Samstag, 30. Dezember 2017

Abflachung der Zinsstrukturkurve und Geldschöpfung


Während die Experten weiter darüber diskutieren, ob die anhaltende Abflachung der Zinsstrukturkurve eine bevorstehende Rezession signalisiert oder nicht, ist es technisch unumstritten, dass ein positiver Blick in die Zukunft eine steilere Ertragskurve (yield curve) zur Folge hätte.

Die fortdauernde flache Zinskurve bedeutet im Grunde genommen, dass die Zentralbanken immer noch Geld schöpfen können. Das heisst, dass sie nach Staatsanleihen weiter auch (privatwirtschaftliche) Unternehmensanleihen und/oder Fremdwährungen (siehe die Schweizerische Nationalbank) aufkaufen können.

Denn wenn die nominalen Zinsen den Nullpunkt (zero lower bound) erreichen, was ja heute in den grössten Volkswirtschaften seit GFC von 2008 mehr oder weniger immer noch der Fall ist, sind Bargeld und Staatsanleihen vollkommen austauschbar. 

Schliesslich handelt sich bei beiden Vermögensgegenständen um Zahlungsversprechen der Regierung, die keine Zinsen bringen.

Die Geldschöpfung, die seither stattfindet, löst keine Inflation aus, weil dem Anstieg der Geldmenge ein dramatischer Anstieg der Nachfrage des privaten Sektors nach sicheren, liquiden und hochwertigen Anlagen gegenübersteht.


Die Abflachung der US-Treasury Kurve, gemessen an 2y10y und 5y30y, Graph: Bloomberg Markets

Dienstag, 26. Dezember 2017

Bitcoin entschlüsselt


Das ist eine bemerkenswerte Abbildung, die James Faucette von Morgan Stanley vor ein paar Tagen vorgelegt hat.

Zu sehen ist die Zusammenstellung der Spekulation mit Bitcoin in der jeweiligen Währung. 

Im Jahr 2016 wurde der Handel vorwiegend (zum Teil bis über 90%) in Renminbi, der chinesischen Währung (CNY) abgewickelt.

Inzwischen wird vermehrt in USD gezockt. 

Während der Preis von Bitcoin in schwindelerregende Höhen gestiegen ist, hat sich damit auch der Handel verlagert.

Der ausschlaggebende Grund ist die Regulierung: China hat im Sommer 2017 die sog. Initial Coin Offerings (ICOs) (*) für illegal erklärt und in diesem Zusammenhang einige Handelsplattformen des Landes geschlossen.


In welcher Währung wird Bitcoin am meisten gehandelt? Graph: Morgan Stanley

Sonntag, 24. Dezember 2017

Bitcoin und Marktfundamentalismus


Bitcoin ist in aller Munde. Es wird viel darüber geredet und geschrieben. Kein Wunder: Der Preis von Bitcoin, der sog. Kryptowährung ist im Verlauf des Jahres 2017 über (sage und schreibe) 1’300% gestiegen.

Die Mehrzahl der Ökonomen scheint sich jedoch einig, dass es sich dabei um eine Blase (bubble) handelt, wie Tulpenzwiebelblase (tulip bulb bubble) in den Niederlanden des 16. Jahrhunderts und/oder die Südseeblase (South Sea bubble) im 18. Jahrhundert.

All diese Blasen und die heutige Bitcoin-Blase werden i.d.R. von einem übertriebenen Optimismus über den Wert eines Vermögenswertes und die Erwartung getrieben, dass der Preis des Vermögenswertes in ferner Zukunft weiter steigt.

Der Begriff „Währung“ (currency) wird aber zumeist ziemlich ungenau verwendet, während manche Experten stattdessen von einem „Vermögenswert“ (asset) reden. Man kann daher nicht völlig falsch liegen, Bitcoin als reines Spekulationsobjekt zu betrachten. Dazu passt auch die Umschreibung des Bitcoins als „digitales Gold“.

Nichts könnte aber von der Wahrheit weiter entfernt sein, als der Glaube, dass Bitcoin und andere Kryptowährungen das Geld der Zukunft sind, bemerkt Paul De Grauwe in seinem Blog dazu. 


Bitcoins Preis schiesst durch die Decke, Graph: Bloomberg Technology

Dienstag, 19. Dezember 2017

Niedriginflation: Herausforderung zum Umdenken


Es ist unumstritten, dass die Geldpolitik in grossen Volkswirtschaften seit der Finanzkrise von 2008  (GFC) noch immer vor grossen Herausforderungen steht.  

