Dienstag, 30. Juni 2015

Euro trotzt Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland

Hier ist eine bemerkenswerte Abbildung, die Bloomberg heute liefert und dazu die Frage aufwirft: Wie kann der EUR an Wert gewinnen (eines der besten Quartale in vier Jahren), während die ganze Welt von “Grexit” redet und Griechenlands “default” erwartet?

Eine Antwort ist, dass Mario Draghi 2012 mit seiner Aussage “what ever it takes” das Vertrauen der Händler und Investoren zurück gewonnen hat, steht im Bericht zu lesen.

Eine andere Antwort ist, dass der auffällige Anstieg der Rendite der German Bunds seit 2010 Investoren in die Region zurücklockt, erklärt Bloomberg.




Euros Rebound trotz aller Widrigkeiten, Graph: Bloomberg 

Griechenland kurz davor

Es ist schon seit einiger Zeit offenkundig, dass die Schaffung von Euro ein schrecklicher Fehler war. Europa hatte nie die Voraussetzungen für die Einführung einer erfolgreichen gemeinsamen Währung, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne (“Greece over the Brink") am Montag in NYTimes.

Eine Währungsunion zu verlassen, ist jedoch eine viel schwierige und beängstigende Entscheidung als der Währungsunion in erster Linie beizutreten.

Aber die Situation in Griechenland hat jetzt, wie es aussieht, einen Punkt erreicht, an dem es keine Rückkehr gibt. Die Banken sind vorübergehend geschlossen worden und die Regierung hat Kapitalverkehrskontrollen verhängt. 

Es sieht sehr wahrscheinlich aus, dass die Regierung bald beginnen wird, Renten und Löhne mit Berechtigungsscheinen, d.h. mit der Schaffung einer Parallelwährung zu zahlen, erklärt der am Graduierten Zentrum der City University New York (CUNY) forschende Wirtschaftsprofesser.

Und nächste Woche will das Land ein Referendum darüber durchführen, ob die Forderungen der Troika angenommen werden sollen oder nicht, d.h. noch mehr Austerität oder nicht.



Griechenlands reales BIP, Graph: Paul Krugman in NYTimes Blog

Montag, 29. Juni 2015

Engagement der Banken in Griechenland

Die europäischen Banken haben ihre Forderungen in Griechenland in den vergangenen Monaten wesentlich abgebaut, von rund 200 Mrd. USD am Anfang des Jahres 2010 auf mittlerweile 35 Mrd. USD, wie Morgan Stanley am Sonntag berichtet.

Die Verluste sind bereits eingefahren worden, als der grösste Teil der privaten Gläubiger 2012 einen Forderungsverzicht zustimmte. Auch deutsche Gläubiger waren damals mit dem Schuldenschnitt (Anleihentausch) einverstanden.



Die meisten Banken haben ihr Engagement in Griechenland weitgehend verringert, Graph: Morgan Stanley

Sonntag, 28. Juni 2015

Besessenheit von immer mehr Ausgabenkürzungen

Die Tatsache, dass keine Einigung in Sachen Griechenland erreicht wird, deutet darauf hin, dass die Diagnose von Anfang an falsch war, sagt Mariana Mazzucato in einem Gespräch mit The Guardian.

Am Ende wird der Patient kränker und will nicht mehr behandelt werden, so die an der University of Sussex lehrende Wirtschaftsprofessorin. 

Griechenland hat, wie Finanzminister Yanis Varoufakis wiederholt unterstreicht, keine Liquiditäts-, sondern Solvenzkrise, die durch eine Krise der Wettbewerbsfähigkeit verursacht und durch die Finanzkrise verschlimmert wurde.

Und eine solche Krise kann nicht durch immer mehr Ausgabenkürzungen überwältigt werden. Es bedarf einer seriösen Investmentstrategie, die von Reformen (z.B. Steuern) begleitet werden soll, um die Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen, so die Autorin des lesenswerten Buches “Das Kapital des Staates”. 

Griechenland sollte tatsächlich nicht tun (austerity), was Deutschland sagt, dass es tun soll, sondern das tun, was Deutschland selbst tut; investieren (invest), argumentiert Mazzucato weiter. 

Samstag, 27. Juni 2015

Menschenschlange und Ungleichheitsmuster

Thomas Piketty sagt in einem Interview (“Lunch with the FT”) mit Financial Times, dass sein Interesse am Thema Ungleichheit sich nach dem Zusammenbruch der Berliner Mauer und dem ersten Golfkrieg heraus kritalisiert hat.

Der Verfasser des in den vergangenen Monaten besonders viel zitierten und hoch gelobten Buches Capital erinnert sich an einen Besuch in Moskau im Jahr 1991 und wie er sich von den Menschen-Schlangen vor den Geschäften getroffen fühlte.

Er sei dann "geimpft gegen Kommunismus" zurück nach Paris gekommen, so der französische Ökonom: “Ich glaube an den Kapitalismus, Privateigentum und den Markt”.

