Mittwoch, 20. November 2013

Was ist "Secular Stagnation"-Theorie?

Larry Summers hat mit seinem aktuellen Vortrag auf der jährlichen Research-Konferenz des IMF vergangene Woche eine neue Debatte ins Rollen gebracht: Es gibt keine einfache Rückkehr zur Normalität vor der Krise in den fortentwickelten Volkswirtschaften. Was meint der ehemalige Chef des US-Schatzamtes damit? Ein beunruhigende Zukunft mit einer chronisch schwachen Nachfrage und einem schleppenden Wirtschaftswachstum: secular stagnation.

Summers ist nicht der erste Ökonom, der auf eine langanhaltende Stagnation der Wirtschaft hindeutet. Paul Krugman hat bereits vor genau zwei Jahren in seinem Blog hervorgehoben, dass die Hypothese von secular stagnation, die in den frühen Nachkriegszeiten populär war, heute im Angesicht der fortbestehenden angeschlagenen Wirtschaft wieder an Brisanz gewinne.

Die Vorstellung beruht darauf, dass die geplanten Ersparnisse die geplanten Investitionen bei Weitem übersteigen. Die überschüssigen Einsparungen legen nahe, dass der Staat die Ärmel hochkrempeln soll, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anzukurbeln und eine nachhaltige Basis für die Vollbeschäftigung zu legen.

Heute liegen die nominalen Zinsen auf der Null-Grenze (zero lower bound), sodass der Rückgang der Nachfrage durch Zinssenkungen nicht ausgeglichen werden kann. Die Zinsen sind übrigens im Sog der Finanzkrise auf der Null-Grenze aufgeprallt, als Nachspiel des Schulden-Überhangs, den die Immobilienmarkt-Blase hinterlassen hat. Die Wirtschaft bleibt angeschlagen, weil sie nach dem Platzen von Bubble in eine Liquiditätsfalle gerutscht ist, wo die natürlichen Realzinsen im Allgemeinen niedrig sind. Das heisst, dass damit eine langanhaltende Stagnation bevorsteht.

Welche Implikationen erwachsen aber daraus? Was ist zu tun?



Effective Fed Funds Rate, Graph: FRED Fed St. Louis

Martin Wolf vertritt in einem Kommentar (“Why the future looks sluggish“) FT die Ansicht, dass es drei Optionen gibt: 

(1) Da die Ersparnisse die Investitionen übersteigen, müssten die Realzinsen weiter fallen, d.h. tiefer ins Negative. Ein effektives Instrument dazu ist, ein höheres Inflationsziel festzulegen. Es ist aber schwer durchsetzbar, zumal es politisch nicht akzeptabel ist. Ryan Avent schreibt sogar in The Economist, dass diese Lösung nicht einmal namentlich genannt werden kann. Es stimmt nicht ganz, weil Krugman in seinem Blog mehrmals eine vorübergehende Erhöhung des Inflationsziels vorgeschlagen hat.

Es gibt ausserdem ein paar andere renommierte Ökonomen, die in den vergangenen Jahren eine temporär  höhere Inflation befürworteten: Olivier Blanchard, Larry BallGreg Mankiw, und Ken Rogoff.

(2) Wie Andrew Smithers in seinem neuen Buch („Road to Recovery“) vorschlägt, sollen Unternehmen animiert werden, mehr zu investieren. Der ehemalige Mitarbeiter der britischen Notenbank (Bank of England), der jetzt an der Birkbeck College, University of London unterrichtet, redet von Hindernissen für Unternehmensinvestitionen, die frontal angegangen werden müssen. Der grösste Bösewicht sei „bonus culture“, die das Management ermutige, Aktienpreise via buy-backs zu manipulieren statt produktive Investitionen zu tätige.

(3) Was Wolf persönlich unterstützt: Die Flut von Einsparungen (glut of savings) soll dazu verwendet werden, die öffentlichen Investitionen z.B. in Infrastruktur, Umwelt und Bildung zu erhöhen. Desweiteren sollen Kapitalströme in die Schwellen- und Entwicklungsländer erleichtert werden.

Exkurs:

Warum investieren Unternehmen nicht?

Die deutschen Unternehmen sind seit fast zehn Jahren Netto-Sparer. Peter Bofinger hat in einem Interview dazu neulich gesagt, dass der Hintergrund eine ziemliche Umverteilung ist: Der Anteil der Arbeitseinkommen am Volkseinkommen ist stetig zurückgegangen, während die Kapitaleinkommen, d.h. die Gewinne der Unternehmen stark gestiegen ist. Diese Gewinne werden erspart und nicht in Deutschland reinvestiert.

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