Sonntag, 5. November 2017

Erwartungen und die flacher werdende US-Ertragskurve


Die Rendite-Differenz zwischen den US-Treasury Bonds mit 2 Jahren Laufzeit und den US-Treasury Bonds mit 10 Jahren Laufzeit hat sich vergangene Woche weiter verringert. 

Der Rückgang auf 74.58 Basispunkte markiert inzwischen den niedrigsten Wert seit November 2007. Das heisst, dass die Ertragskurve (yield curve) flacher wird.

Die flacher werdende Form der Kurve hat sich auch nach der Ernennung von Jerome „Jay“ Powell zum neuen Fed-Präsidenten durch Präsident Donald Trump fortgesetzt.

Powell ist der erste Nicht-Ökonomen seit 40 Jahren an der Spitze der US-Notenbank. Er ist vom Beruf Jurist und hat bisher für einige US-Investmentbanken gearbeitet.

Die Neigung der Zinsstrukturkurve ist wichtig, da sie einen Echtzeit-Einblick in die Erwartungen im Markt in Bezug auf die künftige wirtschaftliche Entwicklung gewährt.


Die US-Ertragskurve wurde zuletzt weiter flacher, Graph: fastFT


Die Abflachung deutet darauf hin, dass die Anleger in den kommenden Jahren ein gedämpftes Wachstum und einen verhaltenen Verlauf der Inflation erwarten.


Die flacher werdende US-Renditekurve gemessen am Renditeabstand von 2y10y, Graph: BloombergTV 

Die folgende Abbildung zeigt die erste Reaktion der US-Anleihemärkte auf die Bekanntgabe der Entscheidung des US-Präsidenten für den neuen Fed-Vorsitzenden, der im Februar auf Janet Yellen folgen wird. 

Die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen ist gesunken.


Die Rendite der US-Treasury Bonds mit 10 Jahren Laufzeit, Graph: FT

Die amerikanische Ertragskurve auf dem niedrigsten Niveau seit 2007 reflektiert zugleich die Ansicht der Anleiheinvestoren, dass die Rendite der US-Staatsanleihen mit 10 Jahren ohne Inflation noch einige Zeit in einem Bereich von 2 bis 2,5% verharren wird.


Die Kluft zwischen den Ansichten (die rote Kurve) der Fed-Mitglieder und den Marktpreisen (die graue Kurve) in Sachen Inflation bleibt gross, Graph: PictetWM

Ein wesentlicher Faktor für die Inflation ist die Entwicklung der Löhne, die wie Bond Vigilantes berichtet. Die Lohnstückkosten in G7 sind trotz des Rückgangs der Arbeitslosenquote nicht gestiegen.


Die Lohn-Stagnation in G7, Graph: Bond Vigilantes 

Das US-Arbeitsministerium hat am Freitag mitgeteilt, dass die Löhne und Gehälter im Oktober auf monatlicher Basis stagniert haben. Jährlich sind sie sogar gefallen.


Die durchschnittlichen Stundenlöhne in den USA, Graph: fastFT 

Hier ist eine weitere Abbildung, die die Abflachung der Zinsstrukturkurve am Renditeabstand von 5y30y zeigt:


Die flacher werdende US-Renditekurve gemessen am Renditeabstand von 5y30y, Graph: BloombergTV 

Eine besondere Eigenschaft der Ertragskurve (yield curve) ist, dass sie nicht von einer staatlichen Behörde oder einem privaten Think-Tank erstellt wird.

Die Form der Neigung der Ertragskurve leitet sich direkt aus den Wahrnehmungen und Erwartungen der Investoren in den Finanzmärkten in Bezug auf die Entwicklung der Zinsen her.

Während die Notenbank am kurzen Ende der Kurve den Referenz-Zinssatz bestimmt, bilden sich die langfristigen (nom) Zinsen aus drei Komponenten zusammen:

(1) Die erwarteten kurzfristigen Real-Zinsen (was im Grunde genommen den sog. neutralen oder natürlichen Zinssatz widerspiegelt)
(2) Die Laufzeitprämie (was die Entschädigung für die Investoren zum Ausdruck bringt, in langfristige Anleihen zu investieren, statt in kurzfristige Wertschriften),
(3) Die langfristigen Inflationserwartungen.
Die geplanten Steuersenkungen der US-Admininstration, die 1) Grossbanken, 2) multinationalen Unternehmen und 3) wohlhabenden ausländischen Investoren zu Gute kommen, dürften kaum Wachstumsimpulse für die US-Wirtschaft auslösen. 






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