Wie kommt es, dass diese Menschen vor der Ungleichheit und dem Kapitalismus im 19. Und 20. Jahrhundert so Angst hatten und eine solche Ungeheuerlichkeit schafften? Wie können wir die Ungleichheit ohne Wiederholung dieser Katastrophe anpacken?, so Piketty weiter.

Erwerbstätige Armen

Die Mehrzahl der Armen in den Vereingten Staaten sitzen nicht an den Strassenecken. Sie sind in Niedriglohnjobs beschäftigt, um sich selbst und eine Familie zu ernähren.

In der Vergangenheit verhinderten unterschiedliche Definitionen von Beschäftigung und Armut die Forscher, sich zu einigen, wer “working poor” ist.

Eine neue Studie von Soziologen an der BYU, Cornell und LSU liefert jetzt aber eine strenge neue Schätzung: Die Forschungsarbeit legt nahe, dass rund 10% der erwerbstätigen Haushalte arm sind. Darüber hinaus sind Haushalte bestehend aus Frauen, Minderheiten oder Personen mit niedriger Bildung aller Wahrscheinlichkeit nach trotz Erwerbstätigkeit arm, wie EurekAlert! berichtet.

Prof. Scott Sanders an der BYU sagt, dass seine Ergebnisse mit der Vorstellung aufräumen, dass die ärmsten Amerikaner nicht arbeiten und damit dem Staat auf der Tasche liegen.

Freitag, 26. Juni 2015

ELA-Kredite für Athen und europäische Solidarität

Jens Weidmann verurteilt die ELA-Kredite für notleidende griechische Banken. Bundesbank-Präsident spricht von monetärer Staatsfinanzierung.

Ist die Notfall-Liquiditätshilfe des Eurosystems aber nicht da, um illiquiden Kreditinstituten gegen Sicherheiten vorübergehend unter die Arme zu greifen? Soweit die europäische Solidarität via Weidmann.

Bundesbank-Präsident zweifelt andererseits, dass die griechischen Banken ohne ELA-Hilfen noch solvent wären. Das ist wie “Feuer” schreien in einem vollen Theater.

Und er fügt hinzu, dass die Sache im Euroraum beginne, zu stinken. Autsch!


Abfluss von griechischen Bankeinlagen hat sich zuletzt beschleunigt, Graph: Morgan Stanley

Donnerstag, 25. Juni 2015

Zaubertrank des Wachstums: Die Armen und die Mittelschicht

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Kluft zwischen den Reichen und den Armen in den Industrieländern gegenwärtig das breiteste Ausmass in Jahrzehnten erreicht hat. Und die Ungleichheit in grosssen Schwellenländern steigt ebenfalls. Es wird immer deutlicher, dass diese Entwicklungen tiefgreifenden wirtschaftliche Auswirkungen entfalten.

Eine frühere IWF-Forschungsarbeit zeigt, dass die Einkommensungleichheit schlecht für das Wachstum und seine Nachhaltigkeit ist. Einer aktuellen Studie des iMFdirect zufolge ist die Einkommensverteilung entscheidend, nicht nur das Niveau der Einkommensungleichheit.

Die Autoren fanden heraus, dass das Wachstum eines Landes in den nächsten 5 Jahren um 0,08% schrumpft, wenn die Reichen um 1% reicher werden. Wenn hingegen die Armen und der Mittelstand um 1% reicher (gemacht9 werden, kann das BIP dadurch um 0,38% gesteigert werden.

Kurzum: Steigt das Einkommen der Armen und der Mittelschicht, können Wachstumsaussichten verbessert werden.



Wie sich das BIP-Wachstum ändert, wenn sich der Einkommensanteil um 1% ändert, Graph: iMFdirect  

Aussichten für Schweizer Wirtschaft bleiben gedämpft

Die Schweizer Wirtschaft ist im ersten Quartal 2015 um 0,2% geschrumpft. Das schweizerische BIP hat damit zum ersten Mal seit 4 ½ Jahren abgenommen.

Im gestern vorgelegten Quartalsheft 2, 2015 teilt die SNB nun mit, dass die Auslastung der technischen Kapazitäten in der verarbeitenden Industrie gemäss KOF-Umfrage im ersten Quartal auf 80,9% zurück gegangen ist. Damit liegt sie zwar deutlich unter ihrem langjährigen Durchschnitt, aber weiterhin über den letzten Tiefpunkt im Jahr 2012.

Mit dem BIP-Rückgang hat sich auch die sog. Produktionslücke (output gap) ausgeweitet. Die prozentuale Abweichung des beobachteten BIP-Niveaus vom geschätzten gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzial ergab für das erste Quartal 2015 eine Lücke von -1,0%, gegenüber -0,4% im Vorquartal.

Das bedeutet eine Unterauslastung der Produktionsfaktoren: Die Aussichten für das laufende Jahr bleiben gedämpft, wie die SNB unterstreicht.


Schweizer Produktionslücke (output gap), Graph: SNB in Quarterly Bulletin 2, June 2015

Mittwoch, 24. Juni 2015

Kapitalflucht aus Griechenland

Die “Troika” und die übrigen Gläubiger fordern von Griechenland grosse Anpassungen. Athen hat öffentliche Ausgaben gekürzt, Mindestlohn verringert und die Renten (um 44 bis 48%) reduziert.