Die auffälligsten Widrigkeiten sind z.Z. sicherlich der Populismus auf der politischen Bühne und die wachsenden Sorgen um die Finanzstabilität.

Vor diesem Hintergrund hat Ben Bernanke neulich auf einer von der PIIE organisierten Konferenz seine Gedanken über eine mögliche Verbesserung des geldpolitischen Handlungsrahmens der Zentralbanken vorgetragen.

Der ehemalige Fed-Chef hat u.a. gesagt, dass die Zentralbank, wenn sie die kurzfristigen Zinssätze nicht genug senken kann, eine Ersatzpolitik bieten kann, indem sie verspricht, die nominalen Zinsen lange Zeit niedrig zu halten.

Die Zeitdauer könne dann die Grössenordnung der Zinssenkungen ersetzen, was heute zugleich auch ein Thema sei, das immer wieder auf der Tagesordnung auftauche.


Der Einsatz von geldpolitischen Instrumenten, wenn die nächste Rezession kommt, Graph: PIIE Conference, Dec 14, 2017.

Sonntag, 17. Dezember 2017

Niedriginflation und der Mangel an „safe assets“


Die Fed hat am Mittwoch wie von den Finanzmärkten im Allgemeinen erwartet die sog. Fed Funds Rate (Tagesgeldsatz) um 0,25% erhöht. Das neue Zielband weist jetzt eine Breite von 1,25% bis 1,5% auf.

Die US-Notenbank hat damit die Zinsen seit Dezember 2015 das fünfte Mal angehoben.

Was danach geschehen ist, erstaunt weiter die meisten Marktteilnehmer, auch diesmal:

Die Rendite der US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit ist gesunken.

Die Abflachung der Ertragskurve (yield curve) hat sich fortgesetzt: Die an die 2s10s gemessene Renditedifferenz (spread) ist auf 52,30 Basispunkte geschrumpft.

I.d.R. wäre genau das Gegenteil zu erwarten. Die Rendite am langen Ende der Kurve müsste steigen.

Doch die Finanzierungskosten sind weiterhin aussergewöhnlich locker geblieben. Der US-Dollar Wechselkurs hat sogar nachgelassen.

Zur Erinnerung: Der EUR hat sich gegenüber dem USD seit Jahresbeginn um 12,2% aufgewertet. Die Währungsexperten der ING Bank NV sagen voraus, dass die Gemeinschaftswährung auch im kommenden Jahr um etwa 10% an Wert gewinnt.


Auf Hedging-Basis ergibt sich eine negative Rendite aus US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit für Investoren mit EUR, Graph: Bloomberg

Mittwoch, 13. Dezember 2017

Warum der Markt mehr öffentliche Ausgaben braucht


Während die Debatte anhält, ob die Abflachung der Renditekurve (yield curve) in den USA als Zeichen dafür gewertet kann, dass die Marktteilnehmer eine Rezession erwarten, gibt es in Sachen „sichere Anlagen“ einen anderen Aspekt, der dabei nicht in Vergessenheit geraten darf.

Die Staatsanleihen, wie z.B. die US-Treasury Bonds und German Bunds gelten weltweit als sichere Anlagen, die im Allgemeinen dazu beitragen, dass die Wirtschaft besser funktioniert. 

Die sicheren ausstehenden Staatspapiere bieten verschiedene Vorteile: Erstens sorgen sie dafür, dass die Investoren die Risiken besser verwalten (risk management). Zweitens werden Transaktionen damit einfacher gehandhabt. Und drittens wird das störende Gerangel darum, was mit Cash geschehen soll, vermieden.

Es ist aber nicht in Stein gemeisselt, dass nur der öffentliche Sektor sichere Anlage bereitstellt. Auch der private Sektor erzeugt (dank financial engineering) sichere Vermögenswerte.

In den Jahren vor der Finanzkrise von 2008 hat beispielsweise die Wall Street behauptet, dass sie völlig neue Klassen von sicheren Anlagen geschaffen hat. 

Zur Erinnerung: Es hat sich dabei um Produkte gehandelt, die auf Subprime Hypotheken und anderen Quellen beruhen, zumeist geschmückt mit dem besten Rating von „AAA“. 


Finanzierungssaldo der Sektoren der US-Wirtschaft, Graph: The Minskys in: How the government deficit helps the economy, Sept 2, 2016.

