Mittwoch, 3. Dezember 2014

Warum eine dauerhafte Niedriginflation ein Problem ist

Frau Sabine Lautenschläger hat am Samstag im Rahmen eines Referats in Berlin zum Thema Niedriginflation in der Eurozone Stellung genommen:

Low inflation rates in some Member States – even when negative – are not in themselves a breach of the target. They can be necessary to restore lost competitiveness.”

Das heisst frei übersetzt, dass niedrige Inflationsraten in einigen Mitgliedsstaaten (auch wenn negative) an sich keinen Verstoss gegen das feste Inflationsziel der EZB darstellen. Niedriginflation kann sogar dazubeitragen, die Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen.

Die deutsche Juristin, Mitglied des EZB-Direktoriums äussert sich so, wie wenn die Eurozone keinen Stimulus bräuchte, weil sie ja Niedriginflation hat.

Was stimmt aber mit der Niedriginflation (lowflation) nicht? Was ist die Gefahr?

Es gibt zumindest drei Probleme mit Niedriginflation: (1) Verschuldung, (2) Nullzinsgrenze (ZLB: zero lower bound) und (3) Glaubwürdigkeit der Zentralbank.



Forward Zinssätze in G4 Ländern im Vergleich, Graph: Morgan Stanley



Geringer als erwartet ausgefallene Inflation lastet auf dem Schuldner, weil die reale Last der Schulden steigt.

Gerät die Wirtschaft an die Nullzinsgrenze (ZLB), verliert die Zentralbank die Fähigkeit, die Realzinsen ins Negative zu drücken, was notwendig werden kann, um u.U. schädliche Schocks für die Wirtschaft abzuwehren.

Japan beispielsweise verweilt seit 2009 an der Nullzinsgrenze. Vor dem Ausbruch der Great Recession wurde die Nullzins-Grenze als eine hypothetische Möglichkeit abgetan. Nun beschäftigt sie aber alle modernen Zentralbanken rund um die Welt als die unmittelbare Gefahr, die abgewehrt werden muss.


"Japanisierung" Europas; die Konvergenz der Zinssätze am langen Ende ist besonders verblüffend, Graph: Morgan Stanley

Die Niedriginflation stellt die Glaubwürdigkeit einer Zentralbank in Frage, wenn die Zentralbank v.a. die Preisstabilität nicht gewährleisten kann, dadurch dass sie die Zielinflationsrate dauerhaft unterläuft.


Verschuldung: privater Sektor versus öffentlicher Sektor, Graph: Morgan Stanley

Unterbietung der Zielinflation kann die Verankerung der Inflationserwartungen aus den Angeln heben, sodass die mittel- und langfristigen Inflationserwartungen einem Risiko ausgesetzt werden, falls die Niedriginflation lange anhält.

Es ist fahrlässig, in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft (mit Schuldenüberhang und hoher Arbeitslosigkeit) die Gefahr der Niedriginflation zu unterschätzen. 

1 Kommentar:

Hardy hat gesagt…

"Die deutsche Juristin, Mitglied des EZB-Direktoriums..."

Hier haben wir doch schon das Problem.

Man stelle sich vor, ein Volkswirt würde sich zu einem kniffligen, internationalen Rechtsstreit äußern.

Sowas kommt raus, wenn man nach Quote besetzt.