Die massive fiskalische Kontraktion hat die Wirtschaft aber nicht angekurbelt: das Wachstum ist zum Erliegen gekommen und die Beschäftigung ist nicht gestiegen. Die Arbeitslosenquote beträgt immer noch 27%.

Doch der IWF verlangt weitere Einschnitte bei Renten. Begründung: Die Rentenzahlungen machen 16% des griechischen BIP aus. 

Warum erscheint aber der Anteil der Renten am BIP so hoch? Weil die griechische Wirtschaft seit 2009 wegen der katastrophalen Austeritätspolitik um 25% geschrumpft ist. Ohne die harschen Sparmassnahmen würden sich die Renten auf 12% des BIP belaufen, wie  James K. Galbraith unterstreicht.



Griechenland: Kapitaleinlagen versus Bargeld im Umlauf, Graph: FuW

Dienstag, 23. Juni 2015

Aufwertung und Rückgang der Inflationsrate

Die Bank of Israel (BoI) hat am Montag angekündigt, die Zinsen bei 0,1% unverändert zu belassen. Die Notenbank hat darauf hingewiesen, dass die Inflation, gemessen am Konsumentenpreisindex (CPI) sich in Israel in den vergangenen 12 Monaten auf minus 0,4% belaufen hat.

Wie die Schweizerische Nationalbank (SNB) interveniert auch die BoI am Devisenmarkt, um den Wechselkurs zu beeinflussen.

Die israelische Notenbank hat mitgeteilt, dass sie in den letzten drei Monaten am Devisenmarkt interveniert (2 Mrd. USD gekauft gegen ILS) hat, um eine starke Aufwertung der Landeswährung zu bremsen.

Karnit Flugs Aussage, dass die BoI die Notwendigkeit überprüfe, ob sie unkonventionelle Instrumente einsetzen soll oder nicht, hat aber im Markt unmittelbar Reaktionen ausgelöst.

Der Schekel (ILS) hat sich gegenüber dem US-Dollar um 1,4% aufgewertet. Die BoI-Präsidentin hat nämlich gesagt, dass solche Massnahmen in ungewöhnlichen Umständen getroffen würden: “Ich wiederhole, dass die gegenwärtige Geldpolitik auch ohne Einsatz von unkonventionellen Mitteln höchst akkommodierend ist”.




USD ILS Wechselkurs (intraday), Graph: FT

Montag, 22. Juni 2015

Griechenland: Was von der Austerität übrig bleibt

Die europäischen Regierungen hatten im Jahr 2010 die an Griechenland gewährten Kredite als ein Mittel verwendet, um Banken in Deutschland und Frankreich zu helfen, schreibt Karl Whelan in einem lesenswerten Eintrag in seinem Blog.

Die ursprüngliche Entscheidung, eine Rettungsaktion (bail out) bereitzustellen ist seiner Meinung nach die Quelle der aktuellen Krise. Es ist Zeit, dass die EU sich dazu bekennt und die Folgen trägt.

In der gegenwärtigen Krise geht es daher überhaupt nicht um Griechenlands Währungs-Arrangements, unterstreicht der an der University College Dublin lehrende Wirtschaftsprofessor weiter.

Auch Paul Krugman bemerkt in seinem Blog, dass die griechischen Wähler im Euro bleiben wollen, während das Unvorstellbare immer mehr plausibel erscheine.

Das hat laut Krugman damit zu tun, dass die Wähler sich im Allgemeinen durchweg eine starke Währung wünschen. Die Vorteile erscheinen offensichtlich. Auch ein Element des nationalen Stolzes gehört dazu.




Rendite der Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit im Euro-Raum, Graph: Karl Whelan 

Sonntag, 21. Juni 2015

Die verblüffende Leichtigkeit der Schweizer Geldpolitik

Die SNB hat am Donnerstag mitgeteilt, die Geldpolitik unverändert zu belassen: Das Zielband für den 3-Monats-Libor bleibt bei -1,25% bis -0,25%. Und der Zins auf Sichteinlagen bei der SNB beträgt weiterhin -0,75%.

Die negative Zinsen in der Schweiz machen Anlagen in Franken weniger attraktiv und werden über die Zeit zu einer Abschwächung des Frankens beitragen. Insgesamt ist der Franken deutlich überbewertet, hat die SNB weiter unterstrichen.

Im anschliessenden Medien-Gespräch hat Thomas Jordan die aktuelle Geldpolitik der Schweiz wie folgt zusammengefasst: (1) Bereitschaft, am Devisenmarkt aktiv zu sein und (2) Negativzins.

Beides dient dazu, den Druck auf den Franken abzuschwächen. Wenn die SNB am Devisenmarkt interveniert und so dem Bankensystem mehr Liquidität zuführt, verstärken sich die Wirkungen beider Massnahmen, erklärt Notenbank-Präsident.