Sonntag, 10. Dezember 2017

Negativrenditen und saldenmechanische Zusammenhänge

Staats- und Unternehmensanleihen im Wert von mehr als 11'000 Mrd. USD wurden weltweit per Ende November 2017 mit einer Rendite von weniger als null Prozent gehandelt.

Angesichts der Tatsache, dass die Zentralbanken allmählich dazu übergehen, die akkommodierende Geldpolitik zurückzufahren, ist es aussergewöhnlich, dass ein Haufen Anleihen eine Rendite unter null aufweist.

Das negative Vorzeichen ist aber kein Sonderfall für Staatspapiere.

Zur Erinnerung: Henkel, ein deutscher Hersteller von Waschmitteln (Persil) hat im vergangenen Jahr eine Anleihe im Wert von 500 Mio. EUR mit einer Rendite von minus 0,05% ausgegeben.

Auch Sanofi, ein französischer Pharmahersteller hat 2016 eine Anleihe in Höhe von 1 Mrd. EUR für eine Rendite von minus 0,05% verkauft.

Der Wert der Schuldtitel, die mit einer Negativ-Rendite gehandelt werden, ist im November auf 11'200 Mrd. EUR gestiegen, von 10'900 Mrd. EUR im Monat davor. Das ist laut Angaben von Bloomberg erhobenen Daten der höchste Wert seit August.


Anleihen (Staat und Unternehmen), Graph: fastFT


Freitag, 8. Dezember 2017

Flache Renditekurve und Rätselraten mit Schmerzen


Die flacher werdende US-Renditekurve ist in aller Munde. Während manche Beobachter auf ein „Rätsel“ hinweisen, findet seit Mitte September eine bemerkenswerte Entwicklung im Markt statt: 

Erstens ist das vom Markt erwartete Tempo der implizierten Zinserhöhungen im kommenden Jahr, das inzwischen von weniger als 1-mal auf fast 2 ½-mal gestiegen ist.

Zweitens ist die Steigung der US-Treasury Bonds Kurve, die sich gemessen an 2s30s dramatisch abgeflacht hat.

Die beiden Trends hängen zusammen, erklärt Morgan Stanley in einer am Mittwoch vorgelegten Analyse („FOMC Preview“).

Aufgrund der inzwischen etwas positiv anstimmenden US-Wirtschaftsdaten und der Nominierung eines neuen Fed-Vorsitzenden, mit dem Versprechen die Kontinuität zu gewährleisten, passen die Marktteilnehmer ihre Erwartungen entsprechend an.

Die Ökonomen von Morgan Stanley legen vor diesem Hintergrund nahe, dass die Abflachung der US-Staatsanleihen-Kurve sich dennoch auch im kommenden Jahr fortsetzen dürfte.


Die US-Ertragskurve (yield curve) flacht sich weiter ab, Graph: Morgan Stanley

Dienstag, 5. Dezember 2017

Warum Finanzierungskonditionen locker bleiben


Die folgende Abbildung via Bloomberg TV zeigt, dass die Finanzierungsbedingungen an den Märkten trotz der geldpolitischen Straffung der Fed lockerer werden.

Zur Erinnerung: Die Fed hat den Tagesgeldsatz (Fed Funds Rate) im Dezember 2015, im Dezember 2016 und im März 2016 erhöht. 

Janet Yellen hat die Zinsen seither zuletzt im Juni 2017 das vierte Mal um 0,25% angehoben, auf die neue Bandbreite von 1,0 bis 1,25%.

Die Finanzierungskonditionen werden irgendwie trotzdem lockerer. 

Bemerkenswert ist zudem, dass sich auch die Abflachung der Ertragskurve (yield curve) der US-Staatsanleihen währenddessen fortsetzt.

Und die implizite Volatilität der US-Staatspapiere, ein Messwert für die Unsicherheit der Anleger über den Verlauf der Wirtschaft, nimmt ab.

Sie ist inzwischen gemäss den von Bloomberg erhobenen Daten auf ein Rekordtief gesunken; den niedrigsten Stand seit der Einführung der Kennzahl im Jahr 1988.

Der aktuelle Wert beläuft sich auf 47,7 Prozent; das ist der Bereich, wo die Kurse laut Investoren im kommenden Jahr schwanken würden. Der Durchschnitt war während Yellens vierjähriger Laufzeit 68 Prozent (*).


Die Finanzierungsbedingungen (die weisse Kurve) an den Märkten bleiben trotz der Zinserhöhungen durch die Fed locker, Graph: BloombergTV