zufälligen und vorübergehenden Satz von äusseren Umständen: Hohe Rohstoffpreise, niedrige Zinsen und eine scheinbar endlos zur Verfügung stehende Fremdfinanzierung.

Wie arbeitslose Menschen abgeschrieben werden

Im Jahr 1987 hat Alan Blinder, Uni Princeton ein sehr gutes Buch mit dem Titel „Hard Heads, Soft Hearts“ veröffentlicht, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Writing off the unemployed“) am Montag in NYTimes.

Es war ein Aufruf, wie man sich vorstellen kann, ein Aufruf zu einer zähen aber mitfühlenden Wirtschaftspolitik. Leider ist das, was wir heute nicht nur, aber insbesondere von den Republikanern bekommen, genau das Gegenteil, beschreibt Krugman. Und es ist schwierig, ein besseres Beispiel für die hartherzige, aber weichköpfige Natur der heutigen GOP zu finden als die Verschleppungstaktik, um die Sozialhilfe für die Langzeitarbeitslose zu blockieren.

Was wissen wir aber heute über die Langzeitarbeitslosigkeit in Amerika? Erstens ist es immer noch fast auf Rekordhöhe. Doch das verlängerte Arbeitslosengeld, welches in 2008 in Kraft getreten war, verfällt nun. Als Folge davon werden nur einige der Langzeitarbeitslosen Unterstützung bekommen.

Zweitens ist es falsch, falls man denkt, dass der typische langzeitarbeitslose Amerikaner „nicht-weiss, schlecht ausgebildet usw“ ist. Es ist so, dass Hochschulabsolventen mehr in die Reihen der Langszeitarbeitslosen kommen als andere.

Drittens hat die Langzeitarbeitslosigkeit in einem schwachen Arbeitsmarkt den Hang, Selbstläufer zu sein, weil die Arbeitgeber Arbeitslose in der Tat unterschiedlich behandeln.



Alan Blinder: "Hard Heads, Soft Hearts"

Sonntag, 9. Februar 2014

The Road to Recovery

Buchbesprechung:

Andrew Smithers: The Road to Recovery. How and Why Economic Policy Must Change. John Wiley & Sons, UK, 2013.



Die grossen Volkswirtschaften haben seitdem Ausbruch der Finanzkrise von 2008 etwas Gemeinsames. Die geplanten Ersparnisse und die geplanten Investitionen stimmen nicht überein. Sie sind nicht im Gleichgewicht. Das Angebot und die Nachfrage liegen weit auseinander: Die Ersparnisse übersteigen die Investitionen.

Die nominalen Zinsen liegen seit mittlerweile fünf Jahren auf der Null-Grenze (zero lower bound). Und de Erholung der Wirtschaft bleibt träge. Wie kann aber der Nachfrageausfall in der modernen Welt von der Wirtschaftspolitik Buch mit sieben Siegeln wahrgenommen werden? Warum können Ökonomen keine Abhilfe schaffen?

Andrew Smithers denkt, dass es an einem besseren Verständnis von Volkswirtschaft fehlt. Seiner Ansicht nach weist die moderne akademische Volkswirtschaftslehre zwei Hauptmängel auf: (1) Abhängigkeit von mathematischen Modellen und (2) unzulängliche Aufmerksamkeit für Daten.

Der Bedarf nach einem besseren Verständnis für das ökonomische Geschehen bleibt demnach nicht nur auf Keynesianer und Monetaristen beschränkt, sondern es gibt auch eine grössere Notwendigkeit unter anti-Keynesianern, die heute in der Eurozone das Sagen haben.

Eine seltsame Kombination steht heute im Zentrum des gegenwärtigen wirtschaftlichen Schlamassels: Hohe Gewinnmargen versus schwache Investitionen. Das ist die Aussage, die Smithers mit seinem Buch vermitteln will, um seine ökonomische Analyse der globalen Wirtschaft darzulegen.

Samstag, 8. Februar 2014

Wie die EZB um die zu niedrige Inflation Winkelzüge macht

Die EZB hat am Donnerstag beschlossen, die Zinsen unverändert zu belassen.

Auf der anschliessenden Pressekonferenz hat EZB-Präsident Mario Draghi auf die Frage, warum die EZB im Angesicht der niedrigen Inflation und des möglicherweise Deflationsdrucks nichts unternimmt, geantwortet, dass er keine Deflationsgefahr in der Eurozone sehe, sondern einfach eine Zeit der niedrigen Inflation von einem längeren Zeitraum.

Technisch hat Draghi Recht. Die Inflation ist niedrig. Und die Inflationserwartungen deutet nicht auf die Richtung einer unmittelbar bevorstehenden Deflation hin. Warum aber Niedriginflation in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft mit SchuldenÜberhang (debt overhang) gefährlich ist, wurde in diesem Blog hier erklärt.

Abgesehen davon hat Draghi aber nicht gesagt, wie niedrig die Inflation sein muss, bevor die EZB einschreitet, um die Geldpolitik weiter zu lockern? Die EZB zielt beim Streben nach Preisstabilität darauf ab, mittelfristig eine Preissteigerungsrate von nahe 2% beizubehalten.

Da die Inflationsrate in der Eurozone seit geraumer Zeit um 0,8% schwankt, ist es unbestritten, dass die EZB die Preisstabilität verfehlt. M.a.W. wird das Inflationsziel deutlich unterboten. Zumal auch die Wachstumsrate der Geldmenge M3 unter dem Zielwert verläuft.

Die EZB veröffentlicht gern die Daten dazu. Aber sie ignoriert sie selbst, bemerkt Antonio Fatas in einem lesenswerten Blogeintrag.



EZB und EONIA, Graph: Morgan Stanley