Schweiz: Die kurzfristigen Zinsen, Graph: Fritz Zurbrügg, SNB, June 2015

Samstag, 20. Juni 2015

Inflationserwartungen: Alles kein Zufall

Die US-Notenbank verfehlt das eigene Inflationsziel von 2% mittlerweile seit drei Jahren, und zwar nach unten.

Der von der Fed bevorzugt beobachtete PCE Index (die privaten Konsumausgaben) ist im April annualisiert um 0,1% gestiegen. Das ist laut WSJ der niedrigste Stand seit Oktober 2009.

Eine derart niedrige Inflation erschwert die Pläne der Fed, mit der Anhebung der Zinsen zu beginnen. Die US-Notenbank hat ein Doppelmandat: Preisstabilität (gemessen am 2%-Ziel) und maximale Beschäftigung.


Kern PCE Inflation, Graph: Morgan Stanley

Freitag, 19. Juni 2015

Neue Version: Volatilität möchte noch was sagen

Die hohe Volatilität an den Anleihemärkten ist in den vergangenen Wochen in aller Munde. Die Renditeschwankungen machen derzeit die Runde.

Die jüngste Aussage von Mario Draghi, dem EZB-Präsidenten, dass die Investoren sich in Folge von PSPP auf grössere Kursauschläge einstellen sollen, hat sicherlich dazu beigetragen. Die EZB werde das Anleihekaufprogramm (QE) fortsetzen und bestimmt nicht vorzeitig beenden.

Die Reaktionen darauf waren nicht unerheblich, wie aus der folgenden Abbildung hervorgeht. Interessant ist jedoch beim näheren Betrachten, dass die Volatilität der Aktien zugleich zurückgegangen ist. Die Lücke zwischen der Volatiliät zwischen den Anleihen und Aktien hat sich in letzter Zeit auffällig ausgeweitet. Das ist ungewöhnlich.



Kursausschläge: Anleihen versus Aktien, Graph: Morgan Stanley

EU-Griechenland: Meine Austerität – Meine Regeln

Immer, wenn ich über Griechenland schreibe, lautet die Mehrzahl der Kommentare: wie können Sie für Griechenland Partei ergreifen? Griechenlands Wirtschaft ist so ineffizient und die Regierungen sind so ungeschickt, nach allem, was wir für sie getan haben!

Das schreibt Simon Wren-Lewis in seinem Blog. Er habe keine Illusionen über die Ineffizienz und Korruption, die in der griechischen Wirtschaft vorherrschen. Er möchte auch nicht ein Fürsprecher für jede griechische Regierung werden.

Was dem an der Oxford University lehrenden Wirtschaftsprofessor fehl am Platz zu sein scheint, ist die Ansicht, wie wenn die europäische Politik bereits sehr grosszüzig gegenüber Griechenland gewesen wäre.

Der allgemeine Glaube ist, dass es Griechenland viel schlechter gegangen wäre, wenn die EU mit Austeritätsprogramm nicht eingesprungen wäre. Das ist einfach falsch, unterstreicht Wren-Lewis mit Nachdruck. Wenn europäische Politiker überhaupt grosszügig gegenüber jemandem gewesen sind, dann sind es die Gläubiger der griechischen Regierung, die eine Reihe von Banken aus Europa und anderen Ländern einschliesst.

Nehmen wir an, dass die politischen Entscheidungsträger in der Eurozone sich zurück gehalten und den Dingen ihren Lauf gelassen hätten, als die Märkte über die Geschehnisse in Griechenland im Jahr 2010 ernsthaft beunruhigt waren.

Donnerstag, 18. Juni 2015

Euro-Raum zwischen Hammer und Amboss

Während Brüssel und Berlin an der stumpfsinnigen Austeritätspolitik apodiktisch festhalten, fällt es auf, dass das reale BIP im ganzen Euro-Raum immer noch, wenn auch leicht, unter dem Vor-Krisen-Niveau ist.

Es ist unübersehbar, dass die Troika die Krise im Euro-Raum seit sechs Jahren verschärft und von Athen mir nichts dir nichts weitere Sparmassnahmen (z.B. in Form von weiteren Rentenkürzungen) fordert.

Griechenland steckt in einer humanitären Krise. Die Ausgaben für die Gesundheitsversorgung wurden seit Ausbruch der Krise um 50% gekürzt.

Wenn die Binnennachfrage in Folge von Lohnsenkungen zum Erliegen kommt, investieren Unternehmen nicht. Die Ausgaben des einen sind nämlich die Einnahmen des anderen. Für den nötigen Ausgleich bedarf es daher Fiscal Stimulus, wie in der von der EZB heute im Economic Bulletin vorgelegten Abbildung deutlich zum Ausdruck kommt.



