Donnerstag, 27. Oktober 2011

Nicht EFSF, nur die EZB kann helfen

„Die EZB hat allein die Macht, die Eurozone Krise zu unterdrücken. Du musst zwischen zwei Wegen entscheiden: der orthodoxe Weg führt zum Misserfolg, der unorthodoxe zum Erfolg“, schreibt Martin Wolf in einem offenen Brief („Be bold, Mario, put out that fire“) an den kommenden EZB-Präsident Mario Draghi in FT.

Die Eurozone sieht einer Reihe von komplexen längerfristigen Herausforderungen gegenüber. Aber die Mitglieder werden die Chance nicht bekommen, notwendige Anpassungen zu realisieren und die erforderlichen Reformen umzusetzen, wenn sie nicht überleben, bemerkt der Chef-Ökonomen der angesehenen britischen Wirtschaftszeitung. Die unmittelbaren Anforderungen schliessen ein, Griechenland auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zu bringen, eine Kernschmelze in den Märkten für öffentliche Schuldtitel zu vermeiden und einen Zusammenbruch der Banken zu verhindern. Auf die letzten zwei Punkte kommt es besonders an, beschreibt Wolf.

Der Ökonom, der die Rolle der EZB am besten erklärt, ist Paul De Grauwe. Der an der Leuven Universität lehrende Wirtschaftsprofessor stellt die Frage, warum die Verzinsung der Schultitel mehrerer Mitgliedsländer der Eurozone die von Grossbritannien übersteigen? Warum sind m.a.W. die Zinsen für z.B. spanische und italienische Staatspapiere höher als die Zinsen für britische Staatspapiere, obwohl die Finanzlage Grossbritanniens weit davon entfernt ist, der der genannten Mitgliedsländer der Eurozone überlegen zu sein?

Spaniens Haushaltsdefizit und Staatsverschuldung sind niedriger als die von Grossbritannien. Italiens Staatsverschuldung ist zwar höher, aber das Haushaltsdefizit niedriger als die von Grossbritannien. Und Frankreichs Haushaltsdefizit ist etwas tiefer, aber die Verschuldung der öffentlichen Hand ist höher als die von Grossbritannien.

Was bestimmt den Preis der staatlichen Obligationen?

Die Märkte für Staatspapiere ziehen sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf: die Bereitschaft zur Kreditvergabe hängt von der Bereitschaft der anderen ab, auch dies zu tun. Solche Märkte unterliegen sich selbst erfüllenden Entwicklungen und daher dem Bedürfnis eines glaubwürdigen Käufers der letzten Instanz (buyer of last resort): Zentralbank, schildert Wolf einleuchtend. Grossbritannien hat eine. Die Mitglieder der Eurozone haben keine. „Sie nehmen in der Tat in einer fremden Währung Kredit auf“, argumentiert Wolf zutreffend.

Die Bemühungen durch die EZB, als lender of last resort zu agieren, lösen einen Feuersturm von Protesten aus. Die Gegner argumentieren, dass die EZB dadurch Geld verschwenden, Moral Hazard Problem schaffen und Inflation entfachen würde.

Es ist nicht die Aufgabe der Zentralbank, Gewinn zu erwirtschaften, sondern die Wirtschaft zu stabilisieren. Die Ausweitung der Notenbankgeldmenge (Geldbasis) hat nicht zu Inflation geführt, weil die Banken das Geld horten, anstatt Kredit zu vergeben. Die Geldmenge ist in der Eurozone in den vergangenen 3 Jahren (per Ende August) annualisiert um 2% gewachsen. Und die Kerninflation ist in derselben Zeitperiode annualisiert um 1,4% gestiegen.

Fazit: Die Eurozone riskiert eine Flutwelle von Finanz- und Bankenkrisen. Die EFSF kann sie nicht stoppen. Nur die EZB kann es. Als einzige, Eurozone-weite Institution hat die EZB die Verantwortung und auch die Macht. 

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Grüß Gott =)
Ich bin mit der Aussage, dass die Erweiterung der Geldmenge keine Inflation verursacht hat, nicht ganz einverstanden... In D haben wir aktuell eine heftige versteckte Inflation in den Supermärkten... über die steigenden Energiepreise muss man nicht debattieren...

Allerdings ist es richtig, dass dies nicht durch die Geldmenge bedingt ist..