Donnerstag, 28. Juni 2012

Liquidationism ist zurück!


Peter Praet, Chefökonom der EZB spricht in einem Interview mit FTD über die Grenzen der Geldpolitik.

Die Parallelen zu der im IV. Abschnitt („The limits of monetary policy“) des kürzlich vorgelegten 82. Jahresberichts der BIS (Bank für Internationalen Zahlungsausgleich) vertretenen Ansicht sind unverkennbar.

Praet sagt: „Es gibt Risiken und Nebenwirkungen, wenn Zinssätze lange sehr niedrig sind. Sie mindern den Anreiz für Banken und Unternehmen, ihre Bilanzen zu sanieren und zu restrukturieren. Hinzu kommt, dass die Profitabilität der Banken sehr niedrig is, da die Banken ja auch ihren Sparern etwas bieten müssen. Das heisst, sie gehen in anderen Geschäftsfeldern eher grössere Risiken ein, um ihre Profitabilität zu erhöhen“.

Und mehr bla, bla, bla.

Das Ganze erinnert an den berüchtigten Absatz einer bekannten Aussage von Joseph Schumpeter, wo der Ökonom vor jeglichen kurativen Massnahmen warnt, die die „Arbeit von Depressionen“ verhindern könnten. „In allen Fällen kam Erholung von sich“. ...... „Unsere Analyse führt zu der Annahme, dass die Erholung solide ist, nur, wenn sie von selbst kommt“.

Aber auch in der Gegenwart gibt es Ökonomen, die, wie z.B. Raghuram Rajan, vor niedrigen Zinsen warnen, die zu mehr Risiken und Asset Price Inflation führen könnten. Heute vor genau zwei Jahren hatte der an der Chicago University lehrende Wirtschaftsprofessor in einem Artikel („Bernanke must end era of ultra-low rates“) in FT seine Warnung ausgesprochen und hinzugefügt, dass die Arbeitslosigkeit nicht von der Art sei, die mit einer höheren Nachfrage gelöst werden könne.

Es ist die „Liquidationist Schule“, die das Dogma vertritt, dass das Leiden in einer Depression gut und natürlich ist und daher nichts unternommen werden sollte, um die Schmerzen zu lindern, wie Paul Krugman in seinem lesenswerten BuchEnd This Depression Now!“ schildert.

Der „Liquidationism“ ist durch die Praxis widerlegt worden. Man braucht hierbei nicht nur an Keynes zu denken. Auch Milton Friedman war gegen die Denkschule. Doch die liquidationistischen Argumente (mit keinem Unterschied von Schumpeter oder Hayek) haben 2010 durch Rajan plötzlich wieder an Bedeutung gewonnen.

Es gibt keine neuen Beweise oder sorgfältige Überlegungen, die vorgestellt werden, zu erklären, warum diese Doktrin von den Toten auferstehen konnte. Woher kommt aber die plötzliche Attraktivität?

Hat es damit zu tun, dass das wirtschaftliche Leben insbesondere im Sog der Euro-Krise immer mehr als eine Moral-Fabel dargestellt wird: nach dem Motto: „wer (z.B. Südeuropa) gesündigt hat, muss büssen“?

Das heisst demnach, dass die Depression die notwendige Folge von Sünden ist und daher nicht gelindert werden soll. Deficit Spending und niedrige Zinsen kommen laut dem Dogma nicht in Frage.

Es sind viel mehr die Kreditgeber, die erstens darauf abzielen, dass der Staat die Schuldpapiere mit der höchsten Priorität behandelt und zweitens jede Massnahme durch die Geldpolitik unterbinden wollen, die den Banken durch die niedrige Verzinsung die Renditen berauben oder durch die Inflation sie  entwerten könnte. Die Banken sind es, die der Öffentlichkeit ungern Staatsanleihen zum Kauf anbieten oder direkt verkaufen, sondern sie selbst behalten, um darauf basierend „innovative“ Produkte zu konstruieren, die dann an das Publikum als „sichere Produkte“ vermarktet werden.

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