Das reale BIP für grosse Volkswirtschaften seit dem Ausbruch der Finanzkrise von 2008 im Vergleich, Graph: SNB in Financial Stability Report, June 2015

Keine Theorie für Big oder Small Government

„Die Evidenz für das keynesianische Weltbild ist sehr gemischt. Die meisten Ökonomen sind aufgrund ihrer ideologischen Überzeugungen dafür oder dagegen. Krugman ist ein Keynesian, weil er einen grösseren Staat befürwortet. Ich bin anti-Keynesian, weil ich einen kleineren Staat will“.
Weit gefehlt. Aussagen wie diese (*) sagen eigentlich viel mehr über die Menschen aus, die sie machen, als über die Sache selbst. Natürlich gibt es ideologische Voreingenommenheit. Es bedeutet aber nicht, dass die Evidenz keinen Einfluss auf die Ansichten der Mehrheit der Akademiker hat, bemerkt Simon Wren-Lewis in seinem Blog dazu.

Es macht theoretisch keinen Sinn, zwischen big oder small government zu unterscheiden. Warum soll jemand, der big government bevorzugt, ein Keynesianer sein? Die meisten New Keynesians erkennen heutzutage, dass die Geldpolitik eingesetzt werden soll, um die Nachfrage anzukrubeln, wenn es möglich ist.

Mittwoch, 17. Juni 2015

Jeb! und die Mutter aller Immobilienblasen

Jeb Bush hat in Miami seine Präsidentschaftskandidatur angekündigt. Interessat ist, dass der Kandidat in seiner Kampagne seinen Nachnamen verschweigt. Es heisst überall nur “Jeb! 2016”, mit Ausrufezeichen. Er wäre der dritte Bush im Weissen Haus nach Vater George und Bruder George W.

Jeb! presentiert sich als Reformer und verspricht Wirtschaftswachstum von 4%!mit Millionen von neuen Arbeitsplätzen. Der frühere Governeur von Florida hat aber in der Zeit nichts anderes als eine Blase im Immobilienmarkt geleitet, wie Paul Krugman in  seinem Blog ausführlich darstellt.

Während Jeb!’s Amtszeit hat Florida nämlich die Mutter aller Immobilienblasen erlebt. Und nach dem Platzen der Blase (kurz nach seinem Abschied aus dem Amt) sind promt 900’000 von insgesamt 1,3 Millionen Arbeitsplätzen vernichtet worden.



Beschäftigung in Florida ausserhalb der Landwirtschaft, Graph: Paul Krugman in NYTimes 

Dienstag, 16. Juni 2015

Von Deflation zu Reflation

Der jüngste Ausverkauf am Markt für Staatsanleihen in Kombination mit dem Anstieg der Aktienkurse deutet u.a. darauf hin, dass die Finanzmärkte die Sorgen um Deflation allmählich ablegen.

Obwohl die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes noch viel zu wünschen übrig lässt und der disinflationäre Druck in Asien bestehen bleibt, scheint der globale Liquiditätszyklus angesichts der anhaltend akkommoditiven Geldpolitik in einen Reflation-Modus überzugehen.

Reflation bezieht sich i.d.R. auf eine Reihe von Massnahmen, die eine expansive Wirtschaftspolitik an den Tag legt, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anzukurbeln und deflationäre Tendenzen abzuwehren.

Der Terminus wird v.a. verwendet, um die erste Phase der Erholung der Wirtschaft zu beschreiben, wo sowohl das Wachstum als auch die Inflation sich anschicken, auf ihre langfristigen Trends zu bewegen, wie die Analysten von Morgan Stanley mit der folgenden Abbildung darlegen.


Die globalen Liquiditäts- und Wachstum-Zyklen, Graph: Morgan Stanley

Montag, 15. Juni 2015

Double Deflation

Die Schweiz, Neuseeland, Polen und Thailand sind Länder, die mit Double Deflation flirten, wie Analysten von Morgan Stanley in einer aktuellen Studie beschreiben.

Gemeint ist damit, dass sowohl die Inflation als auch der BIP-Deflator negativ sind.

Tatsächlich ist das BIP in der Schweiz im ersten Quartal 2015 um 0,2% geschrumpft. Und der BIP-Deflator ist gegenüber dem ersten Quartal 2014 um 0,9% zurückgefallen.



Flirt mit Double-Deflation, Graph: Morgan Stanley

Sonntag, 14. Juni 2015

Zinserhöhung in Europa ist kein Thema

Nach dem Ausverkauf der Staatsanleihen in den vergangenen zwei Wochen hat sich die Erwartung im Markt zwar deutlich zurückgebildet: Zur ersten Zinserhöhung durch die EZB (um 25 Basispunkte) dürfte es demnach im April 2017 kommen.

Die Analysten von Morgan Stanley sehen aber die Inflation in der Eurozone zwischen 1% und 1,2% in den nächsten zwei Jahren. Einer aktuellen Schätzung nach beläuft sich die Laufzeitprämie der deutschen Bundesanleihen mit 10 Jahren Laufzeit auf minus 0,70%.

Der Verlauf der Ertragskurve deutet darauf hin, dass der Terminzins nicht über 25 Basispunkte zulegen würde. Die Forward EONIA Sätze schwanken um 2 Prozent, was nahelegt, dass die EZB die Geldpolitik eine lange Zeit nicht normalisiert oder dass die negativen Laufzeitprämien die Zinsen am lange Ende weiterhin unter Druck halten.



Zinsstruktur-Kurve (reale Rendite), Graph: Morgan Stanley

Samstag, 13. Juni 2015

Die britische Austeritätspolitik und andere Katastrophen

The Guardian, die britische Zeitung hat heute einen Brief von 79 Ökonomen veröffentlicht. Es geht darum, den Plan von George Osborne, Haushaltsdefizite in normalen Zeiten zu verbieten, zu entlarven.

Die Vorschläge des Schatzkanzlers der Regierung von David Cameron sind für die Komplexität einer modernen Wirtschaft des 21. Jahrhunderts nicht geeignet und als solche riskieren sie eine Liquiditätskrise, die auch Probleme für die Banken auslösen, zu einem Rückgang des BIPs und zu einem Zusammenkrach führen können. Oder alle drei zusammen, so die Ökonomen aus Grossbritannien und den USA.

Volkswirtschaften beruhen auf dem Grundsatz der Sektorverteilung (sectoral balancing), die darlegt, dass die Sektoren einer Wirtschaft von einander Geld leihen und aneinander Geld verleihen und die Überschüsse und Defizite rechnerisch ausgeglichen sind.

Denn wo es einen Kreditnehmer gibt, gibt es auch einen Kreditgeber. M.a.W., wenn der eine Sektor der Wirtschaft an einen anderen Kredit gibt, muss dieser um dengleichen Betrag im Soll sein wie der Kreditnehmer im Haben. Die Wirtschaft befindet sich daher immer im Gleichgewicht, wenn auch nicht immer an der richtigen Stelle.

Die Haushaltslage der Regierung ist nicht unabhängig vom Rest der Wirtschaft und wenn die Regierung versucht, unflexibel Überschüsse zu erzielen, und deshalb nicht mehr Kredit aufnimmt, wird der Domino-Effekt auf den Rest der Wirtschaft erheblich.

Freitag, 12. Juni 2015

Liquiditätsmangel an den Anleihemärkten

Noch im Frühling belief sich der Wert der Anleihen, die in der Eurozone mit einer negativen Rendite gehandelt wurden, auf ca. 2‘000 Mrd. EUR, was einem Drittel aller austehenden Staatsanleihen entspricht.

Anzeichen mehren sich nun, dass die sich selbst  ernährende Erwartung der ersten Zinserhöhung der US-Notenbank gegen Ende Jahr eine Vielzahl von Investoren in den vergangenen Wochen zum Verkauf von Staatsanleihen rund um den Globus veranlasst hat.

Die Rendite der deutschen Bundesanleihen hat am Mittwoch vorübergehend die Marke 1% geküsst. Während des Anstiegs der Renditen für Staatsanleihen am lange Ende der Ertragskurve eine Ausverkauf-Stimmung vermittelt, ist zugleich von einer mangelnden Liquidität die Rede. Die Händler berichten von einem Anstieg, der durch geringeres Handelsvolumen begleitet wird als die steiler werdende Ertragskurve nahelegen würde.

Die Analysten der Deutschen Bank schätzen, dass der durchschnittliche Umsatz im Investment Grade und High-Yield Anleihemärkten vom Spitzenwert im Jahr 2006-07 um 50% abgesunken ist. Die Liquidität am US-Treasury Markt, gemessen am Anteil des gegenseitigen Handwechsels auf der Tagesbasis, sei sogar um 70% geschrumpft.

Das tägliche Volumen von rund 500 Mrd. USD wird von Strategen noch als robust eingeschätzt. Auch die Geld-Brief-Spanne ist wieder bis auf die Tiefstände vor der Krise gesunken.


Rendite von German Bonds mit 10 Jahren Laufzeit, Graph: FT

Donnerstag, 11. Juni 2015

Warum die Zinsen nicht künstlich niedrig sind

Antonio Fatas beteiligt sich in seinem Blog an der Debatte über die niedrigen Zinsen in den meisten Volkswirtschaften, die zuletzt von Ben Bernanke mit einem Blog-Eintrag wieder aufgelebt worden ist.

Der ehemalige Fed-Präsident hat in einer Reihe von Blog-Posts dargelegt, was die Zinsen bestimmt. Sein Argument lautet, dass es die globale Dynamik von Ersparnissen und Investitionen ist, die Mitte der 1990er Jahre einen Abwärtstrend der Zinsen eingeleitet hat, welche sich in Folge der Finanzkrise von 2008 wieder beschleunigt hat.

Laut Bernanke reagieren Zentralbanken einfach auf das wirtschaftliche Geschehen: sie treiben die Zinsen nicht an. Was der gegenwärtige Berater von Hedge Fund Citadel m.a.W. beschreibt, ist der Rückgang des natürlichen Realzinssatzes, erklärt Fatas.

Allerdings gibt es andere Ansichten, wonach die Zentralbanken die Zinsen „künstlich niedrig“ halten und dadurch die finanzielle Stabilität gefährden und v.a. Spekulationsblasen verursachen.

Mittwoch, 10. Juni 2015

Einzelhandelskonzern und Effizienzlohn

Waltmart, der amerikanische Einzelhandelskonzern berichtet, dass die jüngste Lohnerhöhung, die es geboten hat, sich inzwischen ausgezahlt hat, via verringerte Fluktuation von Arbeitskräften, die zur Kostensenkung beigetragen hat. Die direkten Ausgaben der erhöhten Löhne seien dadurch ausgeglichen worden.

Paul Krugman sieht die Entwicklung als Bestätigung der Efficiency Wage Theory („Effizienzlohn“). Interessant sind natürlich die Implikationen für die Politik und die Wirtschaftspolitik.

In einem etwas komplizierten Blog-Eintrag erläutert Krugman, dass die Efficiency Wage Theory die Idee vertritt, dass die Arbeitgeber für eine beliebige Anzahl von Gründen aus ihren Arbeitnehmern mehr bekommen, wenn sie mehr Löhne bieten.

Es könnten Einsatz, Moral und weniger Fluktuationen sein. Die Ursachen für den Effizienzgewinn mögen sogar an Psychologie liegen oder ganz einfach an der Tatsache, dass die Arbeitnehmer weniger bereit sind,  besser bezahlte Jobs mit schlechtem Verhalten in Gefahr zu setzen.

Die Beschaffenheit der Makroökonomie in Deutschland

Keynesianische Ideen sind ziemlich Mainstream woanders. Warum ist aber Makroökonomie in Deutschland ein Ausreisser? Das ist eine Frage, die
Simon Wren-Lewis in seinem Blog aufwirft. Angesichts der Schäden, die die Austerität in der Eurozone, v.a. vorangetrieben durch Berlin angerichtet hat, ist es eine berechtigte Frage.

Die Lehrbücher über Makroökonomie in Deutschland sind so keynesianisch wie anderswo. Doch Peter Bofinger ist der einzige Keynesianer im Sachverständigenrat, erstaunt der an der Oxford University lehrende Wirtschaftsprofessor.

Es gibt laut Wren-Lewis zwei Erklärungen, die ausserhalb Deutschlands beliebt, jedoch unzureichend sind. (1) Deutschland ist in Sachen Inflation durch die Erfahrung der Hyperinflation der Weimarer Republik voreingenommen. Und das prägt auch die deutsche Haltung gegenüber Staatsschulden. Die Rezession der 1930er Jahre hat eine viel schlimmere Katastrophe ausgelöst. Aber die Erinnerung an die Hyperinflaton ist bleibt vorherrschend.

(2) Die Deutschen sind kulturell Schulden gegenüber abgeneigt. Und debt (Schulden) auf Englisch bedeutet auf Deutsch zugleich auch Schuld.

Das Problem mit beiden Stories ist, dass Deutschlands Staatsverschuldung niedriger sein sollte als in anderen Ländern. Aber es ist nicht.

Im Jahr 2000 waren die Netto-Verbindlichkeiten der deutschen Bundesregierung als Prozentsatz des BIP so hoch wie die von Frankreich und etwas mehr als von Grossbritannien und der USA.

Dienstag, 9. Juni 2015

Vorsicht! Ungleichheit und Wirtschaftswachstum

Paul Krugman forscht zur Zeit am Graduierten Zentrum der City University New York (CUNY) über das Thema “Ungleichheit”.

Ein in letzter Zeit oft angesprochener Aspekt betrifft heute “Ungleichheit und Wachstum”. Diejenigen, die liberal im amerikanischen Sinne (d.h. sozialdemokratisch) denken, sollten sich vom Wunschdenken nicht ablenken lassen, in dieser Hinsicht falsche Schlussfolgerungen zu ziehen, schreibt Krugman in seinem Blog.

Es würde zu unserem Weltbild perfekt passen, wenn Ungleichheit nicht nur eine schlechte Sache ist, sondern auch schlecht für das Wirtschaftswachstum, bemerkt der NYTimes Kolumnist weiter und lässt damit Vorsicht walten.

Das ist ein Grund, darüber nachzudenken, um zu vermeiden, eine solche Schlussfolgerung all zu leicht zu akzeptieren, hebt der Träger des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften mit Nachdruck hervor.

Was wissen wir aber wirklich?

Es gibt eine Reihe von Studien, die auf eine negative Beziehung hindeuten. Aber alle beruhen auf einem internationalen cross-section Ansatz.



Wie ist die Beziehung zwischen Ungleichheit und Wachstum?, Graph: Paul Krugman in NYTimes

Montag, 8. Juni 2015

Steigende Renditen am Markt für Staatsanleihen

Der kräftige Anstieg der Renditen der Staatsanleihen in den vergangenen Tagen hat die Ertragskurve (yield curve) steiler werden lassen.

Der Ausverkauf der German Bunds hat sich im Gefolge von jüngsten Inflationsdaten, die stärker als erwartetet ausgefallen sind, zugetragen. Die Marktteilnehmer waren bislang skeptisch, dass es der EZB nicht gelingen würde, auf die Inflationserwartungen Einfluss zu nehmen.

Die bisherige Entwicklung deutet darauf hin, dass die EZB mit PSPP wie geplant bis September 2016 erfolgreich fortfahren will. Dass die Laufzeitprämien im tief negativen Bereich verlaufen, ist ein Anzeichen dafür, dass die Renditen der deutschen Bundesanleihen weiter ansteigen dürften, v.a. am langen Ende der Ertragskurve.


Laufzeitprämien der deutschen Bundesanleihen, Graph: Morgan Stanley

Die unbekümmerte Orgie der Banken mit unregulierter Risikobereitschaft

Die Banker sind wütend, weil sie sich von der Regulierung, die eine weitere Kernschmelze verhindern soll, in die Ecke gedrängt fühlen, schreibt Roger Farmer in seinem Blog.

Die Bürokratie ist nicht der Weg, um das Bankensystem zu retten, unterstreicht der an der University of California, Los Angeles (UCLA) lehrende Wirtschaftsprofessor.

Die Banken waren zwei Jahrzehnte lang in einer unbekümmerten Orgie der unregulierten Risikobereitschaft tätig. Und als die Welt abstürzte, erwarteten sie Rettung (bailout) von der öffentlichen Hand, die sie dann auch bekamen.

Sonntag, 7. Juni 2015

Helicopter Money als Abhilfe in Secular Stagnation

Willem Buiter geht in einem lesenswerten Beitrag („Secular stagnation: The time for one-armed policy is over“) in voxeu auf das von Larry Summers wiederbelebte Phänomen secular stagnation (säkulare Stagnation) in der Gegenwart ein. Mit dem Schlagwort wird eine anhaltende Tendenz des gesamtwirtschaftlichen Angebots, das die gesamtwirtschaftliche Nachfrage übersteigt, beschrieben.

Die von der Summers vertretene These konzentriert sich auf das „Versagen der Zinssätze“, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und das gesamtwirtschaftliche Angebot ins Gleichgewicht zu bringen, da der sog. „neutrale“ Realzins derzeit negativ ist und unterhalb des als risikolos geltenden Realzinssatzes (z.B. Fed Funds Rate) liegt.

Das ist z.B. dann der Fall, der „neutral“ Realzins unter 2,5% verläuft oder der risikofrei Nominalzinssatz minus 0,5% beträgt, während das Inflationsziel der Notenbank 2% ist.

Buiter unterstreicht, dass er Summers Besorgnis über anhaltende Nachfrageschwäche teilt, v.a. aufgrund der alternden Bevölkerung, der wachsenden Ungleichheit und der hohen Verschuldung der privaten Haushalte und der öffentlichen Hand.

Samstag, 6. Juni 2015

Steckt die Wirtschaft immer noch in einer Liquiditätsfalle?

Paul Krugman bezeichnet als Liquiditätsfalle eine Situation, in der die herkömmliche Geldpolitik nicht mehr funktioniert, wenn die nominalen Zinsen nahe null liegen. Das flüssige Geld wird trotz der besonders niedrigen Zinssätzen nicht für Investitionen angeboten.

Die Öffentlichkeit ist aber mit Liquidität gestättigt, dadurch dass die Notenbank durch QE Staatspapiere im offenen Markt kauft. Und die Öffentlichkeit hält am flüssigen Geld als Wertaufbewahrungsmittel fest. Die Notenbank ist daher nicht in der Lage, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anzukurbeln, zumal das liquide Geld hierbei zu einem perfekten Ersatz für Anleihen wird.

Was die Notenbank mit Offenmarktgeschäften macht, ist nichts anderes als Austausch eines Vermögenswerts (short-term bonds), der keinen (oder nur wenig) Zins abwirft durch einen anderen Vermögenswert (cash) bzw. Notenbankgeldmenge (monetary base), der ebenfalls keinen Zins trägt. Notenbanks Bemühungen entfalten also, wenn die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt, keine Wirkung. Die Liquiditätsfalle bedeutet deshalb, dass selbst die Zinsen, die nahe null liegen, nicht genug tief sind, Vollbeschäftigung in der Wirtschaft wiederherzustellen.

Brad DeLong schreibt dazu in einem aktuellen Beitrag in seinem Blog, dass Krugman damit Recht hatte. „Ich, Ken Rogoff, Marty Feldstein und viele, viele andere lagen falsch. Warum aber lagen wir alle falsch? Immerhin haben wir auch dasselbe Wirtschaftsmodell „Hicks-Hansen-Wicksell-Metzler-Tobin“ gelernt und gelehrt“, worauf sich Krugman für seine Begründung und Erklärung der Liquiditätsfalle beruft.

DeLong nimmt damit Anstoss an Krugmans Argumentation, dass selbst moderat konservative Ökonomen (wie z.B. Martin Feldstein) heute sechs Jahre danach nicht einsehen wollen, auch wenn sie die Theorie der Liquiditätstheorie damals für falsch hielten, dass er, Krugman, Bernanke, Woodford und Eggertsson mit ihrer Einschätzung der Liquiditätsfalle richtig lagen.




Liquiditätsfalle, Graph: Paul Krugman in NYTimes